Otto Pfeifer
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!!!!!!! - Das Tagebuch meiner Fahrrad-Pilgerreise in die Ewige Stadt Rom ist ab sofort verfügbar - !!!!!!!

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Mein Geburtstag ist im April 1948, also vor der Währungsreform ;-). Ich bin verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern. Genau 33 Jahre war ich im Ingenieurbüro eines großen Chemiefaserherstellers im Maschinen- und Anlagenbau tätig und befinde mich im aktiven Ruhestand. Ich beschäftige mich mit Heimat- und Familienforschung und bin sehr gerne zu Fuß oder mit dem Fahrrad in unserem schönen Spessart, meiner Heimat, und auch weit darüber hinaus unterwegs. Im Juni 2007 war ich mit dem Fahrrad zu einer Pilgerreise,von Sommerau nach Santiago de Compostela in Nordwest-Spanien aufgebrochen und auch wieder in die Heimat zurück geradelt, dabei habe ich in zwei Monaten 5648 km zurückgelegt. Die Vorbereitung zu dieser Reise und die ersten Tage bis nach Frankreich können sie im Thema 2 unten nachlesen. Am 17. Mai 2009 startete ich zu einer weiteren Fahrrad-Pilgerreise in die Ewige Stadt Rom. Über die Vorbereitungen zu dieser Tour und einen Kurzbericht dieser Reise können sie unten nachlesen, weiteres und ausführlicheres erfahren sie aus den Tagebüchern meiner Reisen, die sie bei mir erwerben können. 

Im November 2010 habe ich das „Historische Häuserbuch von Sommerau“ vorgestellt und genau zwei Jahre später den Band „Die Geschichte der Pfarrei und der Kirchen St. Laurentius Sommerau“. Das „Häuserbuch“ war bereits nach einem halben Jahr ausverkauft.                                  


Eschau-Sommerau (www.eschau.de) ist eine Gemeinde im Spessart an der Elsava, zwischen Obernburg am Main und Mespelbrunn gelegen. Unsere Region gehört zum Freistaat Bayern, Regierungsbezirk Unterfranken, Landkreis Miltenberg. Eschau-Sommerau liegt unweit, nämlich Luftlinie etwa 12 km, zu den Bundesländern Hessen im Westen und Baden-Württemberg im Süden.


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Im dunklen Spessartgebirg weiß ich ein stilles Tal, durch das zieht ein langes Dörfchen hin und oben, wo's aufhört, wo das schmale Wässerlein in den Wiesengrund hineinkullert, da steht ein grünes Haus, darinnen wohnte eine Mutter, meine Mutter. Die hat in langen Winternächten allerlei Geschichten erzählt, auch viele Märchen. Sie sprach so ergreifend und schlicht, denn sie nahm ihre Worte aus dem Herzen....

(Vorwort zu Valentin Pfeifers Spessartmärchen, 2. Band 1920)

--Dieses oben erwähnte grüne Haus war - und ist - 28 Jahre später auch mein Elternhaus und Valentins Mutter, meine Urgroßmutter Eva.-- 

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Die Elsava

Wo das Tal sich hinlehnt an die Hänge der Berge, wo es, aufwärtssteigend, die ersten Wälder erreicht, da liegen die Quellen. Unter dunklen Bäumen die eine, die andere ganz einsam im äußersten Wiesengrund.

Aus unbekannten Tiefen steigen sie empor und fließen ihre Bahn, harmlos, munter, bis die Stunde der Vereinigung gekommen ist.

Wo mögen die unterirdischen Adern entspringen? Wo mögen die letzten verborgenen Geburtsstätten sein?

Ein Quellbach kommt aus dem Herzen des Spessartwaldes, die Elsava. Sie grüßt ein Dorf, das ihren Fluten Durchlaß bietet, Sommerau. Und sie grüßt das Haus in dem vor Jahrzehnten meine Wiege, die Wiege meines Vaters und Großvaters gestanden, - mein Elternhaus.

(Aus dem Buch IGNATIUS KLUG - SEIN WERDEN UND WIRKEN (von 1931) von Hermann Josef Klug (1893-1974), beide Enkel des Sommerauer Lehrers Johann Adam Klug (1800-1867). Im letzten Absatz von mir angepaßt.)

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>>>>>Meine Themen finden Sie hier auf dieser Seite, vorangestellt sind aktuelle Informationen.<<<<<


|--> Heimatgeschichtlicher Teil - Thema 1 <--|--> Fahrrad-Pilgerreise nach Santiago de Compostela - Thema 2 <--|--> Elsavatal-Radweg - Thema 3 <--

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Fahrrad-Wallfahrt nach Kevelaer - Kurzbericht.

Von Samstag, 30. Juli bis Samstag, 6. August 2011 war ich mit meinem Bruder zu einer Wallfahrt nach Kevelaer an den Niederrhein geradelt.

Zum Ende der Fahrrad-Wallfahrt nach Altötting im Jahre 2010 hat mein Bruder Heiner den Vorschlag gemacht, eine Fahrrad-Wallfahrt nach Kevelaer anzugehen. Deshalb habe ich mich im Juni 2011 mit der Reiseplanung befasst. Im Gegensatz zum letzten Jahr, wurden dieses Mal die Zimmer an den jeweiligen Etappenorten vorher gebucht. Denn an jedem dieser Orte – so ein Zufall ! - gibt es eine Kontaktadresse. 

1. Tag - In Mainz werden wir in der JHB übernachten und uns mit meinem Studienkollegen Norbert Astheimer treffen. 
 
2. Tag – Eine Verabredung mit unserer Schulkollegin Vroni Engelstädter haben wir in Andernach. Auf ihre Empfehlung habe ich im Hotel Anker ein DZ gebucht. 

3. Tag - In Bedburg werden wir unseren entfernten Verwandten Manfred Pfeifer und seine Frau Christine besuchen. Manfred hat für uns in Bedburg-Alt Kaster im Danielshof ein DZ reserviert.

4. und 5. Tag - In Venlo-Steyl treffen wir unseren Nachbarn Frater Hermann Friedrich, der dort im Missionshaus St. Michael der Steyler Missionare lebt. Hier werden wir zweimal übernachten und von hier nach Kevelaer und wieder zurück nach Steyl radeln.

6. und 7. Tag – In Aachen sind wir mit Roswitha Hubert, geb. Pfeifer – sie stammt aus Hobbach – verabredet. Sie wird uns in Aachen die wichtigsten Sehenswürdigkeiten zeigen. Dort habe ich in der JHB ein DZ gebucht.

8. Tag – Die Heimfahrt ist mit der Bahn geplant. In Aschaffenburger HBF habe ich für uns das preiswerte „Schönes-Wochenend-Ticket“ für 25 Euro pro Person gebucht, das uns mit samt den Fahrrädern von Aachen bis an den Bahnhof Obernburg-Elsenfeld bringt.

Eine Woche vorher waren wir in Begleitung unseres Bruders Karl bei Pater Peregrin im Kloster Engelberg zu einer Andacht angemeldet und erhielten den Reisesegen. Anschließend saßen wir noch auf ein Klosterbier in den Klosterstuben zusammen.

Unsere Etappenorte waren:

1. Tag - 30.7. - Mainz (129 km);

2. Tag - 31.7. - Andernach (127 km);

3. Tag - 1.8. - Bedburg Alt-Kaster (109 km);

4. Tag - 2.8. - Venlo/Steyl-Niederlande (81 km);

5. Tag - 3.8. - nach Kevelaer und zurück nach Steyl (77 km);

6. Tag - 4.8. - Aachen (101 km);

7. Tag - 5.8. - Aufenthalt in Aachen;

8. Tag - 6.8. - Rückfahrt mit DB Aachen-Köln-Mainz bis Aschaffenburg, Aschaffenburg - Sommerau (27 km).

Gesamt 653 Kilometer

1. Tag - Am Samstag, 24. Juli, sind wir um 8.05 Uhr in Sommerau gestartet. Nach einigen kurzen Trinkstopps erreichten wir um 12 Uhr Frankfurt. Hier hielten wir nach dem Besuch im Dom am Römer unsere Mittagspause. Um 13.30 Uhr brachen wir zum zweiten Teil unserer Tagesetappe auf und erreichten etwa um 16 Uhr unser Tagesziel Mainz. Durch die Fußgängerzone kamen wir zum Dom und statteten dem hohen Haus einen Besuch ab. Nun wollten wir noch das Grab unseres Landsmannes Prälat Othmar Weis besuchen, der am Kreuzgang des Domes bestattet ist. Nach einigen Nachfragen fand ich den Küster, der uns freundlich die Türen aufschloss. Um 17 Uhr radelten wir in Richtung Mainz-Weisenau zur Jugendherberge, unserem Übernachtungsquartier. Nach 129 Kilometern hatten wir die Jugendherberge in Mainz erreicht und beendeten dort unsere Tagesetappe. Meinem Studienkollegen Norbert Astheimer, aus unserer gemeinsamen Weilburger Zeit, auf der anderen Rheinseite in Bischofsheim, meldete ich unsere Ankunft und er holte uns mit dem Auto ab. Nun streiften wir zu einer Besichtigungsrunde durch die Stadt und hielten schließlich Einkehr in der urigen Mainzer Gaststätte „Rote Kopp“. Bei interessanter Gesellschaft hatten wir eine gute Unterhaltung. Zum Abschluss des Abends landeten wir noch im „Beichtstuhl“, einer sehr originellen Kneipe in der Altstadt. Nach einem abschließenden Schoppen mit einem würzigen Spundkäse brachte uns Norbert zu unserem Nachtquartier in die JHB.

2. Tag – Am Wetter hat sich nichts geändert, bedeckter Himmel, kühl aber trocken, ideale Bedingungen zum Radeln. Um etwa 9 Uhr sind wir wieder auf unsere Räder gestiegen, um am schönen Rhein entlang unserem Tagesziel Andernach zuzustreben. Wir genossen die schönen Aussichten, insbesondere die unzähligen Schlösser und Burgen entlang des Rheins. Nach zunächst wenig Betrieb auf dem Radweg und einigen Trinkpausen fuhren wir auf der linken Rheinseite über Bingen nach Bacherach und weiter nach St. Goar, wo wir eine Stärkungspause einlegten. Um kurz nach 15 Uhr hatten wir Koblenz erreicht und eine zügige Weiterfahrt war nicht mehr möglich. Durch die Bundesgartenschau waren große Menschenmassen unterwegs und wir mussten unsere Räder schieben. Diese mit Sicherheit interessante „Buga“ war für uns aber kein Thema und so suchten wir unseren Umleitungsweg, der uns zu unserem Tagesziel Andernach führte. Etwa 17 Uhr hatten wir Andernach erreicht und Heiner entdeckte auch gleich das Straßenschild „Konrad-Adenauer-Allee“ und somit hatten wir schnell unser Hotel „Zum Anker“, direkt am Rhein gelegen, erreicht. Mit einer Tagesleistung von 127 Kilometern konnten wir unsere Fahrräder in der Garage abstellen. Mit unserer Schulkollegin Vroni Engelstädter, die mir das Hotel empfohlen hatte und die selbst auch in der Straße wohnt, nahm ich telefonisch Kontakt auf und wir verabredeten uns für 18.30 Uhr zu einem Stadtrundgang. Unser Abendessen genossen wir in ihrem Stammlokal „Café-Bistro Winzig“ am Marktplatz. Mit einem abschließenden Umtrunk in ihrer Wohnung, bei der Gelegenheit konnten wir auch ihren Stubentiger bewundern, ließen wir den Abend ausklingen. 

3. Tag - Nach unserem Frühstück um 8 Uhr konnten wir um 9.30 Uhr bereits unser nächstes Tagesziel Bedburg Stadteil Alt-Kaster ins Visier nehmen.

[Hier werden wir unseren entfernten Verwandten Manfred Pfeifer und seine Frau Christine kennenlernen. In den vergangenen Monaten wurden schon einige E-Mails und Briefe geschrieben und ich bin gespannt auf unser Zusammentreffen. (Manfred's Urgroßvater Valentin Pfeifer II - Enkel des Sommerauer Auswanderers Valentin Pfeifer I) war 1897 in Sommerau und hat den damals geplanten Kirchenbau in Sommerau mit erheblichen Geldmitteln unterstützt und ermöglicht. Dafür wurde er 1907 zum Ehrenbürger von Sommerau ernannt.]

Über Bad Breisig erreichten wir die Reste der berühmten Brücke von Remagen, in dessen linksrheinischen beflaggten Brückenkopf ein Friedensmuseum eingerichtet ist. Nun fuhren wir über Bad Godesberg, Bonn bis Wesseling. Hier verließen wir die Rheinroute und fuhren westwärts nach Brühl, um dem Schloss Augustusburg einen Besuch abzustatten. Nun radelten wir nach Erftstadt und von hier auf dem Erft-Radweg über Kerpen, Bergheim nach Bedburg. Den Ortsteil Alt-Kaster, der dem Braukohletagebau zum Opfer fallen sollte, aber aufgrund seiner denkmalgeschützten historischen Altstadt verschont wurde, erreichten wir kurz nach 16 Uhr nach einer Tagesleistung von 109 Kilometern. Manfred hatte für uns hier im schönen Hotel „Landhaus Danielshof“, ein umgebauter rheinischer Bauernhof von 1820, ein Zimmer reservieren lassen. Nach dem Duschen hatte ich noch eine kleine Besorgung gemacht, und konnte auch noch in die St. Georg-Kirche schauen, die extra für mich aufgeschlossen wurde. Manfred holte uns gegen 19 Uhr hier mit dem Auto ab und wir fuhren zum „Pfeifer-Domizil“ dem Hummelshof im Bedburger Stadtteil Kleintroisdorf. Dort wartete seine Frau Christine mit dem Abendessen auf uns. Vorher zeigte uns Manfred das umfangreiche Hofgut, das vor etwa zwei Jahren als Ersatz für den dem Braunkohletagebau zum Opfer gefallenen „Sittarder Hof“ bei Elsdorf erworben und bezogen wurde. Für das von Christine bereitete, sehr schmackhafte Abendessen brachten wir einen entsprechenden Hunger mit und so blieben nur wenige Reste übrig. Nach guter Unterhaltung, es hätte noch vieles zu erzählen gegeben, brachte uns Manfred um etwa 22.30 Uhr zurück zu unserem Hotel nach Alt-Kaster. 

4. Tag – Um 8 Uhr bedienten wir uns am reichhaltigen Frühstücksbüfett um anschließend unsere Fahrräder wieder aufzurüsten. Als ich uns auslösen wollte, erhielt ich die Auskunft, dass Manfred unser Zimmer bereits bezahlt hatte, nach dem Motto „Den Pilgern eine Herberge“. Vielen Dank und ein herzliches Vergelt's Gott für alles, lieber Manfred und liebe Christine. Wir fuhren nun wieder an die Erft zurück, um bis Grevenbroich zu radeln und uns ab hier in Richtung Venlo/NL zu orientieren. Aber wie so oft, war die Beschilderung auch hier sehr unvollkommen und wir mussten mehrfach nachfragen. An der Kirche in Waldniel hielten wir unsere Mittagsrast, aber ein Kirchenbesuch war uns, wie meistens, auch hier nicht möglich. Die im neugotischen Stil um 1880 erbaute Kirche "St. Michael" war verschlossen. Nach Kaldenkirchen erreichten wir die Niederländische Grenze und kamen nach Venlo-Tegelen. Auf Nachfragen wurden wir von einem Ehepaar, das auch mit den Fahrrädern unterwegs war, nach Steyl begleitet. Etwa um 16 Uhr hatten wir das Missionshaus St. Michael erreicht und meldeten uns an der Pforte an. Bruder Hermann Friedrich, unser Sommerauer Nachbar, seit 1965 hier im Kloster, begrüßte uns freundlichst, zeigte uns unsere Zimmer und unsere „Fahrradgarage“. Nachdem wir unsere Zimmer bezogen hatten war erst einmal eine angenehme Dusche notwendig. Danach führte uns Herrmann durch das Haus, durch Ober- und Unterkirche sowie durch den weitläufigen Park des Klosters. Auch den sehr gepflegten Klosterfriedhof konnten wir besuchen und auch das ehemalige museale Kraftwerk war sehr sehenswert. Es war nun höchste Zeit, an die körperliche Stärkung zu denken und wir gingen auf Empfehlung von Hermann zum Fährhaus, einer vom Kloster verpachteten Gaststätte direkt nebenan. Heiner entschied sich für Schnitzel und ich wählte ein Schollenfilet. Dazu gab es jeweils Pommes frites und Salat; ein Klosterbier rundete unser Abendessen ab. Nun waren wir mit Hermann zum gemütlichen Teil im Klostergarten verabredet, wo wir uns mit weiteren Gästen des Hauses unter einem Pavillon trafen. Im Gespräch stellte sich schnell heraus, dass es eine Beziehung zu Sommerau gibt. Das Ehepaar Simon, genauer gesagt, Frau Simons Schwägerin Christa Clemens, geb. Englert, in Olpe, stammt aus Sommerau. Nach interessanter Unterhaltung war es nun an der Zeit ins Bett zugehen. Hermann besorgte uns noch Franzbranntwein und einen Eimer um meinen Fuß zu kühlen, denn am zweiten Tag wurde ich von einem Insekt im Bereich der linken Achillessehne gestochen, was sehr schmerzhaft war und mir Probleme bereitete. 

In Steyl, direkt an der Maas, gründete der 2003 heiliggesprochene Arnold Janssen am 8. September 1875 die Gesellschaft des Göttlichen Wortes – SVD (lat.: Societas Verbi Divini). In Deutschland war in den 1870er Jahren eine Klostergründung wegen des Kulturkampfes nicht möglich gewesen. Die Brüder und Priester dieser Kongregation leben in internationalen und multikulturellen Gemeinschaften. Damit geben sie Zeugnis von der weltweiten Kirche und Geschwisterlichkeit. Durch die Gelübde (Armut, Ehelosigkeit, Gehorsam) binden sie sich an diese missionarische Gemeinschaft. Sie eint, dass sie dort, wohin die Kirche sie schickt, die Botschaft des Evangeliums verkünden wollen. Heute arbeiten ihre rund 6.000 Mitglieder in allen Kontinenten der Welt. (Quelle: Wikipedia)

5. Tag – Heute wollen wir zu unserem Hauptziel, nach Kevelaer an den Niederrhein radeln. Dort ist ein sehr bedeutender Marien-Wallfahrtsort, den wir besuchen wollen. Um 8 Uhr waren wir in den noch leeren Speisesaal zum Frühstück gegangen, um für die Fahrt eine gute Grundlage zu schaffen. Es sind etwa 35 Kilometer dorthin, was wir in ca. zwei Stunden bewältigen sollten. Hermann, der seine Abreise in den Urlaub wegen uns verschoben hatte, kam zu uns an den Frühstückstisch und verabschiedete sich von uns. Gegen 9 Uhr bestiegen wir mit kleinem Gepäck, wir nahmen nur Regenbekleidung mit, die Fahrräder und suchten unseren Weg über Tegelen und Venlo an der Mass abwärts auf schönem Radweg bis nach Wellerooi. Ab hier zweigten wir in östliche Richtung durch den „Nationaal Park de Hamert“ nach Kevelaer ab, und erreichten nach wenigen Kilometern die Niederländisch-Deutsche Grenze. Um kurz nach 11.30 Uhr hatten wir Kevelaer erreicht und schoben unsere Räder durch die gut besuchte Fußgängerzone bis zur Wallfahrtskirche. Es war gleich 12 Uhr, als wir der Anbetungskapelle einen Besuch abstatteten und wir kamen zur rechten Zeit, denn es wurde gerade das Mittagsgebet, die Sext angesagt. Anschließend besuchten wir die um 1860 erbaute Marienbasilika, sie wurde im Jahre 1923 zur päpstlichen Basilica minor erhoben. Im Zentrum unserer Wallfahrt steht die Gnadenkapelle, welche das Gnadenbild von Kevelaer birgt. Die Kapelle wurde im Jahr 1654 um einen Bildstock errichtet. Neben der Gnadenkapelle befindet sich die Kerzenkapelle, die älteste Wallfahrtskirche der Stadt Kevelaer, die zwischen 1643 und 1645 errichtet wurde, auch ihr statteten wir einen Besuch ab. Auf dem Kapellenplatz wurden wir von dem Priester angesprochen, der vor wenigen Minuten als Vorbeter das Mittagsgebet leitete und dem wir in unserer Radlermontur aufgefallen waren. Wir hatten ein nettes kurzes Gespräch und wir freuten uns, dass er uns angesprochen hatte. 

Die Stadt Kevelaer ist Nordwesteuropas größter Wallfahrtsort. Im Zentrum der Stadt liegt der Kapellenplatz mit der Gnadenkapelle, der Marienbasilika, der Kerzenkapelle und der Beichtkapelle. Jährlich besuchen etwa eine Million Pilger die Kleinstadt mit ihren knapp 28.000 Einwohnern. Zu den größten Ereignissen des 20. Jahrhunderts der Stadt Kevelaer zählen die Besuche von Papst Johannes Paul II. und Mutter Theresa im Jahre 1987. (Quelle: Wikipedia)

Mit dem Wetter sah es nicht gut aus und so entschlossen wir uns, etwas früher als gedacht wieder nach Steyl zurückzufahren. Wir wählten diesmal die Route auf der deutschen Seite, wo wir uns noch in dem Städtchen Straelen unser Abendessen besorgten. Unterwegs hatten wir vorübergehend leichten Regen zu ertragen, aber wir hatten ja unsere Regenkleidung dabei. Kurz vor der Holländischen Grenze genehmigten wir uns im Biergarten einer Gaststätte noch zwei Bier, und erreichten kurz nach 17 Uhr das Kloster in Steyl. Für 17.30 Uhr war in der Unterkirche ein Gottesdienst angesetzt, den wir besuchten. Anschließend war das Abendessen der großen Gästegruppe der Angehörigen der Steyler Missionare, zu dem wir herzlich eingeladen wurden. Wir holten unseren in Straelen eingekauften Proviant, denn wir hatten kein Abendessen gebucht, und gesellten uns zu der Gruppe. Der Leiter des Steyler Klosters, Pater Manfred, stellte uns der Gruppe vor, die wir teilweise schon kennengelernt hatten. Ein gemeinsames Lied wurde gesungen, bei dem uns Heiner mit der Mundharmonika begleitete. Bei geselliger Unterhaltung nahm der Abend seinen Ausklang.

6. Tag – Unser heute geplantes Tagesziel ist Aachen, doch vor dem Frühstück besuchten wir das Morgengebet, die Laudes und die sich anschließende Abschlussmesse der Angehörigengruppe.

Etwa 9.30 Uhr reisten wir ab und suchten den Weg zu unserem Zwischenziel Roermond. Wir blieben bewusst auf der niederländischen Seite, denn das Radwegenetz ist hier hervorragend ausgebaut. In Roermond wollten wir die Christophorus-Kathedrale, die Bischofsitz ist, besuchen aber auch dieses Gotteshaus war verschlossen. Nun fuhren wir weiter südwärts nach Sittard, unmittelbar an der deutschen Grenze, mit einer ebenfalls sehr sehenswerten Altstadt. Auf dem Marktplatz war großer Markttag und es war mir nicht möglich ein schönes Foto zu machen. Nach einer Vesperpause fuhren wir südöstlich über Brunssum, Heerlen nach Kerkrade, wo wir um 16 Uhr die Niederländisch-Deutsche Grenze erreichten. An der bescheidenen Radwegequalität konnten wir sofort feststellen, dass wir wieder in Deutschland angekommen waren. Wir hatten nun auch die eingemeindeten Vororte von Aachen erreicht und fuhren zügig in Richtung Zentrum. Am Rathausplatz beim Gasthaus „Zum Schwanen“ hielten wir Einkehr, um die durstigen Kehlen zu versorgen. Per Handy informierte ich unsere Verwandte, Roswitha Hubert, über unsere Ankunft und so wurden wir von ihr an unserer „Schwanen-Tankstelle“ abgeholt. Roswitha hatte für uns ein Abendessen gerichtet und wir hatten uns einiges zu erzählen. Als es bereits dunkel wurde, machten wir uns auf den Weg zum Jugendgästehaus, das etwa 2 Kilometer südlich des Zentrums liegt, wo ich uns ein DZ gebucht hatte. Wir bezogen unser schönes Zimmer und ließen den Abend mit einem frischen Bitburger Bier ausklingen. Nach meiner ursprünglichen Planung sollte es Morgen nach Köln gehen, aber da wir beide schon mehrfach dort waren, habe ich in Absprache mit Roswitha einen „Aachen-Tag“, mit Roswitha als Stadtführerin geplant. 

7. Tag – Nach dem Frühstück fuhren wir mit dem Stadtbus von der Bushaltestelle „Ronheide“ bis zum „Alten Posthof“ am Zentrum von Aachen. Roswitha hatte mir bereits mit der Post Tages-Tickets zukommen lassen, so können wir die entfernteren Stadtgebiete auch in das Besichtigungsprogramm mit einbauen. Von der Bushaltestelle „Alter Posthof“ waren es nur wenige Gehminuten bis zu Roswithas Wohnung am Alexianergraben. Heiner hat heute Geburtstag und ich hatte es Roswitha verraten, so gab es für Heiner zu seiner Überraschung einen Sektempfang am frühen Morgen. So präpariert, konnten wir um 10 Uhr unser Besuchs- und Besichtigungsprogramm angehen. Auf dem Weg zum Dom gab es noch einen Rest der mittelalterlichen Stadtmauer zu besichtigen. Der Dom, erst vor kurzer Zeit vom Gerüst befreit, ist ein sehr beeindruckendes Bauwerk. Im Inneren war im ältesten Teil dem Oktogon, noch alles eingerüstet, sodass uns leider nur eine Baustelle geboten wurde. Nun besuchten wir Roswithas, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Dom gelegene Pfarrkirche St. Voillan, die im 2. Weltkrieg sehr stark zerstört wurde. Das nächste Ziel war das gotische Aachener Rathaus. Es ist neben dem Dom das markanteste Bauwerk im historischen Stadtkern der Stadt Aachen mit seinem Krönungssaal. Hier wird jährlich der Internationale Karlspreis verliehen. Zur Mittagszeit gingen wir zu Roswithas Wohnung zurück, denn sie hatte uns einen sehr schmackhaften Eintopf vorbereitet, den wir mit großem Appetit verzehrten. So waren wir gestärkt für die zweite Besichtigungsrunde, die uns nur wenige Gehminuten zum Theaterplatz und zum Elisenbrunnen führte. Jetzt nutzten wir den Bus, um den Riesenkomplex Universitätsklinikum mit etwa 1500 Betten zu besichtigen und konnten den erst kürzlich eröffneten futuristisch anmutenden Hubschrauberlandeplatz sehen, der in unmittelbarer Nähe zur Klinik errichtet wurde. Wir besuchten die Jakobuskirche und die Josefskirche, die im Rahmen einer größeren Aktion von Kirchenumwidmungen in der Diözese Aachen zur Grabeskirche umfunktioniert wurde und seit 2006 als Kolumbarium für Urnenbestattungen dient. Roswitha wollte noch eine Besorgung machen und so kamen wir abschließend an einen modernen Figurenbrunnen, der den Kreislauf des Geldes darstellt. Es war 16.30 Uhr und Roswitha hatte uns viel von Aachen gezeigt und sie hatte auch schon für uns den Kaffeetisch mit selbst gebackenem Kuchen und ein Abendessen vorbereitet. So beendeten wir unsere Besichtigungsrunde und gingen zu Roswithas Wohnung zurück und verzehrten mit großem Appetit das üppige Abendmahl. Vielen Dank liebe Roswitha und ein herzliches Vergelt's Gott für alle Mühe.

8. Tag - Um 8 Uhr saßen wir am Frühstückstisch, um uns für die Heimreise zu stärken. Mit Reiseproviant hat uns Roswitha reichlich versorgt. Um 9.51 Uhr fährt unser Zug und wir wollen zeitig am Bahnhof sein, denn die Rückfahrt bis Aschaffenburg, wenn das Wetter ungünstig sein sollte evtl. bis Obernburg-Elsenfeld, wollen wir mit der Bahn bestreiten. Das „Schönes-Wochenend-Ticket“ ist an den Wochenenden eine günstige Gelegenheit für die Rückfahrt (41 Euro + 9 Euro für unsere Fahrräder = 50 Euro für 2 Personen). In der Bahn fanden wir gute unterhaltsame Gesellschaft, sodass die Bahnfahrt nicht zu langweilig wurde. Um etwa 17 Uhr waren wir in Aschaffenburg angekommen und hatten nun noch die Heimfahrt, bei bewölktem Himmel, auf dem Fahrrad vor uns. Da wir fast den ganzen Tag in der Bahn zugebracht hatten, konnten wir uns jetzt noch einmal richtig austoben und mit „Vollgas“ nach Hause radeln. Von Westen waren dicke Wolken aufgezogen und bei Elsenfeld fielen die ersten Regentropfen, was uns nochmals anspornte. Wir konnten dem einsetzenden Regen davonfahren und erreichten in 1:05 Std. unsere heimatliche Endstation, noch bevor starker Regen und Sturmböen einsetzten. 
 

Insgesamt hatten wir in den acht Tagen rund 650 km, etwa 100 km weniger als letztes Jahr bei unserer Altötting-Wallfahrt, auf dem Fahrrad zurückgelegt.


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Fahrrad-Wallfahrt nach Altötting - Kurzbericht.

Nachdem im letzten Jahr, zum Ende der Fahrrad-Pilgerfahrt nach Rom, mein Wunsch über Altötting nach Hause zu radeln nicht in Erfüllung ging, waren mein Bruder Heinrich und ich am Samstag, 24. Juli 2010, zu einer Fahrrad-Wallfahrt nach Altötting aufgebrochen. Einen Kurzbericht finden sie nachfolgend.


Eine Woche voher waren wir bei Pater Peregrin im Kloster Engelberg zu einer Andacht verabredet und wurden mit dem Reisesegen "versorgt". Vom Pfarrer unserer Heimatpfarrei St. Laurentius, Otto Halk, ließ ich unsere Pilgerausweise mit dem Siegel der Pfarrei versehen. Mit guten Wünschen und Gottes Segen wurde ich verabschiedet.


1.
Tag - Am Samstag, 24. Juli, sind wir um 8.15 Uhr in Eschau-Sommerau gestartet. Ein erster Stopp war am neuen Schwedenbrunnen in Eschau (Foto rechts), der extra für uns in Betrieb genommen wurde. Unsere Fahrtroute ging nun über Wildensee-Altenbuch nach Faulbach an den Main. Ab Wertheim fuhren wir auf dem Tauberradweg über Tauberbischofsheim, wo wir unsere Mittagspause einlegten, dann weiter nach Bad Mergentheim, wo wir die Schlosskirche besuchten. In Weikersheim statteten wir der evangelischen Stadtpfarrkirche St. Georg einen Besuch ab und drehten eine Besichtigungsrunde über den Marktplatz bis zum Schloss (Foto links). In Creglingen war die evangelische Stadtkirche verschlossen und so fuhren wir weiter in Richtung Rothenburg ob der Tauber bis Archshofen zur Grenzgaststätte "Holdermühle" (Bayern - Baden-Württemberg). Nach 121 km, beendeten wir dort unsere Tagesetappe.



2. Tag - Bei schönstem Sonntagswetter fuhren wir über Dettwang nach Rothenburg o. d. Tauber. Hier wollten wir der evangelischen Stadtpfarrkirche "St. Jakobus" einen Besuch abstatten. Da gerade Gottesdienst war, fuhren wir weiter über die Frankenhöhe nach Colmberg in das Altmühltal. Am Nachmittag erreichten wir den Ort Ornbau und besuchten hier die Kirche St. Jakobus (Foto). In diesem Jahr fällt der Jakobustag auf einen Sonntag und so war ein großes Stadtfest im Gange. Eine freundliche Dame, die den Kaffee-Stand der Pfarrgemeinde betreute, gab uns einige Erklärungen zu der Kirche und sorgte dafür, dass wir vom Pfarrer einen Stempel in unseren Pilgerausweis bekamen. In Treuchtlingen-Dietfurt fanden wir nach 120 km ein privates Übernachtungsquartier bei der Familie Lutz.



3. Tag - Heute fuhren wir durch den landschaftlich schönsten Teil des Altmühltales, zunächst in die Bischofs- und Domstadt Eichstätt. Nach dem Besuch des Domes erhielten wir vom Dompfarrer einen Stempel in unseren Ausweis und den Segen für unsere weitere Reise. Nach dem Städtchen Kipfenberg begann es zu regnen und wir stellten uns zunächst bei einem Bauernhof unter das Scheunenvordach. Da es mit dem Regen nicht aufhören wollte, radelten wir mit Regenkleidung ausgerüstet weiter bis Dietfurt, wo wir gegenüber dem schönen Rathaus eine Kaffee-Pause einlegten. Am Abend erreichten wir Riedenburg (Foto), wo wir, nach 119 km, bei der Familie Schels in der Bergstraße eine erstklassige Unterkunft fanden.



4. Tag - Nachdem es die ganze Nacht regnete, hatte der Himmel nun ein Einsehen und stellte pünktlich zu unserer Abfahrt seinen feuchten Segen ein. Im ersten Abschnitt radelten wir am Rhein-Main-Donau-Kanal entlang bis nach Kelheim an der Donau mit der Befreiungshalle (Foto). Nach dem Besuch der Stadtkirche war unser nächstes Zwischenziel die Domstadt Regensburg. Wir besuchten den Dom und besorgten uns einen Stempeleintrag in unseren Pilgerausweis. Im Biergarten der Historischen "Wurstkuchl", die als die älteste Wurstbraterei der Welt gilt, hielten wir unsere Mittagspause. In Straubing besuchten wir die Basilika St. Jakobus und den beeindruckenden Stadtplatz. Auch hier gab es im Pfarramt noch einen Stempeleintrag in unseren Ausweis. Im Gasthof "Zur Post" in Bogen beendeten wir nach 124 km unser Tagewerk.



5. Tag - Nach dem Besuch der Stadtkirche "St. Florian" in Bogen, gegenüber unserem Übernachtungsquartier, fuhren wir auf dem Donauradweg in Richtung Deggendorf. Vor Deggendorf besuchten wir das Kloster Metten (Foto). In Deggendorf mündet die Isar in die Donau und in das Isartal radelten wir bis Landau. Ab Landau fuhren wir auf dem "Bockerlbahn-Radweg" bis Pfarrkirchen im Rott-Tal und weiter nach Eggenfelden. Hier begann es zu regnen und wir versuchten ein Übernachtungsquartier zu finden, aber wir mussten noch bis Mitterskirchen fahren bis wir fündig wurden. Im Gasthof Rothneichner beim "Obernwirt zu Mitterskirchen" fanden wir einen freundlichen Gastgeber. Unser Tacho zeigte 137 km und es war höchste Zeit für einen verdienten Feierabend. Es sind noch ungefähr 20 km bis Altötting und so werden wir morgen früh gegen 10 Uhr in Altötting sein. (bisheriger Tagesschnitt 124 km)



6. Tag - Kurz nach 10 Uhr hatten wir, nach 621 km auf dem Fahrrad, unser Ziel, den Marienwallfahrtsort Altötting erreicht. Bei der Informations- und Pilgerberatungsstelle im Rathaus gab es noch einen Stempel in unseren Pilgerausweis. Auch ein Privatzimmer, unmittelbar hinter der Basilika "St. Anna", bei der Familie Moser, wurde uns vermittelt. Ein Gottesdienst in der Gnadenkapelle begann um 11 Uhr und wir schafften es gerade noch bevor ein kräftiges Gewitter mit starken Sturmböen losbrach. Bei der Anfahrt nach Altötting hatte es schon leicht geregnet und so hatten wir großes Glück unser Ziel noch vor dem Gewitter erreicht zu haben. Die Gnadenkapelle war, vermutlich auch wegen des Gewitters gut gefüllt als der Gottesdienst begann.



Für die Gnadenkapelle gilt ein Fotoverbot, das ich in der Eile wegen des Gewitters übersehen hatte. Und so habe ich trotz des Verbotes ein Foto gemacht, das ich ihnen nicht vorenthalten will. Hinter dem Gitter erkennt man den Gnadenaltar.



Auf dem Foto v.l. Leopold Ettmayer, Heiner, Erich Ettmayer und ich. Die Brüder Leopold und Erich hatten wir am schon bei der Anfahrt nach Altötting gesehen. Sie sind aus Österreich und als Fuß-Pilger unterwegs. Am Nachmittag hatten wir uns beim Pilgergottesdienst in St. Magdalena schon beim Friedensgruß die Hand gereicht. Nach unserem ausgiebigen Besichtigungs-Rundgang am Nachmittag hatten wir uns dann auf dem Kapellenplatz getroffen und nach einem kleinen unterhaltsamen Spaziergang hielten wir noch Einkehr zu einem kurzweiligen Schoppen.


7. Tag - Nach einem reichlichen Frühstück bei Familie Moser, drehten wir noch einmal eine Ehrenrunde um die Gnadenkapelle. Unser heutiges Tagesziel war die Stadt Landshut, die wir über die Zwischenziele Mühldorf am Inn - Neumarkt-St. Veit - Vilsbiburg am Abend erreichten. Eine Dame und eine Seniorenbgruppe am Bahnhof waren uns bei der Zimmersuche behilflich, doch der empfohlene Gasthof Ulrich Mayer, war wegen einer Hochzeit ausgebucht. Aber die Empfehlung des Hauses den "Rosenhof" in Ergolding, ungefähr 2 km weiter anzufahren, war erfolgreich. Nach 83 km teilweise auf stark befahrener Landstraße hatten wir uns den Feierabend verdient. Es war auch höchste Zeit, denn es begann stark und lange anhaltend zu regnen.


8. Tag - Nach reichlichem Frühstück und wieder schönem Wetter radelten wir über den sog. Flutgraben-Radweg nach Landshut zu unserem Besichtigungsprogramm. Um 12 Uhr wollen wir dann am Bahnhof sein, denn die Rückfahrt bis Aschaffenburg wollen wir mit der Bahn bestreiten. Das Bayernticket ist an den Wochenenden eine günstige Gelegenheit für die Rückfahrt (28 Euro + 2 x 4,50 Euro für unsere Fahrräder). In der Bahn fanden wir gute unterhaltsame Gesellschaft aus unserem benachbarten Hessen-Land, sodass die Bahnfahrt eine sehr kurzweilige Geschichte wurde. Um etwa 18 Uhr waren wir in Aschaffenburg angekommen und hatten nun noch die Heimfahrt auf dem Fahrrad vor uns. Bei der "Eis-Sofie" in Elsenfeld gab es bei einem Zwischenstopp noch ein Eis als Belohnung für die gelungene Wallfahrt. Insgesamt hatten wir in den acht Tagen rund 750 km zurückgelegt und konnten feststellen, dass wir bei guter körperlicher Verfassung, keine nennenswerten Probleme mit diesen Anforderungen hatten.     

Den Vorschlag von Heiner, im nächsten Jahr zu einer Kevelaer-Wallfahrt aufzubrechen, werden wir im Auge behalten.

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Eine Radtour zum Kreuzberg, über vier Tage habe ich mit meinem Bruder Heinrich vom 11. -14. Aug 2009, wie im Jahr zuvor mit Hans, wiederholt. Allerdings ohne Freibier auf dem Kreuzberg, aber sonst genau so schön. Dafür gab es ein zünftiges Veper bei unserem Sommerauer Landsmann Hermann Englert, in Michelbach bei Alzenau. Unsere Übernachtungsquartiere waren wie damals, in Gemünden, im Kloster Kreuzberg und in Wächtersbach. In diesen 4 Tagen legten wir bei schönstem Radelwetter 320 km auf unseren Rädern zurück.


Von Sommerau fuhren wir das Elsavatal aufwärts bis nach Weibersbrunn in den Hochspessart. Nach dieser Schwerarbeit zu Beginn, radelten wir ostwärts durch das idyllische Hafenlohrtal. Beim Weiler Einsiedel war Vesperpause angesagt. In Windheim erreichten wir den Main und fuhren nun gegen den Strom, zunächst zum Kloster Neustadt, verbunden mit einem Besuch der Klosterkirche, dann weiter nach Lohr. Hier hielten wir Einkehr im "Cafè Rosenkranz" und stärkten uns mit Kaffee und leckerem Kuchen. Schon zeitig am Nachmittag erreichten wir unser Tagesziel Gemünden am Main. In einem Biergarten am Marktplatz labten wir unsere durstigen Kehlen.



Nach schöner Unterhaltung mit dem Radler-Ehepaar Hilde und Herbert aus Österreich, steuerten wir unser Übernachtungsquartier bei Inge Weigand an.

Nach reichlichem Frühstück konnten wir gut gestärkt unser Ziel, das Kloster Kreuzberg anpeilen. Im Gegensatz zu gestern, wird der schwierigere Streckenteil am Schluß liegen. Das Sinntal über Burgsinn bis zu unserer Mittagsrast in Bad Brückenau war noch der einfachere Teil. Die Weiterfahrt bis Wildflecken, mit einer notwendigen Erholungspause war dann schon erheblich anspruchsvoller. Die letzten 6 km über Oberwildflecken zum Kloster Kreuzberg waren für Heiner grenzwertig. Er brauchte einige Zeit sich zu erholen. Durch meine Fahrt nach Rom und der intensiven Vorbereitung hatte ich konditionell einen merklichen Vorsprung.


Das Kloster Kreuzberg/Rhön unser Tages- und Reiseziel ist erreicht.
Der Ausblick von unserem Zimmer in den Klostergarten.

Bei sommerlichen Temperaturen erreichten wir das Kloster Kreuzberg in der Rhön und labten uns mit dem köstlichen Gerstensaft der Klosterbrauerei. Hier im Kloster war unsere zweite Übernachtung nach Gemünden. Wir konnten in guter Gesellschaft, die für Pensionsgäste verlängerte Öffnungszeit genießen.

Das Kloster Kreuzberg ist ein Kloster der Franziskaner-Observanten in der Gemeinde Bischofsheim in Bayern in der Diözese Würzburg.

Es liegt am Westhang des gleichnamigen Bergs Kreuzberg in der Rhön auf einer Höhe von 864 m. Neben der guten Luft und der idyllischen Natur gehört das selbstgebraute Klosterbier aus der seit 1731 bestehenden Klosterbrauerei zu den heutigen Hauptattraktionen und zieht jährlich etwa 500.000 bis 600.000 Besucher an. Es gibt eine gut besuchte Klosterwirtschaft mit Übernachtungsmöglichkeit.

Jährlich finden etwa 70-80 Wallfahrten aus ganz Franken zum Kreuzberg, dem "Heiligen Berg der Franken" und seinem Kloster statt.

1598 gab es eine erste Kapelle. Das Kreuzerhöhung geweihte Kloster wurde gegründet durch die Straßburger Observantenprovinz der Franziskaner, gebaut wurde es 1681-92, 1684 wurde es Konvent. 1706 wurde der Fürstenbau errichtet, 1731 die alte Brauerei. Das Kloster wurde nicht aufgehoben. Ursprünglich zum Aussterben bestimmt, wurde durch Dekret vom 30. Sep 1826 der Fortbestand des Klosters gesichert. (Quelle: Wikipedia)

Nach dem Besuch der Messe am folgenden Morgen und einem reichhaltigen Frühstück, radelten wir über Gersfeld nach Eichenzell bei Fulda und weiter nach Wächtersbach, wo wir im selben Quartier wie im Vorjahr, nochmals übernachteten. Am Morgen des vierten Tages Aufbruch zur letzten Etappe über Gelnhausen, Freigericht, Alzenau nach Hause. (Foto unten: Brunnen in Gersfeld)


Im Dörfchen Thalau in der Rhön steht vor der Kirche ein Jakobuspilger-Denkmal. Die Kirche war diesmal wegen Restaurierungsarbeiten komplett eingerüstet. Daher war ein Foto am Denkmal nicht möglich. Aber der Innenraum, wir bekamen vom Messner eine Führung, ist sehr harmonisch und sehenswert. Heiner hatte seine Mundharmonika dabei und so ließen wir zu dritt einige Lieder erschallen. Natürlich konnte ich mich, wie auch auf meiner Pilgerreise nach Santiago de Compostela, mit einem Jakobus-Stempeleintrag in mein Notizbuch versorgen.



"Monte Scherbelino" - Im oberen Kinzig-Tal dominieren mächtige Abraumhalden des Kalibergbaues die Gegend.



Der Märchenbrunnen in Steinau an der Straße. Steinau ist die Stadt der Brüder Grimm.



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"Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht." (Vaclav Havel)



Die Vorbereitungen für die Fahrrad-Pilgerreise zum Paulusjahr nach Rom
(Beginn: Sonntag, 17. Mai 2009) sind abgeschlossen. Rund 1900 km sind heute, am 15. Mai, in Trainingseinheiten absolviert. Es ist wichtig, vor der Reise möglichst täglich auf dem Fahrrad zu sitzen um das Hinterteil abzuhärten, denn während der Reise sind etwa 6 Stunden auf dem Fahrradsattel zu kalkulieren. Mein bewährtes altes Reisefahrrad (Bj. 1994 mit ca. 27 000 km Laufleistung), mit dem ich schon vor zwei Jahren nach Santiago de Compostela geradelt war, ist generalüberholt und einsatzbereit.



Am Sonntag, 17. Mai
 werde ich mich mit meinem Partner Hans um 10.30 Uhr zum Gottesdienst im Kloster Engelberg treffen und anschliessend werden wir mit dem Pilgersegen von Pater Peregrin auf die Reise gehen. So wie es aussieht, wird mich/uns mein Bruder Heinrich, wie schon bei der Santiago-Reise, ein Wegstück begleiten. In Weikersheim an der Tauber ist die erste Übernachtung vorgesehen. Meinen Pilgerausweis, ausgestellt von der St. Jakobsbruderschaft in Trier und von dort mit dem ersten Stempeleintrag versehen wurde mir vor einigen Tagen zugestellt. Einen weiteren historischen Stempel meiner Heimat-Pfarrei "St. Laurentius" in Sommerau erhielt ich von unserm Pfarrer Otto Halk. Auch einen Pilgerführer für Rom bekam ich von ihm geschenkt. Ein herzliches Danke an dieser Stelle. (Foto: Kloster Engelberg, Großheubach)



Am Tag vor der Abreise war erst mal eine Probefahrt (25 km) fällig. Ein so schwer bepacktes Fahrrad mit über 50 kg Gesamtgewicht ist nicht ganz einfach zu steuern und sehr gewöhnungsbedürftig. Allerdings konnte ich feststellen, dass das notwendige Gespür doch noch recht gut von der Santiagotour vor zwei Jahren programmiert war und ich sehr schnell wieder ein gutes Fahrgefühl hatte.



Für die Reise von Sommerau nach Rom und wieder zurück sind rund sechs Wochen geplant. Zu unserer Ausrüstung gehört auch Zelt und Schlafsack, so sind wir unabhängig und flexibler, allerdings wiegt mein Fahrrad dann mit dem notwendigen Reiseproviant rund 50 kg. Die Übernachtungsplätze werden am jeweiligen Reise-Nachmittag besprochen und festgelegt. Je nach Wetter und Angebot sind Campingplätze bzw. Jugendherbergen oder einfache Privatquartiere die erste Wahl. Nobelherbergen entsprechen aus meiner Sicht nicht dem Pilgergedanken. Ein wichtiger Aspekt des Pilgerns ist es, seine Ansprüche zu reduzieren und sich auf das Wesentliche und wirklich Notwendige zu beschränken. Auf dem Weg nach Rom gibt es allerdings kein Herbergssystem wie auf dem Jakobsweg. (Foto: Rom, St. Peter aus einer etwas andereren Perspektive)


Montag, 27. April 2009:
Bei einer Trainingsfahrt mit dem Geländerad, über 55 km im Spessart, stellte sich ein Kettenschaden ein, zum Glück 3 km vor der Haustüre. Meine Haus- und Hofwerkstatt, das ZWEI-RAD-TEAM in Elsenfeld, versorgte mich trotz hoher Auslastung zügig und vorbildlich. Schon am Donnerstag, 30. April konnte ich wieder aufsitzen und durch den Spessart düsen. Ein regulärer Termin wäre erst in 4 Wochen möglich gewesen, aber da will ich schon auf der Reise sein. Danke für den schnellen Service!

Montag, 4. Mai 2009: Gemeinsame Trainingsfahrt mit Hans ab Sommerau über Mespelbrunn, Weibersbrunn, das Hafenlohrtal, Marktheidenfeld, Wertheim, Kreuzwertheim nach Collenberg. Und als Schmankerl der mehr als 5 km lange Anstieg nach Mönchberg mit rund 320 m Höhendifferenz. Für mich waren es insgesamt 106 km Wegstrecke.

Routenplanung ab der deutschen Grenze: Füssen - Fernpass - Imst - Landeck - Reschenpass - Meran - Bozen - Trento - Rovereto - Riva del Garda - Ostküste Gardasee bis Peschiera - Mantova - Bologna - Florenz - Arezzo - Perugia - Assisi - Spoleto - Terni - Rom

Zwischen der Planung und der Realität gibt es oft große Unterschiede, so auch auf unserer Reise. So fuhren wir nicht an den Gardasee, sondern blieben im Etschtal bis Verona. Von dort weiter durch die Poebene nach Ostiglia. Hier überquerten wir den Po. Über Finale Emilia und Cento erreichten wir Bologna und die Berge der Apenninen. Wir fuhren mit der Bahn von Bologna über Prato nach Florenz (hier Übernachtung) und weiter bis Rignano. Ab Rignano mit dem Fahrrad über Arezzo, Cortona bis Passignano sul Trasimeno. Ab dem Lago Trasimeno wieder mit der Bahn über die geplante Route Perugia, Assisi (hier Aufenthalt und Übernachtung) usw. bis Rom.

Routenplanung Rückweg bis zur deutschen Grenze: Am Tieber entlang in die Appeninnen bis Perugia, hier kreuzen wir den Hinweg. Weiter über Sansepolcro - San Marino - Rimini - Adriaküste bis Ravenna - Ferrara - Verona - Bozen - Brixen - Brennerpass - Innsbruck - Mittenwald

Die Rückfahrt, wie oben beschrieben fand nicht statt. Wir fuhren mit der Bahn zurück bis Rosenheim und von dort über Starnberg - Inning a. Ammersee - Eichach - Schrobenhausen - Neuburg a. d. Donau - Eichstätt - Gunzenhausen - Rothenburg o. d. Tauber - Wertheim bis Miltenberg. Hier ging unsere gemeinsame Reise zu Ende. Ab Miltenberg fuhr ich am Main entlang bis Elsenfeld und über den Elsavatal-Radweg zurück nach Sommerau.


Sonntag, 10. Mai 2009:
Bei schönem Wetter startete ich gegen Abend zu einer Trainingsfahrt zur Hohen Warte. Bei der Flurkapelle "Maria vom Haselstrauch" besser bekannt als "Herrnbild" in Hessenthal traf ich einen Bekannten (Karl Heilig) aus Mepelbrunn mit seiner Frau (Elisabeth). Sie waren hierher gekommen um die angesetzte Maiandacht an der Kapelle zu feiern. Bei unserem Gespräch erzählte ich von meiner bevorstehenden Fahrrad-Pilgerreise nach Rom und ich entschloss mich an der Gebetsstunde teilzunehmen. Während der Feier stand ich neben einem Mann, der den Lautsprecher trug. Nach der Maiandacht sagte Elisabeth zu diesem Mann, er könne mir doch bestimmt einige Informationen zu Rom geben. Wie sich herausstellte, war dieser Mann schon viele Male nach Rom gereist und kennt sich dort bestens aus. Ich erzählte ihm, dass wir in der Pfingstwoche Probleme haben ein preisgünstiges Quartier zu bekommen und ob er uns evtl. weiterhelfen könne. Ich gab ihm meine Adresse und schon am Montag rief er -Franz Reis- mich an und konnte mir eine Reservierung bei Pallottiner-Schwestern in der Nähe des Vatikan nennen. Es war das letzte Zimmer der Pallottinerinnen und wir bekamen den Zuschlag. Danke an Franz Reis und Sr. Brunhilde, der ich die Reservierung per E-Mail bestätigen konnte.

Es gibt Dinge, da kann man nur den Kopf schütteln. Einfach wunderbar! Ich freue mich auf Rom.

Dienstag, 12. Mai 2009: Heute erhielt ich mit der Post meinen Pilgerausweis von der St. Jakobsbruderschaft in
Trier mit dem ersten Stempeleintrag. Weitere Stempeleinträge meiner Heimat-Pfarrei St. Laurentius Sommerau und vom Kloster Engelberg in Großheubach sollen folgen.

Dienstag, 12. Mai 2009: Bei Besorgungen in meinem Fahrrad-Geschäft ZWEI-RAD-TEAM in Elsenfeld traf ich den ersten Pilgerkollegen Friedhelm aus dem Taunus. Friedhelm, ein Vorruheständler, ist auch mit dem Fahrrad auf dem Weg nach Rom und er ist den zweiten Tag im Sattel. Er fährt, wie wir, ab Augsburg auch die Via Augusta über Füssen, Fernpass und Reschenpass, Meran usw., er hat sich viel Zeit genommen und vielleicht finden wir uns noch auf dem Weg nach Rom.

Dienstag, 12. Mai 2009: Stellvertretend für die vielen guten Reisewünsche, für die ich mich herzlich bedanken möchte, will ich die Wünsche einer lieben Bekannten hier einstellen:

"Lieber Otto, ich wünsche dir für deine Rom-Reise viel Glück auf allen Wegen, einen verlässlichen Weggefährten und hoffe auf einen spannenden Reisebericht."

Das deutschsprachige Pilgerzentrum in Rom hat auf seiner Hompage viele interessante Informationen, die ich sehr empfehlen kann. ( www.pilgerzentrum.de )


Wer entschlossen beginnt, hat schon ein gut Teil des Weges hinter sich. (Teresa von Avila)

Sonntag, 17. Mai 2009: Es ist soweit, die Reise kann beginnen! Nach dem Pilgersegen in der Kapelle des Klosters Engelberg war ein Abschiedsfoto mit Pater Peregrin fällig. Bei schönstem Frülingswetter begleitete uns mein Bruder Heiner - hinter Pater Peregrin - bis nach Hardheim.


Sonntag, 17. Mai 2009:
Es ist soweit, die Reise kann beginnen! Nach dem Pilgersegen in der Kapelle des Klosters Engelberg war ein Abschiedsfoto mit Pater Peregrin fällig. Bei schönstem Frülingswetter begleitete uns mein Bruder Heiner - hinter Pater Peregrin - bis nach Hardheim.


Dienstag, 2. Juni 2009: Wir haben es geschafft und sind am Nachmittag am Ziel unserer Pilgerfahrt!

Vom Kloster Engelberg bis zu unserer Unterkunft im Gästehaus der Pallottinerinnen, nur wenige Meter vom Petersplatz entfernt, hatte ich 1270 km auf meinem Fahrrad zurückgelegt. Jetzt hatten wir 6 Tage Zeit um die Ewige Stadt zu erkunden.


Am Nachmittag des 2. Juni hatten wir unser großes Ziel, den Petersplatz in Rom erreicht. Wir waren gesund und munter in der Ewigen Stadt angekommen.



Mein Pilgerpass
, ein wichtiges Dokument auf unserer Reise. Er öffnete uns viele Türen und er dokumentiert unsere Reiseroute. Ohne dieses Dokument gibt es, wie in Santiago de Compostela so auch in Rom, keine Pilgerurkunde.



Die Pilgerurkunde
bestätigt unsere Pilgerreise nach Rom. Im Büro des Pilgerzentrums wurde der Pilgerpass geprüft und die Urkunde ausgestellt. 



Dieses Testimonium
(Pilgerurkunde) wird im Vatikan ausgestellt. Schwester Brunhilde hatte uns ermutigt danach zu fragen. Der Vatikan testiert eigentlich nur den aus dem Mittelalter begründeten Pilgerweg "Via Francigena", so mussten wir es von Don Bruno Varcesi erfahren. Dieser Weg hat seinen Ausgangspunkt in England, er führt über Frankreich und die Schweiz nach Italien bis Rom. Wir hatten keinen der Orte auf dieser Pilgerroute berührt, dennoch wurde uns, nach einem eingehenden Gespräch (4. Juni) mit Don Bruno Varcesi, von der zuständigen Vatikanischen Instanz, dem Kurienkardinal Angelo Comastri, dem wir persönlich vorgestellt wurden, diese Pilgerurkunde zugesprochen. Dafür sind wir sehr dankbar und freuen uns über die Würdigung unserer Pilgerfahrt. Eine Begründung, dass dies jetzt doch möglich war, wurde uns nicht gegeben.

Auch die Begegnung mit der Familienwallfahrt der Diözese Würzburg und unserem Bischof Hofmann in Assisi, war ein grosses Erlebnis. Es war ein Höhepunkt auf der Pilgerreise. Von unserem Bischof Friedhelm Hofmann wurde uns dieses Zusammentreffen knapp 3 Wochen später (Sonntag, 21. Juni 2009) in Walldürn bestätigt. Bei dieser Gelegenheit erhielten wir auch noch einen Eintrag des Bischofs in unseren Pilgerpass; was in Assisi aus Zeitgründen nicht möglich war, wurde jetzt nachgeholt.


Auch für ein Foto mit Bischof Friedhelm Hofmann, das in Assisi nicht möglich war, bot sich nun die Gelegenheit.



Unser Zusammentreffen mit der Assisi-Familienwallfahrt der Diözese Würzburg und mit Bischof Friedhelm Hofmann im Dom von Assisi wurde uns am 21. Juni 2009 in Walldürn bestätigt.



Mittwoch, 3. Juni 2009:
Wir waren guter Stimmung und warteten auf die Papst-Audienz. Das Wetter zeigte sich von der besten Seite und es war sehr heiss, doch eine Mütze und der hochgestellte Hemdkragen machten die Hitze erträglich. (Foto: Werner Fecher)

Hier trafen wir auch Elfi und Werner Fecher aus Sailauf wieder, die wir schon in Bologna am Dom kennenlernen konnten. Sie waren mit dem Wohnmobil unterwegs und mit dem Fahrrad zum Petersplatz gefahren. Als wir gestern am Petersplatz ankamen, hatten sie uns trotz der vielen Menschen hier entdeckt. Sie saßen bei der Papstaudienz einige Sitzreihen hinter uns und so sieht man Hans und mich auf den folgenden Fotos zwischen ihrer Position und dem Monitor sitzen. 


Die Ansprache des Papstes konnten wir sehr deutlich am grossen Monitor verfolgen. Papst Benedikt spendet zum Ende der Audienz den Segen. Über den grossen Bildschirm waren wir nahe am Geschehen. (Foto: Werner Fecher)



Papst Benedikt XVI, bei der Rundfahrt auf dem Petersplatz. (Foto: Hans)



Der Papst, gut bewacht, bei der Rundfahrt mit dem Papamobil. (Foto: Werner Fecher)



Elfi und Werner Fecher aus Sailauf. Die beiden trafen wir schon in Bologna am Dom und nun auch in Rom auf dem Petersplatz.



Wir besuchten die sieben Hauptkirchen/Pilgerkirchen in Rom:

Basilika San Giovanni in Laterano (basilica maior)

Basilika San Pietro in Vaticano (basilica maior)

Basilika Santa Maria Maggiore (basilica maior)

Basilika San Paolo fuori le Mura (basilica maior)

Basilika San Lorenzo fuori le Mura (basilica maior)

Basilika Santa Croce in Gerusalemme

Basilika San Sebastiano fuori le Mura

Die katholische Kirche bezeichnet mit dem Ehrentitel „Basilika” nicht die Architektur, sondern die besondere Verbindung mit dem Papst. Die fünf Hauptkirchen von Rom - San Giovanni in Laterano, San Pietro in Vaticano, San Paolo fuori le Mura, Santa Maria Maggiore und San Lorenzo fuori le Mura - sind mit dem höchsten Titel „Patriarchal-Basilika” (basilica maior) geschmückt. (Quelle: www.heiligenlexikon.de )


"Es ist bereits ein alt gewordenes Herkommen, dass alle Pilger, welche die Ewige Stadt und ihre zahlreichen, um nicht zu sagen zahllosen, Heiligtümer besuchen, die sogenannten "sieben Kirchen", gleichsam sieben Hauptstationen, abpilgern, ein Gebetsgang, ebenso erbaulich als interessant." (Adolph Kolping in den "Rheinischen Volksblättern", 1863)



Die Engelsburg
, ein mächtiges Bauwerk, nur wenige Gehminuten vom Vatikan entfernt.



Das Kolosseum
, eine monumentale Wucht, in dem man sich als Winzling vorkommt.

Samstag, 13. Juni 2009: Heute um 19.23 Uhr bin ich wohlbehalten wieder in meiner Heimat eingetroffen. Die Rückfahrt erfolgte von Rom mit der Bahn (Abfahrt: in Rom-Termini, Montag, 2. Juni um 19.30 Uhr) - bis Rosenheim (Ankunft Dienstag, 3. Juni 6.00 Uhr). Ab Rosenheim fuhren wir mit den Rädern nach Hause (5 Tage, ca. 560 km). 


Beim Jakobspilger-Denkmal an der Stadtpfarrkirche "St. Jakobus" in Miltenberg ging unsere gemeinsame Pilgerreise zu Ende. In der Kirche sangen Hans und ich zwei Strophen des Liedes "Großer Gott wir loben dich ..." und entzündeten in der Marienkapelle einige Kerzen als Dank für die unfallfreie Pilgerreise. Ein abschliessender Stempel in unseren Pilgerpass war nicht möglich, da das Pfarrbüro nicht besetzt war und die Pfarrei seit dem Weggang von Pfarrer/Bischof Ulrich Boom verwaist ist. Ich werde das in den kommenden Tagen nachholen. Hans hatte nur noch eine kurze Wegstrecke, in Richtung Amorbach, zurückzulegen. Ich nahm den etwas bequemeren, dafür aber weiteren Weg über das Maintal bis Elsenfeld und über den Elsavatal-Radweg bis Sommerau. Es war mit genau 150 km meine längste Etappe auf der Reise und ich fühlte mich in sehr guter Verfassung. 


Fazit: Die Fahrrad-Pilgerreise nach Rom und die 6 Tage in der ewigen Stadt werden trotz aller Probleme und Enttäuschungen unvergesslich bleiben!!!



Meinen herzlichen Dank will ich an dieser Stelle den Pallottiner-Schwestern, insbesondere an Sr. Brunhilde, aussprechen. Ich fühlte mich sehr wohl in ihrem Hause und betrachte es als Glücksfall oder Fügung, dass dieses Quartier kurzfristig über Franz Reis aus Hessenthal gebucht werden konnte; einfach SUPER! Insgesamt habe ich ca. 1850 km (1290 km + 560 km) unfallfrei auf dem Fahrrad zurückgelegt, - GOTT SEI DANK!


Auf der Seite 3 finden sie weitere Fotos und einen Kurz-Bericht der ersten Reisewoche.


 "Wenn man Freud und Leid miteinander teilt, wächst man zusammen." (Adolpf Kolping)


!!!!! Das Tagebuch meiner Fahrrad-Pilgerreise in die Ewige Stadt Rom ist ab sofort verfügbar !!!!!


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Meine Themen finden Sie hier auf dieser Seite:

Nach dem heimatgeschichtlichen Teil - Thema 1 - erfahren Sie mehr von meiner Fahrrad-Pilgerreise nach Santiago de Compostela - Thema 2 - und wenn Sie wollen, dürfen Sie gerne die Spuren und Erfahrungen meiner Reise erforschen. Dabei wünsche ich Ihnen viel Spaß und kurzweilige Unterhaltung.

Anschließend will ich Ihnen den Elsavatal-Radweg - Thema 3 - in den phantastischen Spessart von Obernburg/Elsenfeld bis Mespelbrunn und wenn Sie wollen bis an die Quelle der Elsava vorstellen und nahe bringen. Dieser Abstecher vom sehr beliebten Main-Radweg, das kann ich Ihnen versprechen, wird Sie begeistern.


Die Themen sind untereinander angeordnet!

Eine kostenlose Homepage bietet natürlich keinen besonderen Komfort, so kann ich meine Themen nicht in separaten "Schubladen" ablegen. Jetzt kann ich nur hoffen, dass sie zufrieden sind mit meinem Angebot, ich würde mich jedenfalls darüber freuen.

Bei etwa 40 % finden sie das Thema 2 und bei ungefähr 65 % das Thema 3


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T h e m a  1 - Heimatgeschichte/n

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Eschau-Sommerau im Spessart

Pfarrkirche St. Laurentius "Spessartdom"
Pfarrkirche "St. Laurentius" Sommerau.(Aufnahme 2008)

Diese Seiten stellen die Geschichte von Sommerau in kompakter Form dar.

Weitere Informationen sind im "Eschauer Heimatbuch 1985" und in einer Arbeit -"Baudenkmäler in Eschau, Sommerau und Hobbach" - (von 1976, die Verfasserin ist Gertraud Speth) beschrieben, einen Durchschlag dieser Arbeit habe ich von Lutz Nüllen zur Einsicht erhalten und liegt mir als Kopie vor. Auch das Buch "DIE KUNSTDENKMÄLER VON BAYERN - UNTERFRANKEN", von 1925 vom Oldenbourg-Verlag bietet einen guten Einblick zum Thema Baudenkmäler.

Aus der Geschichte des Ortes Sommerau

Am Donnerstag, den 26. Juni 2009, hielt Kreisheimatpfleger Wolfgang Hartmann einen Vortrag über die frühe Geschichte von Sommerau und der Region. Nach seinen Recherchen, die vermutlich sehr gut begründet sind, ist es wohl so, dass die Entstehung und damit die frühe Geschichte des Dorfes Sommerau und des Wasserschlosses neu geschrieben werden muss. Es war ein äusserst interessanter Vortrag für den sicherlich sehr viel Vorarbeit notwendig war. Alle Achtung!

Die von mir unten beschriebene und zusammengtragene Geschichte von Sommerau mit seinem Wasserschloss, ist die überlieferte Version, die in der frühen Zeit nicht belegt werden kann und mit den Ergebnissen aus o.g. Vortrag von Wolfgang Hartmann wohl nicht mehr gehalten werden kann.

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Zahlreiche Funde lassen den Schluss zu, dass unsere Gegend schon sehr früh den Menschen als Siedlungsraum diente. Reste von Herdstellen, ein Ringwall bei Eichelsbach, Funde von geschliffenen Steinkeilen - sogenannte "Donnerkeile" deuten darauf hin, dass schon im 3. Jahrtausend v. Chr. hier Menschen gelebt haben.

Aus der Bronzezeit - etwa 1000 v. Chr. - dürften die Hügelgräber im Wolprich oder auch Wolperich (Flur/Wald zwischen Eichelsbach und Kloster Himmelthal) stammen. Weitere Gräber aus dieser Zeit, der Hallstattperiode, wurden auf dem "Wirbel" in Eschau gefunden. Die Grabbeigaben waren reich verzierte Bronzearmbänder und Fußringe, Bernsteinperlen, Dolche und zwei Vollgriffschwerter.

Nach der Völkerwanderung, um die Mitte des 1. Jahrtausend n. Chr. besiedelten die Franken das Land am Untermain. Bis kurz vor der Jahrtausendwende war unser Gebiet fränkisches Königsgut. Der fränkische König und Kaiser Karl der Große (747 – 814) wollten den Widerstand der aufsässigen Sachsen (Sachsenkrieg 772 – 804) durch Umsiedlung (Zerstreuung) brechen. So wurden hier am rechten Ufer der Elsava, dort wo sich das Tal weitet und fruchtbarer Ackerboden war, gefangene Sachsen angesiedelt. Sie arbeiteten hier als Waldhüter, Holzfäller, Kohlenbrenner und Bauern.

In einem alten Koppelfutterverzeichnis (Abgabenverzeichnis) von 1241 finden wir hier einen Ort "SAHSEN" (abgeleitet von Sachsen). Erst viel später (um 1400) wird dieser Ort als "SUMERAWE", später "SUMMERAUWE" bezeichnet. In der Pfinzingkarte (16. Jh.) wird der Ort "SUMERAU" genannt. In dem og. Koppelfutter-Verzeichnis sind auch die später aufgegebenen Ortschaften in unserer Nachbarschaft, Kunigelsbach (Künzbach, Kinzbach) und Heckebach (Heckbach), eingetragen.

Im Jahr 982 kam unser Gebiet in den Besitz des Erzbistums Mainz. Dieses wurde 780/81 gegründet.

Die Geschichte und Entwicklung des Ortes Sommerau hängt eng mit der des Schlosses zusammen, da der Schlossherr auch der Grundherr war.

Das erste feste Schloss ließ der Überlieferung nach Eberhard von Fechenbach um das Jahr 1143 erbauen, eine Zeit, aus der keine Fechenbach'schen Dokumente vorliegen und daher nur unter Vorbehalt gesehen werden können.

Schloß Sommerau - Innenhof
(Aufnahme 2008)

Ursprünglich war das Schloss, das anfänglich vom Deutschritterorden und ab 1483 von Kurmainz zu Lehen gegeben worden war, eine Gottesburg. In diese konnten Verfolgte flüchten, hier durfte ihnen kein Leid geschehen. Achtete der Verfolger nicht das Schutzrecht der Gottesburg, so zog er sich die kaiserliche Ungnade zu. (Valentin Pfeifer)

Ab 1365 waren die Fechenbacher und die Kottwitz von Aulenbach gemeinsame Lehensträger der Forsthube Sommerau. Dieses gemeinsame Lehen wurde 1419 und 1483 in Lehensbriefen bestätigt.

Die Sommerauer Bevölkerung war, wie die Freiherren, römisch katholischen Glaubens. In Eschau wurde die Bevölkerung schon während der Herrschaft der Grafen von Rieneck, ungefähr in der Mitte des 16. Jh. evangelisch. Dies brachte bis in unsere Zeit erhebliche nachbarschaftliche Differenzen mit sich. So gab es in der Vergangenheit nur selten Ehen zwischen den überwiegend evangelischen Eschauern und den zumeist katholischen Sommerauern. Nach dem 2. Weltkrieg fanden viele, meistens katholische Heimatvertriebene auch in Eschau eine neue Heimat und so gibt es nun auch dort vermehrt "katholische Gesangbücher". Bei den jüngeren Menschen sind die konfessionellen Barrieren heute nicht mehr so stark ausgeprägt.

Im Jahr 1522 wurden die Fechenbacher durch Kaiser Karl V. in den Reichsfreiherrenstand erhoben. Die Bauern wurden freileibeigen. Sie mußten den Zent entrichten und Frohndienste (Hand- und Spanndienste) leisten. Erst 1813 wurde diese Leibeigenschaft aufgehoben.

Das Wasserschloss, dessen Ringgraben noch heute besteht, hatte einst vier Flügel und ruht auf Eichenbohlen. Während des Bauernkrieges wurde es am frühen Morgen des 2. Mai des Jahres 1525, so die Sage, von den aufständischen Bauern unter Führung des Hesselsmüllers Jakob Hock erstürmt und in Brand gesetzt. Im 30jährigen Krieg (1618-1648) kamen auch die Schweden nach Sommerau und zerstörten das Schloss.

Wasserschloß in Sommerau
(Aufnahme 2008)



Das ehemalige Verwaltungsgebäude der Freiherren von Fechenbach (Edelsitz) aus dem 16. Jh. Es ging später (1872/73) in den Besitz des Elmar von Haxthausen, anschliessend (1897) kaufte Sanitätsrat Dr. Richard Wehsarg das Anwesen und unterhielt hier seine Arztpraxis mit Sanatorium.
(Aufnahme 2009)


Viel schlimmer wütete aber damals die Pest, die wohl um die 1630er Jahre ihren Höhepunkt erreichte. Täglich sah der Schlossherr aus dem Turmfenster und zählte die noch rauchenden Schornsteine, zuletzt waren es nur noch drei ("Spessartsagen" von Valentin Pfeifer), der Ort war also fast ausgestorben. In dieser Zeit verließ die letzte noch lebende Frau (so die Sage) den Nachbarort Kinzbach, der somit ausgestorben war.

Der jetzige Flügel des Schlosses wurde noch vor 1650 neu errichtet. Die Reste des Wehrturmes gehören zum ältesten Teil des Schlosses. Nach dem 30-jährigen Krieg, im Jahr 1550, verkauften die Herren von Kottwitz ihren Schlossanteil an die Fechenbacher, die nun alleiniger Schlossbesitzer waren. Fluranteile und zum Umfeld des Schlosses gehörige Gebäude behielten die Kottwitz.

Als die Fechenbacher Grundherren um 1800 den Sommerauer Wald, in dem sie nur die Jagd- und Streurechte hatten, in Besitz nehmen wollten, entstand um den Wald ein Streit, der wegen der Reichsunmittelbarkeit nur vor dem Reichskammergericht in Wien entschieden werden konnte. Der damalige Bürgermeister Johann Georg Fuchs und Joseph Pfeifer reisten zweimal nach Wien, ehe zu Gunsten der Gemeinde entschieden wurde. (Warum die beiden nach Wien reisen mussten ist noch unklar. Das Reichskammergericht, das auch für das Kurfürstentum Mainz zuständig war, hatte von 1689 bis 1806 seinen Sitz in Wetzlar. Aber möglicherweise nicht während der ganzen Zeit?)

Während der Märzrevolution 1848, mit dem Ziel einer demokratischen Verfassung, wurde der damalige Sommerauer Lehrer Johann Adam Klug (1800-1867), Großvater des bekannten Hochschulprofessors Dr. Ignaz Klug (1877-1927), von den aufrührerischen Bauern im Gemeindezimmer eingesperrt und mußte die Forderungen der Sommerauer Bauern niederschreiben. Die Schulkinder hatten schulfrei, bekamen jedes einen Weck, damit sie eifrig "Freiheit – Gleichheit - Brüderlichkeit" rufen sollten.


Lehrer Johann Adam Klug mit Tochter Clara und Sohn Adam Konstantin, der später Lehrer in Keilberg war. (Histrorische Aufnahme)


Im Jahr 1848 starb der letzte männliche Nachkomme der Fechenbacher in Sommerau, und das Schloss ging in Besitz der des Hauses von Aufseß in Laudenbach über.

Die Gemeinde Sommerau hatte nach der Volkszählung 1871 448 Einwohner (davon waren 19 jüdische Mitbürger entspricht 4,2 %), die sich fast ausschließlich mit Ackerbau und Viehzucht beschäftigten. Im Jahr 1933 waren es 430 Einwohner, davon waren sieben jüdische Mitbürger. 1938 hatte Sommerau noch zwei jüdische Einwohner, Gustav und Flora Wolf, die beim Novemberpogrom 1938 verhaftet wurden. Am 17.05.1939 war kein jüdischer Einwohner mehr am Ort. Von 1884 bis zu seiner Auswanderung (im 75. Lebensjahr) 1937 nach Palästina wirkte in der Israelitischen Kultusgemeinde Eschau-Sommerau als Lehrer, Vorbeter und Schochet Leopold Lehmann. Es sind auch einige Namen (von Eschauer und Sommerauer Bürgern) mündlich überliefert, die beim Novemberpogrom 1938 und schon vorher aktiv den jüdischen Bürgern nachgestellt haben.

Im 1. Weltkrieg verloren 15 Sommerauer Bürger im Kampfgeschehen ihr Leben, darunter auch zwei jüdische Mitbürger. Ihre Namen sind auf dem Kriegerdenkmal auf dem Friedhof in Sommerau verzeichnet: Hugo Rothschild, geb. am 16.4.1888 in Frankfurt/Main, verwundet 14.11.1914 bei Ypern, gest. 27.12.1914 im Reservelazarett 3 in Frankfurt am Main. Hugo war beim 4. Lothringischen Infanterie-Regiment Nr. 136, III. Bataillon, 11. Kompanie (Quelle: Verlustliste 1. WK) und Adolf Strauß, geb. am 3.10.1884 in Sommerau, gest./gef. 1.11.1914 bei Ypern. 

In den Jahren der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wurden auch jüdische Mitbürger zunächst nach Aschaffenburg gebracht und dann deportiert bzw. waren vorher schon verzogen. Ihre Namen waren: Gustav Wolf, geb. 18.10.1879 in Sommerau und seine Frau Flora geborene Reis, geb. 09.08.1886 in Pflaumheim. Beide starben 1940/41 im Konzentrationlager Ausschwitz. Die folgenden Personen kann ich in Sommerau nicht zuordnen, vielleicht handelt es sich hier um ein anderes Sommerau: Rosa Abraham geborene Lichtenstein, geb. 16.11.1894 in Sommerau, Transport von Berlin nach Riga am 15.08.1942 und dort gestorben. Lewin Paula geborene Mendelsohn, geb. 03.09.1868 in Sommerau, Transport von Berlin nach Theresienstadt am 04.06.1942, dort gestorben am 22.02.1943. (Die Quelle über die jüdischen Mitbürger ist das Internet-Archiv Yad Vashem, Jerusalem)

Der 2. Weltkrieg, der auch Sommerauer Kriegsteilnehmern das Leben kostete (10 Gefallene und 10 Vermisste), ging mit dem Einmarsch der amerikanischen Truppen am Karfreitag, den 30.3.1945 zu Ende. Die nach kurzer oder längerer Gefangenschaft zurückgekehrten Kriegsteilnehmer hatten zum Teil durch schwere Verwundungen und Entbehrungen lebenslang zu leiden.

Im Jahr 1953 verkaufte die Baronin von Aufseß das Wasserschloss Sommerau an den Frankfurter Industriellen Kamphausen, der es 1973 an die Familie Rediess verkaufte und diese 1995 an die Alte Leipziger Versicherung.

Bis nach dem 2. Weltkrieg wohnte der Arzt Dr. Josef Drescher im Schloss und hatte dort auch seine Praxis.

Schloß Sommerau - Brücke zum Schloß
Torbogen und Brücke zum Sommerauer Schloss.
(Aufnahme 2008)


Das Schloss in unserer Zeit

Ende 2004 ist der Architekt Wilfried Stendel der neue Schlossherr. Er fand das Hauptgebäude völlig entkernt vor, wobei manches bauhistorische Detail verloren ging.

Im Mainecho vom 10.5.2007 steht (Auszugsweise) folgendes:

Renaissance eines Mauerblümchens. In der Triade der Wasserschlösser im Elsavatal ist es neben Mespelbrunn und Oberaulenbach das Mauerblümchen: Das Schloss Sommerau. Unscheinbar hinter dichten Bäumen und Hecken verborgen, nimmt kaum ein Reisender Notiz von dem alten Gemäuer. Das könnte sich bald ändern, denn vor einigen Wochen hat der Eigentümer mit aufwendigen Sanierungsarbeiten begonnen.Bausubstanz erforscht Anderthalb Jahre lang hat Stendel im Vorfeld der Sanierung den Baugrund und die Bausubstanz erforscht und kann mit einer Legende aufräumen: Die erste Burganlage, deren Gründung der Heimathistoriker Wolfgang Hartmann aus Mömlingen entgegen landläufiger Überlieferung eher im 13. als im 12. Jahrhundert ansetzt, war nicht etwa auf Eichenbohlen in der Elsavaniederung gegründet worden, sondern steht auf einer künstlichen Aufschüttung. Teile der Aussenmauern stammen noch aus dieser frühgotischen Zeit, erkennbar an den Buckelquadern. Anhand von Jahresringchronologie an Deckenbalken, Dachstuhl und Rüstholzern ließen sich die urkundlichen Nachrichten über Um- und Neubauten nach der Zerstörung im Bauernkrieg im Jahr 1543 (Treppenturm) ebenso bestätigen wie die Bauzeit des allein noch intakten Nordwestflügels im Jahr 1613. Da der schlichte Renaissancebau in seiner Substanz bedroht ist, sieht Stendel dringenden Handlungsbedarf.

In den letzten Jahrzehnten wandelte sich das Gesicht von Sommerau gewaltig. Die Bevölkerung hat sich nach dem 2. Weltkrieg in den 1980er Jahren (ca. 800 Einw.) nahe zu verdoppelt, denn viele Flüchtlinge und Heimatvertriebene fanden nach dem Krieg in Sommerau ein neues Zuhause. Im Jahr 1959 konnte ein modernes neues Schulhaus eingeweiht werden. Ende der 1950er bis Anfang der 1960er Jahre wurde durch eine Flurbereinigung die Folgen der Realteilungen beseitigt. Heute, am Anfang der 2000er Jahre, hat der Eschauer Ortsteil Sommerau etwa 950 Einwohner.


Ein schmuckes und sehenswertes bäuerliches Anwesen in Sommerau.
(Aufnahme 2009) 


Landwirtschaft um 1940 in Sommerau (Kirchgrund)
Auf dem Kartoffelacker im Kirchgrund. (Aufnahme um 1940)



Historische Aufnahme aus dem Spessart.

Der Strukturwandel in Stadt und Land machte auch vor Sommerau nicht halt. Aus der ursprünglich reinen Bauerngemeinde (ca. 300 Hektar Nutzfläche) wurde ein Ort mit moderner Infrastruktur, mit bodenständiger Industrie (Kleiderfabriken, Elektrogeräte) und Handwerksbetrieben (Bäcker, Metzger, Kolonialwaren, Schlosserei und Haushaltswaren, Schmied, Wagner, Schreiner, Küfer, Baugeschäft, Heimschneider, Schuhmacher mit Schuhhandel, Elektiker, Gärtnerei-Floristik). Die Glanzstoffwerke Obernburg (auf den Gemarkungen Erlenbach und Elsenfeld), die seit 19. März 1924 Kunstseide produzierte, war mit der im Jahr 1910 in Betrieb gegangenen Elsava-Eisenbahn gut zu erreichen und bot vielen Sommerauern einen guten Broterwerb.

Im Jahr 2000 gab es in Sommerau keine Kleiderfabriken, Heimschneider und Schuhmacher mehr, der allgemeine Niedergang der Bekleidungsindustrie in unserer Region zeigte hier seine Auswirkungen. Nur noch wenige Bauern bewirtschaften die Felder. Die beiden Getreidemühlen Hesselsmühle und Geißheckenmühle (eigentlich Neumühle) stellten ihren Betrieb ein, lediglich der Sägebetrieb der Geisheckenmühle wird noch in kleinem Umfang betrieben. Auch Schmied, Wagner und Küfer existieren nicht mehr. Aus der Schlosserei und dem Haushaltswarengeschäft wurde ein Fahrradgeschäft. Ein Lebensmittelgeschäft gibt es noch, Bäckerei und Metzgerei bestehen nur noch als Filialen. Auch das Schulhaus wurde überflüssig, die Kinder aller Ortsteile besuchen die erweiterte Valentin-Pfeifer-Volksschule in Eschau. Das Schulhaus, dem bei einem größeren Umbau ein Gemeinschaftsraum angefügt wurde, dient den Vereinen für ihre Veranstaltungen und Zusammenkünfte. In unmittelbarer Nachbarschaft des Gemeinschaftshauses hat die Feuerwehr ihre Einrichtungen und auch der Kindergarten mit Pfarrsaal haben hier einen zentralen Platz. Sommerau hat noch eine Allgemeinarzt- und eine Zahnarztpraxis.


Die Geisheckenmühle ist heute ein gemütliches Gasthaus mit gutbürgerlicher Küche.
(Aufnahme 2008)



Das alte Sägegatter der Geißheckenmühle.
(Aufnahme 2009)



Gastwirt und Schneid-Müller Christoph Pfeifer am neu aufgebauten Mühlrad.
(Foto Homepage Geisheckenmühle)


Die Sommerauer Vereine

In Sommerau gibt es folgende Vereine: Freiwillige Feuerwehr (gegründet 1895), Turn- und Sportverein 1919 e. V. Sommerau, Brieftaubenverein "Heimattreue", Kindergartenverein St. Laurentiusverein e. V., Wanderverein "Elsava 1967" Sommerau, die Kolpingfamilie Pfarrei Sommerau der Bläserchor Sommerau e. V., sowie die Rotkreuzgruppe Eschau, die ihre Räume im Gemeinschaftshaus haben. Die Veranstaltungstermine werden vom Vereinsring Sommerau (gegründet 1975) koordiniert. Bei größeren Veranstaltungen (z.B. bei Festen) unterstützen sich die Vereine gegenseitig.
Bis in die 1950er Jahre gab es in Sommerau einen Obstbau-Verein. Ein Kriegerverein löste sich vermutlich in den 1930er Jahren auf. Für einige Jahre gab gab es in Sommerau einen Reiterverein, der sich aber nach dem Verkauf des Schlosses an die Alte Leipziger Gruppe 1985, wieder auflöste. Denn die Stallungen und die Reithalle auf dem Schlossgelände mussten wieder entfermt werden.

Zugehörigkeit von Sommerau

Bis zum Reichsdeputationshauptschluss im Jahre 1803 gehörte Sommerau zum Mainzer Kurfürstentum, anschließend zum neu gegründeten Fürstentum Aschaffenburg, welches 1810 im Großherzogtum Frankfurt aufging. Im Jahr 1814 kam Sommerau zum Freistaat Bayern (damals Königreich Bayern) und liegt im Regierungsbezirk Unterfranken. Infolge einer neuen Gerichtsorganisation wurde Sommerau einschließlich Oberaulenbach ab 1. Juli 1862 dem kgl. Bezirksamt Obernburg zugeteilt. Bis zum 1. Juli 1972 gehörte Sommerau zum Landkreis Obernburg und anschließend im Rahmen der Gebietsreform zum Landkreis Miltenberg, in dem der Landkreis Obernburg aufging. Am 1. Mai 1978 verlor Sommerau seine Selbständigkeit und wurde in die Nachbargemeinde Eschau eingemeindet.

Die Lehensträger von Sommerau

Geschichte der Freiherren von Fechenbach / Freiherren von Aufseß.

Die Familie der Freiherren von Fechenbach war von 1315 bis zum Erlöschen im Mannesstamm 1907 mit dem Tod von Karl Konstantin von Fechenbach in Laudenbach (Landkreis Miltenberg) ansässig. Ein zweiter Sitz war Sommerau. Die katholische Familie gehörte der Reichsritterschaft des fränkischen Ritterkantons Odenwald an.

Die erstmalige urkundliche Erwähnung der Familie stammt aus dem Jahr 1214 (namentlich genannt, ein Offo von Vechimbach) und betraf Güter südlich des Mainvierecks . Dass sie aus Fechenbach (heute Collenberg am Main) stammt, ist naheliegend, aber nicht nachzuweisen. 1315 kaufte sie das Dorf Laudenbach, das zunächst von den Grafen von Rieneck, nach deren Erlöschen (1559) von Kurmainz und zuletzt vom Königreich Bayern zu Lehen ging.

Im Jahr 1522 wurden die Fechenbacher von Kaiser Karl V. in Reichsfreiherrenstand erhoben.

Von 1632 (1665 ?) bis 1848 gab es eine Laudenbacher-Linie und eine Sommerauer-Linie, die im Wasserschloss Sommerau ansässig war. 1848 erlosch die Linie Sommerau im Mannesstamm und die Laudenbacher-Linie übernahm den Sommerauer Besitz. Nachdem Freifrau Berta von Fechenbach im Jahr 1917 gestorben war, wechselte das Schloß und die Güter in den Besitz des Freiherrn von Aufseß in Laudenbach, er hatte eine Großnichte der Berta von Fechenbach geheiratet.

Johann Reichard von Fechenbach (1657–1717) war Anfang des 18. Jahrhunderts kaiserlicher und würzburgischer Generalfeldmarschall-Leutnant in den Türkenkriegen unter Prinz Eugen.

Johann Philipp (1660–1730) war ebenfalls Militär: kurmainzischer Generalfeldzeugmeister und Kommandant der Festung Mainz.

Der würzburgische Reichstagsgesandte und Domkapitular Johann Philipp von Fechenbach, Titularbischof von Tenera (1708–1779) trug über 100 Bände "Reichsakten" zusammen, die sich heute im Familienarchiv im Staatsarchiv Würzburg befinden.

Bekanntester Namensträger war der letzte Fürstbischof von Würzburg Georg Karl von Fechenbach (1749–1808), ab 1805 auch Bischof vom Bamberg.

Sein Bruder Lothar Franz (gest. 1837) war ebenfalls Geistlicher: Chorbischof von St. Mauritius in Tholey, Obereinnahme- und Hofkriegsratspräsident in Bamberg.

Von deren Bruder Joseph Franz (1761–1830) stammen die beiden letzten Besitzer Laudenbachs aus dem Hause Fechenbach ab: Friedrich Karl Joseph von Fechenbach (1790–1850), Gerichtsherr zu Laudenbach, Sommerau und Roßhof (bei Großheubach), der erster Ehrenbürger von Aschaffenburg war, und
Karl Konstantin vom Fechenbach (1836–1907), der sich als sozialpolitischer Publizist einen Namen machte. Er brachte den Teil, der ihm bei der Teilung mit seinem Bruder Hugo 1860 zugefallen war, 1875 in einen Fideikommiss ein, widerrief diesen jedoch später und hinterließ alles seiner Witwe Bertha geborene von Thüngen, die das Freifräulein Mechthild von Pappus (später verheiratet mit Hugo von Aufseß) zur Universalerbin einsetzte. Sie setzte sich in einem erbitterten Rechtsstreit gegen die Fechenbach zu Dieburg durch.

Bis 1848 übten die Freiherren von Fechenbach in den ehemaligen Ritterorten Laudenbach und Sommerau die patrimoniale Gerichtsbarkeit aus.

Information zu den Fechenbachern in Laudenbach

Urkundlich wird das Dorf 1248 im sogenannten Koppelfutterverzeichnis als "Luthinbach" erwähnt. Bis 1315 gehörte Laudenbach den Grafen von Rieneck. Nach dem Aussterben des Rienecker Grafengeschlechtes 1559 trugen die Fechenbacher ihr Dorf Laudenbach dem Erzbischof von Mainz als Lehen auf. Das Dorf gehörte ohnehin zum Hochgerichtsbezirk. Nach mehrmaligem Wechsel während der napoleonischen Zeit landete man 1817 beim Königreich Bayern.

An der Südseite des Dorfes, nahe der Straße, liegt das Barockschloss, das die Witwe des Generalfeldmarschall-Leutnants Reichart von Fechenbach, Josepha Maria Elisabeth, zwischen 1717 und 1747 erbauen ließ. Mit dem Tode der Baronesse Karoline Gabriele starb 1951 das alte Geschlecht. Bis vor einigen Jahren war das Schlossanwesen im Besitz der Freiin Dr. Hertha von und zu Aufseß und ging dann in den Besitz derer von Löwenstein über.

Das Familienwappen zeigt im silbernen Feld ein schwarzes, von außen gekraustes Büffelhorn ohne Mündung, das unten in Form eines aufwärtsstehenden Kleeblatts endet. Helmzier: zwei solche Büffelhörner, von Silber und Schwarz mit wechselnden Farben quergeteilt. Helmdecken: schwarz und silbern.

(Das hier genannte gekrauste Büffelhorn wird in Sommerau häufig als Lindwurm gedeutet.)


Geschichte der Kottwitz von Aulenbach / Freiherren von Mairhofen.

Das Schloss in Oberaulenbach war ursprünglich eine Spessarter Forsthube. Das war im Mittelalter ein Stützpunkt der Forstaufsicht und der Jagdorganisation, von der Mainzer Landesherrschaft verliehen an adlige Verwaltungsbeamte.


Wasserschloss in Oberaulenbach. (Aufnahmen 2009)


1378 wird ein Fritz von Pfeil von Aulenbach urkundlich genannt. Seit 1420 erscheinen die Stang von Zellingen, genannt Kottwitz mit dem Zunamen "von Aulenbach". Demnach ist das Geschlecht im frühen 15. Jahrhundert in den Besitz des Schlosses Oberaulenbach gekommen, das es bis zu seinem Aussterben 1699 innehatte. 1693 verkaufte Georg Phillipp Kottwitz von Aulenbach, der Vater des letzten Sprosses des Geschlechts, das Schloß mit allen Besitzungen - auch die verbliebenen Besitzungen in Sommerau - an den kurmainzischen Amtmann von Klingenberg: August Max Freiherrn von Mairhofen. Seitdem ist das Schloss Oberaulenbach im Besitz der Herren von Mairhofen. Augustin Maximilian Freiherr von Mairhofen war auch kurfürstlich Mainzischer Geheimer Rat und Kanzler und wurde 1696 in den erblichen Reichsfreiherrnstand erhoben. Die Position des Amtmannes von Klingenberg bekleidete nach August Maximilian sein Sohn Franz Wilhelm und danach sein Enkel Franz Lothar. Der Kern des Schlosses - der Mittelbau - wurde in spätgotischer Zeit aufgeführt, vermutlich im frühen 15. Jahrhundert, beim Übergang an das Geschlecht Kottwitz. Die Querflügel, der Kapellenanbau und der Treppenturm wurden 1579 bzw. 1589 angebaut. Die einfachen Wirtschaftsgebäude wurden 1755 neu errichtet. Im Jahr 1912 erfolgte eine Restauration. Das Schloss ist noch heute von der Familie bewohnt. Das im Aulenbachtal gelegene Schloß läßt sich bzgl. der Bauten also in zwei Teile trennen. An den älteren Wohnbau südwestlich, der von einem Wassergraben umgeben ist, schließen sich im Osten die Ökonomiebauten, ein Forsthaus und ein Verwalterhaus an. Sie umschließen einen viereckigen Innenhof. Das Wohnhaus südlich wird durch einen Schlossgraben umgeben, über den eine gemauerte Brücke führt, sie trägt die Jahreszahl 1788. Im Innenhof steht eine überlebensgroße Sandsteinfigur "St. Maria Immakulata". Gemäß Inschrift wurde sie von Lothar von Mairhofen 1756 errichtet.

Politisch gehörte Oberaulenbach bis 1837 zur Gemeinde Hobbach, dann zu Sommerau. Die alte Kirche in Hobbach wurde zur Zeit des 7-jährigen Krieges von 1757–1759 auf Veranlassung des Franz Lothar von Mairhofen gebaut, das Wappen über dem Eingangsportal der alten Kirche erinnert noch an diese ehemalige Zusammengehörigkeit.


Alte Kirche in Hobbach "St. Johannes der Täufer".
Historische Aufnahme.


Filialkirche der Pfarrei Sommerau.  250-jähriges Jubiläum im Jahr 2009!

Am 13. Mai 1837 stellte Franz Freiherr zu Mairhofen bei der Regierung den Antrag, das Schloss mit seinen Besitzungen vom Landgericht Obernburg abzutrennen und dem Klingenberger Landgericht anzuschließen. Seit dieser Zeit ist Oberaulenbach politisch mit der Gemeinde Sommerau verbunden. Mit Lothar Freiherr von Mairhofen (1891-1985) ist die Linie Oberaulenbach im Mannesstamm ausgestorben.

Die Grablege der Mairhofen ist bis heute auf dem Friedhof in Hobbach.


Pfarrei Sommerau

Sommerau gehörte ursprünglich zur Pfarrei Kleinwallstadt.

Im Jahr1330 gründeten die Herren von Fechenbach in Sommerau eine eigene Pfarrei, zu der die Fialialen Eichelsbach und Kinzbach (das vermutlich bereits im 16. Jh. ausstarb), und Hobbach gehörten. Im Jahr 1379 wird Sommerau fest als Pfarrsitz genannt. Um 1620 gehörten Eichelsbach, Hobbach, Wintersbach und Krausenbach zu Sommerau; die beiden letzteren bis 1728. Ab dem Jahr 1691 gab es wieder einen eigenen Pfarrer in Sommerau, während die übrigen Pfarrer während und nach dem 30-jährigen Krieg zugleich Pfarrer von Mönchberg waren und dort wohnten (wohl Aufgrund der durch die Pest ausgedünnten Bevölkerung). Durch die Circumskriptionsbulle von 1818 wurden die bayrischen Pfarreien des ehemaligen mainzischen Erzstiftes (Erzdiözese Mainz) der Diözese Würzburg einverleibt. Bei der Gebietsreform wurde Eichelsbach nach Elsenfeld eingemeindet. Wenig später wurde die Pfarrgemeinde Eichelbach, unter Pfarrer Otto Halk, von der Pfarrei Sommerau abgelöst und Filiale der Pfarrei Elsenfeld. Heute umfasst die Pfarrei Sommerau noch die Filialgemeinde Hobbach. Auch die Wildenseer Katholiken, die früher von der Pfarrei Altenbuch betreut wurden, gehören heute zur Pfarrei Sommerau.

Einige Pfarrer der neueren Zeit in der Pfarrei Sommerau: Eduard Wolz (1866-1898), Ernst Ankenbrand (1898-1902), Nikolaus Schnall 1902-1920), Raphael Hahn (1920-1924), Sekundus Scheller (1924-1944), Oskar Röll (1945-1948), Joseph Ball (1948-1956), Peter Seubert (1956-1975, Otto Halk (1975-1977 Pfarrverweser); seit 1977.

Alte Pfarrkirche St. Laurentius

Die erste Kirche von Sommerau war ursprünglich die Privatkapelle der Freiherren von Fechenbach und gehörte zum Schloss.


Alte Kirche von Sommerau.
(Aufnahme 2008)



Ein Foto, nach dem ich lange gesucht habe. Es dokumentiert den früheren Treppenaufgang zur Alten Kirche St. Laurentius, der auch der Zugang zum Friedhof gewesen ist.
(Historisches Foto um 1935)



Grabplatte der EDEL UND TUGENTHAFTIG FRAW KUNGUN VON FECHENBACH +1550 -
(Aufnahme 2009)



Grabplatte des ERNUEST PHILBS JEOERG VON FECHENBACH +1572 -
(Aufnahme 2009)

Die Ursprünge der alten Kirche datieren in das 14. Jahrhundert. Erweiterungen erfolgten im 15./16. Jahrhundert. Der Gotik des späten 14. Jahrhundert entstammen der Kern des Langhauses. Aus der Zeit um 1500 stammen der gerade, mit Kreuzrippengewölbe versehene Chor. Das gotische Spitzbogenfenster im Chorhaupt mit Maßwerk ist zugemauert, aber von außen zu sehen. Im Jahr 1733 wurde die Kirche umgestaltet (Jahrzahl an einem Süd- Fenster des Langhauses). Um 1900 erfolgten vermutlich nochmals Renovierungsmaßnahmen mit finanzieller Unterstützung von Valentin Pfeifer II (1837-1909), Besitzer einer Zuckerfabrik in Köln (siehe Pfeifer-Chronik, Köln). Dessen Großvater Valentin Pfeifer I (1763-1840) war in Sommerau geboren (heute Elsavastrasse 187) und nach Amsterdam ausgewandert (siehe neue Pfarrkirche). In den folgenden Jahren (von 1902-1906) befasste man sich mit dem Gedanken, die alte Kirche zu erweitern, was jedoch zu Gunsten eines Neubaues 1910 aufgegeben wurde.

Mit dem Bau der neuen Kirche verlor die alte Kirche ihre sakrale Funktion. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde sie zunächst als Marienkapelle genutzt, dann als Turnraum. Am Anfang der zweiten Hälfte der 1950er Jahre wurde die Kirche zum Jugendheim und Veranstaltungsraum für die Ortsvereine umfunktioniert. Seit dem Umbau des Schulhauses mit der Einrichtung eines Dorfgemeinschaftshauses im Jahr 1999 verkommt das ehemalige Gotteshaus zur Ruine. Eine ernsthafte Bestandsicherung wurde bisher nicht vorgenommen.

Die alten Grabsteine/-platten der Fechenbacher, die in den Aussenwänden des Langhauses und im Innenbereich des Chorraumes eingelassen waren, wurden entfernt und an der Nord-Ost - Aussenwand und an der Sakristei der neuen Kirche angebracht.

Neue und alte Pfarrkirche
(Aufnahme 2008)


Neue Pfarrkirche St. Laurentius "Spessartdom"

Im Jahr 1910 begannen unter Pfarrer Nikolaus Schnall die Planungen für ein neues Gotteshaus, dessen Verwirklichung durch Spenden von Valentin Pfeifer II, wohnhaft in Köln (1837-1909) und drei seiner Geschwister beschleunigt wurde.

Valentin Pfeifer (1837-1909), Commerzienrat, Zuckerfabrikant, Großaktionär der Deutz AG. - Nach dem Bau einer eigenen Raffinerie in Elsdorf stand Pfeifer & Langen 1880 an der Spitze aller westdeutschen Zuckerfabriken, ausgestattet mit modernster Technik und international als Musteranstalt gerühmt. (Quelle: Klara van Eyll in Deutsche Biographie)

Emil Pfeifer (*1806 in Amsterdam - +1889 in Mehlem/Rheinland), Zuckerfabrikant. - 1872 beteiligte sich Emil Pfeifer mit seinem Sohn Valentin und Eugen Langen maßgeblich an der Gründung der „Gasmotorenfabrik Deutz AG", deren Aufsichtsratsvorsitzender er bis 1889 war. Dem Verwaltungsrat des Siegrhein. Bergbau- und Hüttenaktienvereins gehörte Emil seit 1865 an. 1868-77 war er liberaler Abgeordneter im Kölner Stadtrat, 1856-77 gehörte er dem Vorstand des Kölner Gewerbevereins an. 1884 errichtete Emil Pfeifer die „Stiftung Pfeifer" zugunsten des Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds. Die Durchsetzung der Rübenzuckerfabrikation im Westen Preußens ist sein entscheidendes Verdienst. (Quelle: Klara van Eyll in Deutsche Biographie)

Die Chronik der Pfeifer-Linie in Köln gibt folgenden Einblick:

"Am 14.2.1907 erschien eine Abordnung aus Sommerau, dem "Stammsitz" der Pfeifers. Bürgermeister Friess und "Bürger" Gustav Pfeifer überreichten Valentin Pfeifer das Diplom als Ehrenbürger von Sommerau, "in dankbarer Anerkennung seiner hochherzigen Spenden zum hiesigen Kirchenbau". Valentin Pfeifer freute sich sehr über diese Auszeichnung. Er hatte in der Vergangenheit mehrfach gespendet für das "armselige Kirchlein", wie Kaplan Kolb 1902 sich ausdrückte. Am 12.6.1902 hieß es von dort: "Durch Ihre Mildtätigkeit wurde die Inangriffnahme der Kirchenrestauration bedeutend beschleunigt und hoffen wir, daß die Einweihung des neuen Gotteshauses im nächsten Jahr erfolgen kann ... Wenn auch schon einige Bürger von hier ein Scherflein versprochen haben, so wirkte doch Ihre große Gabe beschämend und anziehend auf alle, die den Neubau der Kirche herbeisehnen."

Dennoch mußte Valentin Pfeifer vier Jahre später schreiben: "Der jämmerliche Zustand der dortigen Kirche ist mir durch Augenschein bekannt. In Aussicht stelle ich eine weitere Spende von 10.000 Mark zum Kirchenbau, wünsche aber vorher einige Fragen beantwortet. Den Briefwechsel übernimmt meine Frau, die katholisch getauft ist; ich bin es nicht."

Das Engagement ging so weit, daß Hedwig Pfeifer am 6.11.1906 Maße für eine billiger zu bauende Dorfkirche (15,34m x 9,50 m, 180 Plätze) zum Preise von ca. 52.500 Mark angab und das Bild eines solcherart ausgeführten Baues mitübersandte. Es handelte sich um die Kirche von Ödingen
(Anm.: heute Stadtteil von Remagen), für die ein dem Hause Pfeifer bekannter Architekt – J. Stumpf in Bonn – verantwortlich zeichnete. Darauf hin konnte der neue Pfarrer Schnall in Sommerau doch detaillierte Baupläne beschreiben und ein Bild mitschicken: Kosten 65.000 Mark.

Hedwig Pfeifer war weiter tätig. Am 11.11.1906 schrieb sie detailliert nach Sommerau: "In Folge Ihres Briefes vom 25. Oktober werden Sie zum Kirchenbau erhalten: von meiner Schwägerin Marie Hoesch geb. Pfeifer in Godesberg 1.000, von meinem Mann Valentin Pfeifer 10.000, von meinem Schwager Eugen Pfeifer, Annaberg, 1500, von meiner Schwägerin von Gescher geb. Pfeifer 1.000 Mark, Summa 13.500 Mark. Obige sind Kinder von Emil Pfeifer, dieser war Sohn von Valentin Pfeifer, der in Sommerau geboren. Zum Andenken an diesen unseren Großvater sind die Schenkungen.

Sie, Herr Pastor, haben bereits gesammelt    20.410,74 Mark

Beitrag der Gemeinde und Bauholz               10.000,00 Mark

Dazu Obige                                             13.500,00 Mark

(ergibt)                                                 43.910,74 Mark,

womit Sie eine hübsche Kirche bauen können."

Der Kirchenbau wurde für 1907/08 endgültig geplant, nebst Gedenkstein in der Kirche für die Wohltäter. Pfarrer Schnall bemerkte: "Wahrlich, es gibt noch gute, edle Menschen, die für gute Zwecke begeistert sind. Dem lieben Gott ein schönes, würdiges Haus bauen zu helfen und dabei noch der Pietät gegen Vater und Großvater Rechnung tragend, das sind zwei Momente, die Gottes Segen nicht bloß sichern, sondern mehren." Daß noch weitere Spenden aus der Familie, wie oben zu sehen, dazukamen, lag an einer Rundfrage, die Hedwig Pfeifer offenbar in der Familie gehalten hatte. Dies läßt sich auch aus einem Antwortbrief von Otto von Brentano di Tremezzo in Offenbach vom 9.11.1906 entnehmen."

[Ergänzung von Josef Siegler (4/2007): Der o. g. Bürgermeister hieß Vinzenz Frieß (1862-1938).]

[Auf meine Anfrage (11/2008) bei Manfred Pfeifer, Elsdorf bei Köln, konnte auch der Vorname der Halbschwester von Valentin, Johanna verh. von Gescher geklärt werden. Auch Eugen stammt aus der zweiten Ehe und ist ein Halbbruder zu Valentin.]

Der Neubau verzögerte sich erheblich, da man sich in der Standortfrage zunächst nicht einigen konnte. Der Bau wurde 1910 von der Kirchenverwaltung unter Pfarrer Nikolaus Schnall beschlossen und 1911 von Architekt Ludwig Becker aus Mainz geplant. Der Kostenvoranschlag belief sich auf 82000 Mark. Wie die Kirche abgerechnet wurde ist mir nicht bekannt. Von der Kirche existieren keine Pläne und Unterlagen, da sie im Krieg verloren gegangen sein sollen (Quelle: Gertraud Speth).

Der Baubeginn (Erdarbeiten) war dann im Frühjahr 1912. Im Frühjahr 1913 wurde unter Maurermeister August Schnatz aus Obernburg mit den Maurerarbeiten begonnen. Während des 1. Weltkrieges (von August 1914) wurde der Bau eingestellt und erst Anfang der 1920er Jahre fertiggestellt. Am 6. Mai 1923 konnte das neue Gotteshaus, das in neugotischem Stil erbaut wurde, vom Bamberger Weihbischof Dr. Adam Senger (1860–1935) eingeweiht werden. Pfarrer in Sommerau war Raphael Hahn. Im Volksmund erhielt die Kirche den Namen "Dom im Spessart".



Alte Schule - Pfarrkirche St. Laurentius "Spessartdom"
(Aufnahmen 2009)

Im Protokollbuch der Kirchenverwaltung Sommerau finden sich Aufzeichnungen über die Hilfeleistungen der Kirchenmitglieder. Diese stellten eine große Herausforderung dar, denn die Steine mussten, zum grossen Teil, aus Dorfprozelten über den Berg mit Pferdefuhrwerken herbeigeschafft werden. So heisst es im Protokollbucheintrag vom 8. Oktober 1912: "Auf dem Weg der Hand- und Spanndienste sollen die zum Kirchenbau der hiesigen Pfarrkirche laut Kostenvoranschlag notwendigen 1950 cbm Mauersteine zur Baustelle gefahren werden. Jeder katholische Fuhrwerksbesitzer in Sommerau soll je 30 Fuhren und jeder katholische Fuhrwerksbesitzer in den beiden Filialgemeinden Hobbach und Eichelsbach soll je 10 Fuhren Mauersteine herbeischaffen. Und jeder katholische Familienvorstand ohne Gespann soll zu seinen Verhältnissen entsprechenden kleinen Handleistungen herangezogen werden."

Im Internet-Lexikon Wikipedia findet sich in Mainz ein bedeutender Kirchenarchitekt mit Namen Ludwig Becker (1855-1940). In Mainz war er ab 1884 Kirchenbaumeister und von 1909 bis 1940 Dombaumeister. Er befasste sich mit über 300 Kirchen, die er restaurierte, umbaute oder neu errichtete. Er ist auch der Architekt der Sommerauer Kirche.

1952 wurden 4 neue Glocken von der Erdinger Firma Czudnochowsky für 20.000 DM installiert.

Im Jahr 1938/39 wurde eine neue Orgel von der Firma Wilhelm Bader aus Hardheim in Baden eingebaut. Die alte Schlimbach-Orgel von 1853 wurde nach Mespelbrunn verkauft.

Die prächtigen Kirchenfenster sowie die Rosette stammen aus der Mainzer Werkstatt Bernhard Kraus.

Der Hauptaltar (mit Fechenbacher Wappen) und die Seitenaltäre in barockem Stil (um 1733) sowie die Heiligenfiguren als auch der Taufstein mit dem Fechenbacher Wappen aus dem Jahr 1669 stammen aus der alten Kirche. Die Kommunionbank, die in den 1970er Jahren entfernt wurde, ist 1980 teilweise wieder eingebaut worden. Nach der neuerlichen Renovierung 2013, wurde die sie wieder entfernt. 4 Einzelteile dienen als Ständer für Opferlichte. Sie wurde vermutlich in den Werkstätten der damaligen Schnitzschule im Neuhammer gefertigt, ebenso der Beichtstuhl und die Kirchenbänke.

Bedingt durch die Veränderungen in der Liturgie durch das 2. Vatikanische Konzil (1962-1965) wurde der Chorraum wesentlich umgestaltet.

Quellen: Gertraud Speth - Baudenkmäler in Eschau - Sommerau - Oberaulenbach - Hobbach, 1976 //Karl Appel - Eschauer Heimatbuch, 1985


Sommerauer Persönlichkeiten

Joseph Pfeifer (1776-1856), war eine Persönlichkeit, die weit über die Ortsgrenzen hinaus bekannt war. Er war zur Zeit des Großherzogtums Frankfurt zu dem auch Sommerau gehörte, im Jahr 1810, Delegierter zur Wahl der Ständevertreter. Um das Jahr 1800 als die Fechenbacher Grundherren den Sommerauer Wald, in dem sie nur die Jagd- und Streurechte hatten, in Besitz nehmen wollten, entstand um den Wald ein Streit, der wegen der Reichsunmittelbarkeit nur vor dem Reichskammergericht in Wien entschieden werden konnte. Der damalige Sommerauer Bürgermeister Johann Georg Fuchs und Joseph Pfeifer reisten zweimal nach Wien, ehe zu Gunsten der Gemeinde entschieden wurde. Joseph Pfeifer war offenbar sehr vermögend, sowohl der Markt Eschau als auch die Marktgemeide Erlenbach versorgten sich bei ihm mit Kapitalien.

Ehrenbürger Valentin Pfeifer (1837-1909), Besitzer einer Zuckerfabrik und Großaktionär der Deutz AG, wohnhaft in Köln, förderte im Jahr 1906, mit einer Spende in Höhe von 10.000 Mark, den Bau der neuen Sommerauer Kirche. Ihm wurde die Ehrenbürgerschaft überbracht, am 14. Februar 1907, von dem Sommerauer Bürgermeister Vinzenz Frieß und Gustav Pfeifer. Auch drei seiner Geschwister, Marie Hoesch (1.000 Mark), Halbbruder Eugen (1.500 Mark) und einer Halbschwester Johanna von Gescher (1000 Mark) steuerten 3.500 Mark bei. Der in der Pfeifer-Chronik in Köln, erwähnte Gedenkstein für die Wohltäter, ist in/an der Kirche nicht zu finden. (Der Großvater von Valentin, war ein älterer Bruder des o.g. Joseph Pfeifer. Er war nach Amsterdam ausgewandert und dort als Kaufmann tätig.

Nikolaus Schnall, Pfarrer in Sommerau von 1906-1920. In seine Wirkungszeit in Sommerau fiel die Planung und der Bau der neuen Pfarrkirche "St. Laurentius". Eine Straße in Sommerau erinnert an ihn. Nikolaus Schnall stammte aus Röllbach.


Ehrenbürger Valentin Pfeifer
(1886-1964), Lehrer und Rektor in Aschaffenburg, wohnhaft in Aschaffenburg. Er ist in Sommerau geboren (heute Elsavastrasse 207) und war Heimatforscher, Sammler von Spessartsagen und Spessartmärchen. Auch lieferte er viele heimatkundliche Beiträge für die lokale Presse und für die Monatszeitschrift "Spessart". Er vergass nie die Wurzeln seiner Herkunft und war zeitlebens mit Sommerau und dem Spessart sehr verbunden. Er erhielt die Ehrenbürgerschaft von Sommerau am 26. Juli 1956 verliehen. Der Bürgermeister in Sommerau war Ernst Coy. Nach Valentin Pfeifer ist in Sommerau eine Straße benannt und die Volksschule in Eschau trägt seinen Namen. Valentin Pfeifer ist auf dem Waldfriedhof in Aschaffenburg in einem Ehrengrab bestattet (Gräberfeld C - 10).



Elmar Freiherr von Haxthausen
wurde 1839 in Neiße/Schlesien (heute Polen) geboren. Er schlug die Offizierslaufbahn ein und leistete seinen Dienst bei der preußischen Armee. Mit 33 Jahren nahm er seinen Abschied, kam 1872 über einen Kameraden, der zur Familie Wehsarg gehörte, als Privatier nach Sommerau im Elsavatal und kaufte sich dort ein Anwesen gegenüber dem Schloß (heute Elsavastrasse 122). Der eifrige Amateurarchäologe war für damalige Verhältnisse ein ernstzunehmender Wissenschaftler. Elmar Freiherr von Haxthausen lebte von 1872 bis 1897 auf seinem Anwesen in Sommerau. Im September 1897 verkaufte Elmar von Haxthausen sein Haus an die junge Familie Wehsarg, mit der er befreundet war und zog nach Darmstadt, wo er am 7. August 1910 starb.


Dr. Richard Wehsarg
Dr. Richard Wehsarg
(1862-1946), ab 1897 Arzt und Sanitätsrat ("der reitende Doktor") in Sommerau. Er war in Hillesheim bei Oppenheim als Sohn einer evangelischen Pfarrersfamilie geboren. Bevor Dr. Wehsarg sich in Sommerau niederließ betrieb er ein Sanatorium in Hobbach, die sg. "Kuranstalt", in den Gebäuden des 1888 stillgelegten Hobbacher Eisenhammers, in der "Villa Elsava". Auch in seinem Haus, gegenüber dem Schloß in Sommerau (heute Elsavastraße 122), das er von Elmar von Haxthausen 1897 kaufte, betrieb Dr. Wehsarg eine Arztpraxis und ein Sanatorium. Er gründete 1906 die Monatszeitschrift "Spessart". Dr. Richard Wehsarg ist auf dem Friedhof in Sommerau bestattet. Die Gräber der Eltern und der Geschwister von Dr. Richard Wehsarg befinden sich auf dem Friedhof in Hobbach, dort ist der Name Wehsarg - ohne "h" - Wesarg geschrieben.



Ehrenbürger Peter Seubert
(1908-2001), Pfarrer in Sommerau von 1957-1975. Unter seiner aktiven Mithilfe wurde in Sommerau das Pfarrhaus Ende der 1950er Jahre gebaut. Den Umbau der alten Kirche zum Jugendheim und Pfarrsaal sowie den Einbau einer Heizung in der neuen Kirche betreute er nicht nur, sondern er war auch tatkräftig daran beteiligt. Er war ein Mann in der vorderen Linie. Pfarrer Seubert wurde die Ehrenbürgerschaft am 12. Januar 1975 verliehen. Der Bürgermeister war Johann Friedrich. Pfarrer Seubert ist auf dem Friedhof in Sommerau bestattet. Pfarrer Seubert war am 19. Januar 1908 in Hain geboren, Am 12. März 1933 wurde er in Würzburg zum Priester geweiht, von 1957 bis 1975 war er Pfarrer in Sommerau. Als Ruhestandspriester wirkte und unterstützte er von 1989 bis 1996 Pfarrer Otto Halk, der 1975 sein Nachfolger in Sommerau wurde. Pfarrer Seubert stammte aus Hain im Spessart, er starb am 26. Oktober 2001 in Aschaffenburg und wurde im Priestergrab in Sommerau beigesetzt.


Am 10. November 2013 wurde Pfarrer Otto Halk, der seit 1975 die Pfarrei Sommerau betreut, zum Ehrenbürger des Marktes Eschau ernannt.


Sommerauer Heimatlied:

1.  Ein Dörflein liegt im Spessartwald,
im Tal der Elsava;
lang hingestreckt in blum'ger Au,
umrahmt von Flur und Wald.

Oh Dörflein klein in sonn'ger Au,
wie bist du mir so lieb, so traut;
auf dich hab ich mein Glück gebaut,
mein liebes Sommerau.

2.  Hoch überragt das stille Dorf
der Andacht schmuckes Haus,
der Wetterhahn in luft'ger Höh
suchts schönste Wetter aus.

Fürs Dörflein klein ...

3.  In Märchenruh, im Grün versteckt,
träumt's Schloß von Sommerau;
die Mauern sahen Freud und Leid,
des Dorfs an blum'ger Au.

Oh Dörflein klein ...

4.  Auf stiller Höh' die Toten ruhn,
von Erden Müh und Plag;
die alt' Kapell hält treue Wacht,
sie kennt ja all ihr Tun.

Im Dörflein klein ...

5.  Und bleibt mir Reichtum auch versagt,
im Spessartdörflein klein,
so will ich doch zufrieden sein,
denn da bin ich daheim.

Im Dörflein klein ...



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T h e m a  1.1 - Erinnerungen an die gute alte (Jugend-) Zeit.

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Das sog. Malepartus-Häuschen und Türmchen mit Teichbrücke im Wehsarg'schen Garten. (Foto: Wolfgang Günther)


Erinnerungen des Dr. Franz Karl Wehsarg an seine Jugendzeit, zu Kaisers Zeiten, vor dem 2. Weltkrieg.

Dr. F. K. Wehsarg, Colynshofstrasse 56, Aachen, (er war ein Sohn von Dr. Richard Wehsarg, dem reitenden Doktor) erinnert sich an seine Jugendzeit in Sommerau und Eschau. Er schreibt um 1967/68:

"Noch im vergangenen Jahrhundert in Sommerau geboren, erinnere ich mich noch gut der drückenden Notzeiten des inneren Spessarts, speziell des Elsavatales und seiner Nebentäler.

Ein Großteil der rüstigen Männer zog im Frühjahr als Strassenbauarbeiter der Frankfurter Firma Holzmann in das Rheinland bis hinab nach Köln, kam im Herbst zurück und arbeitete im Winter als Waldarbeiter und Holzfäller. Viele ließen sich auch krank schreiben und waren es auch in einer Hinsicht, denn Rheuma und TBC z.B. waren stark vertreten.

Der "Doktors Franzel" wie ich als Sohn des ansässigen Arztes gemeinhin genannt wurde, spielte mit der Sommerauer Jugend, kannte sie also gut. Er mußte aber in Eschau zur Schule gehen. So wurden ihm auch die Kinder von Eschau und Wildenstein gut bekannt und auch all ihre Nöte, die sie zur Erreichung der geforderten Schulleistung zu überwinden hatten.

Wie oft kamen in den Wintermonaten die Wildensteiner Ott-Kinder ausgefroren, nass und erschöpft in die Schule und schliefen dann im warmen Schulzimmer ein. Wie oft mussten in trockenen Sommern der große Schulgarten von den Schülern begossen werden und Lesen, Schreiben, Rechnen wurde zurückgestellt. Und wie selten konnten die Kinder auf Hilfe ihrer Eltern rechnen, wenn sie mit den Hausarbeiten nicht fertig wurden. Die schwer schaffenden Eltern hatten dazu keine Zeit und oft auch nicht die Kenntnis dazu.

So bekam der kleine Doktorssohn denn gar nicht so selten die drei Stockschläge auf die offene Hand wegen "Vorsagen, Einsagen, Abschreiben lassen" u.s.f., denn er hatte ja ein Herz für seine Kameraden.

Bei den herbstlichen Jugendschlachten auf der abgemähten väterlichen "Brauwiese" zwischen Sommerau und Eschau erging es ihm trotzdem nicht immer gut. Für die Eschauer Kinder blieb er aus "Summere", für die Sommerauer war er ein Schulgänger aus "Äschich". Doch wenn er seinen treuen Berhardiner Cilly mitnahm, siegte seine Partei immer.

Daß er selbst so wenig Mühe mit seinen Schularbeiten hatte hing nicht allein damit zusammen, daß seine gütige Mutter in Amerika geboren war, in New-York groß geworden, schon als Schülerin zur Hilfslehrerin in der Oberschule avanciert war, in Wien die Kunstakademie absolviert hatte, sondern auch mit dem Umstand, daß das elterliche kleine Sanatorium ständig Geistesarbeiter beherbergte, deren Wissen eifrig von dem Jungen eingesogen wurde. Und ihre Bücher bekam er zu lesen, so oft und viel er wollte.

Und dazu hatte er Zeit, wenn der Sommer zu Ende ging mit den Freunden bei der Feldarbeit, beim Heumachen, Kartoffelernten, Dreschen, Futterschneiden helfen zu können und das schöne Barfußlaufen zu Ende ging."

Zum allgemeinen Verständniss:

Dr. F. K. Wehsarg schreibt, dass er in Sommerau wohnte und nach Eschau in die Schule ging.

Die wenigen evangelischen Kinder aus Sommerau mussten damals nach Eschau in die Schule und umgekehrt mussten die wenigen katholischen Kinder aus Eschau nach Sommerau in die Schule gehen (Konfessions-Schulen). Die Sommerauer Bürger waren obrigkeitsbedingt katholisch und die Eschauer evangelisch. So lebten die Kinder von Sommerau und Eschau in Paralellwelten ohne engere Kontakte.



Familie Josef und Hedwig Sauerwein aus Elsenfeld bei der Heuernte.



Familie Amrhein aus Eichelsbach bei der Getreideernte.



Getreideernte mit Mähbinder und Schlepper in Eichelbach.


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T h e m a  1.2 - Spessart-Sagen und Spessart-Märchen

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Von Valentin Pfeifer (1886-1964), viele Jahre Lehrer an der Luitpoldschule in Aschaffenburg und danach Rektor an der Volksschule in Aschaffenburg-Damm. Valentin wurde 1956 Ehrenbürger von Sommerau.

Die Rechte der Spessart-Sagen liegen bei der Versandbuchhandlung Marianne Pattloch. Für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe möchte ich mich herzlich bedanken.


Schloss Sommerau


Im Bauernkrieg, 1525, wurde die alte Wasserburg Sommerau von den aufständischen Bauern zum großen Teil zerstört. Ein "Bauernhaufe" kam damals vom Kirchhof her, setzte über den See und erstieg das Schloss an der Rückseite. Mancher Bauer wurde von den Verteidigern die Leiter hinunter in den See gestoßen, allein die Anstürmenden waren in so großer Überzahl, daß ihnen der Einstieg schließlich doch gelang. Und nun schlugen sie in ihrer Wut gegen die Ritter im Schloss kurz und klein, was ihnen an Geräten und sonstigen Gegenständen zu Gesicht kam. Sie zertrümmerten die Weinfässer und tranken sich voll, daß sie torkelten. Endlich steckten sie das Schloss in Brand.

Nun geistert alle Jahre, so erzählte uns der alte "Herrle", in der Mitternacht des 2. Mai ein riesiger Bauernhaufe zur halbzerstörten Burg hin. Jeder von ihnen trägt und schleppt etwas; die einen haben Richtscheit, Winkel und Lot, andere schleppen Steine und Balken, und wieder andere bringen Axt und Säge mit. Eilig beginnen sie, das zerstörte Gebäude wiederaufzurichten. Sie hacken und graben, sie führen die Mauern auf und setzen das Gebälk darüber.

Noch ehe eine Stunde verging, hatte die mehrere Tausend zählende, gespenstige Bauernschar das Werk vollbracht. Im Mondschein prangte das Schloss in derselben Gestalt und Mächtigkeit, die es vor der Zerstörung hatte.

Aber da schlug die Dorfuhr eins: es bröckelte und krachte im frisch erstandenen Bau, der stürzt ein und versinkt im See.

Das geisterhafte Bauernheer war auch verschwunden, kein einziges Männlein war mehr zu sehen, und vom Schloss stand wieder bloß der kümmerliche Rest.

Im nächsten und in jedem Jahre zeigte sich zur gleichen Mitternacht wieder derselbe Spuk, und um Schlag eins war dann jedes Mal wieder alles verschwunden.

(Quelle: Spessart-Sagen von Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 122f)


Der Hesselsmüller

Der Wanderer durchs liebliche Elsavatal kommt oberhalb des Dorfes Sommerau an der Hesselsmühle vorbei. Diese taucht rechts mit ihren weißen Wänden aus dem dunklen Wiesengrunde, und linker Hand beginnt gleich der hohe Tannenwald. In der Hesselsmühle nun wohnte um das Jahr 1500 der Müller Jakob Hock. Er schaffte fleißig den langen Tag hindurch und auch manche Nacht. So wurde er zum wohlhabenden Mann und genoss in der ganzen Gegend großes Ansehen. Selbst Albertus von Fechenbach, der Sommerauer Grundherr, erkor ihn zum Freunde und kehrte öfters bei ihm ein. Und als die Müllersleute ein Knäblein bekamen, hob's der Fechenbacher über die Taufe und gab ihm seinen eigenen Namen Albertus.


Eschau-Sommerau - Es war einmal ... Die Hesselsmühle vor langen Jahren.

Wie aber ein paar Jahre um waren, starb die brave, fromme Müllerin. Von der Zeit an ging's mit Müller und Mühle abwärts. Der einst so fleißige Mann ergab sich dem Müßiggange, und dann fiel ihm wohl ein, wildern zu gehen in den nahen Wald. Als er einmal ein Reh erlegt hat und es gerade ausnehmen will, ertappt ihn der Burgherr und macht ihm strenge Vorwürfe. Der Müller sagt nichts, aber er hegt von jetzt an heimlichen, bitteren Groll gegen den Fechenbacher und sinnt auf Rache. Das Wildern trieb er weiter, und wenn er dann heimkam, hockte er mit einigen Kumpanen um den Eichentisch, zechte und spielte mit Würfeln bis tief in die Nacht, ja manchmal bis zum hellen Morgen. Statt wie früher nach der Mühle zu sehen, ob sie etwa leer lief, schwang er den Becher, warf die Würfel, und wilde Flüche und rohes Gelächter mischten sich ins einförmige Klippklapp der Mühle.

Eines Morgens nun zieht ein Haufen Zigeuner das Elsavatal herauf. Mehrere zerlumpte Buben kommen in die Mühle betteln. Der Müller, der vom nächtlichen Gelage noch einen schweren Kopf hat, wird zornig und droht: "Hinaus, verdammtes Gesindel, sonst hetz' ich euch die Hunde an den Hals." Die Kinder kreischen auf, und hui - stieben sie davon. Bloß ein Büblein bleibt; es hat so argen Hunger und bittet nochmals: "Müller, um Gottes Willen nur ein Stück Brot!" Da packt den Zornigen noch größere Wut, und er hetzt den Hund. Voll Angst läuft das barfüßige Zigeunerbüblein hinweg. Der Hund ihm nach. Und vor lauter Schrecken springt's geradewegs in den hoch schäumenden Bach, und die Wellen reißen es fort. Zigeuner und des Müllers Gesinde versuchen die Rettung und rasen entsetzt an den Ufern hin. Vergeblich, das braune Kind ist ertrunken. Und seine jammernde Mutter flucht in ihrem Schmerze dem Müller; so ein harter Mann, sagt sie, könne leicht noch zum Mörder seines eigenen Kindes werden. Bei diesen Worten durchzuckt es den Müller wie von einem Schrecken, und schweigend geht er ins Haus. Aber besser ist er nicht geworden. Der Arbeit ging er vollends aus dem Wege, und die nächtlichen Gelage mehrten sich. Um sein Söhnlein kümmerte er sich so gut wie nicht, das blieb vielmehr ganz dem rohen Gesinde überlassen.

Auch der Schlossherr hört vom Treiben in der Mühle, und ihn dauert sein Patenkind, der kleine Albert. Soll der Knabe in solchem Haus seine Jugend verbringen! Und schnell entschlossen, lässt der Freiherr seinen Schimmel satteln und reitet zur Hesselsmühle. Wie einst und immer springt ihm der fleißige Bach entgegen, aber das Mühlenrad steht, und das Mahlwerk klappert nicht mehr. Finster, schier drohend, gucken die dunklen Tannen vom Hesselsberg auf das verwahrloste Gehöft herunter. Wie der Schlossherr ins Haus tritt, sitzt der Müller am Tisch, den müden Kopf in die Hände gestützt. Die rot unterlaufenen, schlaftrunkenen Augen zeugen von durchwachter Nacht. Albertus von Fechenbach bringt sein Anliegen vor: er wolle den Müllerssohn aufs Schloss nehmen und ihn dort halten und erziehen wie sein eigen Kind. Erst braust Jakob Hock auf und fährt den Burgherrn zornig an. Allein nach gütlichem Zureden willigt er doch ein, und der Knabe kommt aufs Fechenbacher Schloss.

Da wächst er unter sorgfältiger Pflege heran und wird im Schießen, Reiten, Fechten und in den Wissenschaften unterrichtet. Und was für ein gelehriger Schüler er ist! Bald vermag keiner besser als er den Pfeil zu schleudern und die Klinge zu kreuzen. Seinem Herrn ist er treu ergeben und wird dessen vertrauter Freund. So zieht das Jahr 1525 herauf. Im ganzen Frankenland erhebt sich der Bauer gegen seinen Herrn und fordert Abschaffung der Fron und freie Jagd in Wasser und Wald auch für den gemeinen Mann. Bald schlagen die Flammen aus den Burgen. Auch an dem Untermain wogt der Aufruhr. Und eines Maiabends rückt ein großes Bauernheer vom Odenwald gegen das Sommerauer Schloß. Anführer ist Jakob Hock, der Hesselsmüller. Dieser war unter den ersten, welche sich dem Aufstande anschlössen. Zu verlieren hatte er wenig; aber fleißig zu plündern nahm er sich vor, um seiner heruntergekommenen Mühle wieder aufzuhelfen. Heute nun gilt's dem adeligen Herrn. Wie lange schon hat der Hesselsmüller den Tag ersehnt, wo er dem Burgherrn seine Schmach im Wald heimzahlen könnte! Und den Zehnt, den er ins Schloss getragen, wollte er doppelt und dreifach wieder holen; ja, das wollte er, Jakob Hock, der Hesselsmüller! "Mein eigener Sohn ist ja im Schloss", meint er, "der wird mir schon ein heimlich Türlein öffnen." Allein es kommt anders. Gerade der junge Albert überwacht sorgsam die Verteidigung der Burg. In aller Stille legen einige Bauern die Leitern über den See und an die Mauern. Den Fechenbachern glückt's, die Leitern umzuwerfen - und etliche Bauern stürzen rücklings in den See. Andere versuchen, mit Äxten das Tor einzuschlagen; wohlgezielte Pfeile strecken sie nieder. "Drauf, Drauf!" schreien die Bauern in mächtiger Wut. Und wirklich dringen sie folgenden Tags an der hinteren Seite des Schlosses ein. Wie sie johlen und lärmen vor Freude! Auf den Mauern weht die Bauernfahne. Albertus von Fechenbach hat sich mit seinen Reisigen in den Turm zurückgezogen. "Hallo, Feuer, Feuer!" schallt's auf einmal. Wahrhaftig, rote Feuergarben prasseln aus dem Schlosse. "Feuer!" Jetzt, Fechenbacher, wehre dich, die Stunde naht! Der will das letzte Mittel wagen und versucht mit seinen Mannen den Bauernhaufen zu durchbrechen. Schon verlassen sie das flammende Schloss. Da winkt in höchster Not den Fechenbachern die Rettung. Graf Rieneck von Wildenstein kommt mit einer Reihe schwer bewaffneter Knechte herangesprengt, und Schlag auf Schlag fällt auf die verdutzten Bauern. Diese werden auseinandergetrieben, die meisten werden getötet, und nur wenige entkommen, darunter der Hesselsmüller. Sie flüchten in den Sommerauer Wald; besonders durch den dunklen Tann des Hesselsberges irren sie wie gehetztes Wild. Albert, der Müllerssohn, leitet die Verfolgung. Er möchte für den Vater, falls er ihn findet, bei seinem Herrn um Schonung bitten. Da sieht er eben hinter einer dicken Tanne einen verwilderten rothaarigen Mann hervorlauern. Das muss einer der Entflohenen sein. "Halt, gib dich gefangen!" ruft Albert. Aber schon hat der andere die Armbrust gehoben, jetzt fliegt der Pfeil durchs Geäst und dem jungen Hesselsmüller durch den Hals. Todwund sinkt der Jüngling nieder. Seine Leute tragen ihn auf einer Bahre von Tannenzweigen in die nahe Hesselsmühle hinab. Und im Hause, wo er geboren, liegt nun der Jüngling im Sterben. Die Sonnenstrahlen zittern durch den grünen Weinstock, der das Fenster umrankt, ins Zimmer herein und huschen übers wachsgelbe Gesicht des Sterbenden und über seine blonden, blutgeröteten Locken. Noch ein Stündlein atmet er, dann öffnet er weit die Augen, flüstert: "Schont meinen Vater und grüßt meinen Herrn!" Noch ein Seufzer, und er ist tot. Der goldene Abendschein gleitet wie zum Abschied über die brechenden Augen; heilige, tiefe Stille herrscht im Gemach.

Da wird die Ruhe durch heftigen Lärm vor der Mühle unterbrochen. "Was gibt's draußen?" Ah! Sie bringen den Bauern, welcher den Jüngling erschossen hat. So haben sie ihn doch eingefangen! Und wie er sich wehrt! Er will nicht in die Mühle. Sie schieben ihn mit Gewalt hinein und binden ihn am Stubenpfosten fest. Einige Schritte davon ruht der entschlummerte Jüngling. Auf einmal beginnt der Gefesselte zu toben, zerrt und zieht an den Stricken und schreit wie ein Tier. Als man ihn fragt, was er denn vorhabe, ruft er: "Mein Sohn! Ich bin der Mörder meines Kindes!" "Bei Gott, der Hesselsmüller!" ruft ein Diener des Fechenbachers. Voll Schauder betrachten sie den Rothaarigen näher. Wahrlich, der Hesselsmüller! Keiner von ihnen hatte den verwilderten Mann mit dem wüsten Barte gleich erkannt. Die Drohung der Zigeunermutter hatte sich erfüllt. "Kindesmörder!"

"Hängt den Kerl auf!" sagte ein Rienecker Knecht, der ihn fangen geholfen hatte. "Das wäre wohl der rechte Lohn!" entgegnete ein Diener des Herrn von Fechenbach, "allein sein braver Sohn bat sterbend für ihn um Gnade. Ich eile, meinen Herrn zu fragen." Er ist kaum fort, sagt der Rienecker: "Wofür haben wir den Schurken gefangen? Dass er uns wieder entschlüpft? Vorwärts, an den Ast mit ihm!" Die übrigen sind gleich dabei, sie binden den Hesselsmüller los und ziehen und zerren den Widerstrebenden hinaus. Und wie er auch heult und sich sträubt, in einer Viertelstunde hängt er am Birnbaum, der am Bachufer steht. So endet Jakob Hock, der Hesselsmüller.

Der Birnbaum ist längst geborsten, die Mühle abgebrochen und neu gebaut worden, aber die Sage vom Müller Hock lebt bis heute im Volk fort. Und mancher geht nachts voll Unbehagen am Mühlengrund vorüber, weil dort unten am Bach der mit ewiger Unrast bestrafte Geist des Müllers umherirren soll.

(Quelle: Spessart-Sagen von Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 119ff)


Der Schafhofbauer

Nahe dem Elsavatale, zwischen den Dörfern Eichelsbach und Sommerau, steht droben auf dem Hügel ein Bauernhof. Der hatte eine große Scheune mit zwei Toren, eines an der Vorder- und eines an der Rückseite. Durch diese Scheune zog alle Jahre am 27. Dezember der Wilde Jäger. Und der Bauer öffnete jedes Mal die Torflügel, damit das wilde Heer seinen Weg nehmen konnte. Dieses setzte bei Kleinwallstadt über den Main, fuhr gegen Hofstetten, alsdann die Eichelsbacher Höhe hinauf und drüben hinab mitten durch die Scheune des Schafhöfers. Einmal nun vergaß der Bauer die Tore zu öffnen. Der Wilde Jäger kam wie immer den Berg herunter, von einer Menge bellender Hunde begleitet. Als der Bauer in der Stube den Lärm vernahm, erschrak er. Die Scheunentore! Er eilte, so schnell er konnte, hinaus. Doch es war zu spät. Zornig wütete das wilde Heer vor der versperrten Bahn. Die Hunde kläfften und heulten. Dann aber nahm der Wilde Jäger seinen Weg um die Scheune statt hindurch und jagte ins Tal hinunter.

Es wurde Frühling und Sommer. Die Ernte kam. Früher hatten die Felder des Bauern immer reiche Frucht getragen. Und diesmal? Wohin man auch sah, erblickte man nur mageres Korn; die Halme standen so dünn, dass man dazwischen hindurchgehen konnte. Und das Gras lag wie tot auf dem Boden und streckte sich nicht. So wurde die Scheune diesmal nicht halb so voll als in den vorhergegangenen Jahren.

(Quelle: Spessart-Sagen von Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 105f)

Von den Ambeditchen

In einer Winternacht ging ein Eschauer Mann, der ein Glas über den Durst getrunken hatte, die Straße von Hobbach herab, und als er in die Nähe der Kinzbachbrücke kam, sprang ihm - hopp - etwas auf den Rücken und krallte ihn noch dazu am Hals, dass ihm fast die Luft ausging. Da wurde der Mann vor Schrecken nüchtern und dachte bei sich: "Das muss ein Ambeditchen sein!" Er keuchte, indes ihm der Schweiß aus allen Poren drang, am Gänsebrunnen vorbei, und dort, wo der Feldweg in die "List" abzweigt, ließ sich die Hockelast wieder herunterfallen, so schnell, wie sie aufgesprungen war, tat noch einen höhnischen Lacher und verschwand in den Brunnenwiesen. Der Mann aber war ganz erschöpft, wankte in Sommerau ins nächste Haus, um eine Zeitlang auszuruhen, ehe er wieder weitergehen konnte.

Ein andermal - das will ich auch erzählen - ging ein Mann aus Sommerau, der als furchtsam bekannt war, von Rück gegen Eschau hin. Es war so dunkel wie im Sack, und der Wanderer wünschte: "Ach, wenn ich nur schon daheim wäre!" Im selben Augenblick hängte sich ihm ein Ambeditchen auf den Rücken, und eines packte ihn am rechten und eines am linken Arm, und so musste er bis Eschau laufen, während ihn dabei noch jemand heftig zwickte und zwackte. Im Eschauer Wirtshaus berichtete er, noch schlotternd vor Angst, wie sich ihm die Nachtkobolde angehängt und ihn mit Kneifzangen bearbeitet hätten. Er habe in einem fort "au weh!" geschrien, doch sei ihm niemand zu Hilfe gekommen. Und erst am Ortseingange hätten die Ambeditchen von ihm gelassen und wären im Nu weg gewesen. Er goss ein Schöpplein Bürgstadter nach dem anderen die Kehle hinunter, so dass sein Gesicht wieder Farbe bekam, und dann rief er: "Herrje, wenn's noch einmal wäre, tät' ich die Ambeditchen abschütteln", und er fuchtelte zornig mit Armen und Händen, als ob er den Kobold erschlüge. Da lachten alle, die in der Wirtsstube saßen, über diesen plötzlichen, verspäteten Mut, und am anderen Tage sprach sich das Begebnis in Eschau und Sommerau herum, und hüben wie drüben kicherte man über den Nachtwanderer und seine nachträgliche Tapferkeit.

(Quelle: Spessart-Sagen von Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 125)

Das Kinzbachfraache

In einem Wiesental, zwischen den Ortschaften Rossbach und Sommerau, war noch zu Beginn des 17. Jahrhunderts ein Dorf, das Kinzbach hieß und aus Ober-, Mittel- und Unterkinzbach bestand.

Dann kam eine Krankheit, die wütete entsetzlich und raffte die Leute so schnell dahin, dass manche gesund aus dem Hause und über die Straße gingen und plötzlich tot umfielen. Zuletzt war bloß noch ein altes Mütterchen übrig. Das mochte nicht allein im ausgestorbenen Dorfe bleiben, es packte ein paar notwendige Dinge in ein Bündel, legte die Sonntagsgewandung an, stützte sich mit der rechten Hand auf einen Stock und wanderte mit dem Bündel in der Linken die Höhe gegen Eichelsbach hinauf. Es überlegte nicht, dass es die schreckliche Seuche mit einschleppen könnte, sondern dachte nur an seine eigene Rettung und stieg mit großer Mühe den Berg empor. Wie es vor Eichelsbach kam, an die Stelle, wo früher Flachs gebrochen wurde und ehemals die "Brechhalle" stand, verließen es die Kräfte, und es sank um und verschied. Mit der alten Frau war die Letzte des Dorfes Kinzbach weggestorben, und es kam auch niemand mehr, um darin zu wohnen.

So verödete und verfiel die Siedlung, und die Bewohner der Umgebung nahmen später die Steine für ihre Häuser und Mauern. Vom ursprünglichen Dorfe war gegen Ende des 19. Jahrhunderts nichts mehr zu sehen als ein verfallener Backofen.

Jene alte Frau aber, die nicht bedacht hatte, dass sie mit ihrer Einwanderung die Pest ins Nachbardorf trüge, muss im Kinzbachtal `wewern` gehen. Das "Kinzbachfraache", wie man's in der Gegend nennt, erschreckte schon viele Leute, die zu später Nachtstunde gegen Eichelsbach gingen oder von dort nach Sommerau oder auch das Gründchen hinan gegen Rossbach zu. Das "Fraache" wäre - so erzählten nächtliche Wanderer - stets im Kreise herumgegangen und hätte mit einem Stock im Laube gewühlt. Die einen sagten, es hätte eine ganz alte Kleidertracht gehabt, die sie aber nicht genau beschreiben könnten, weil sie eilig davonstrebten, und andere sagten: "Es hatte eine Bandhaube auf und einen langen weißen Rock an."

(Quelle: Spessart-Sagen von Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948)

Das Hochkreuz zwischen Sommerau und Roßbach

Auf der Wanderung von Sommerau nach Roßbach umfängt einen zumeist beschattender Wald. Einmal aber, nach etwa halbstündigem Gange, tritt plötzlich eine kleine Lichtung in den Weg. Ungehemmt spielen hier die blitzenden Sonnenstrahlen ihr Feuer über die freiliegenden Matten. Durch das Wiesengründchen kollert, in die schmale Rinne gezwängt, ein munteres Wässerlein. Zwei oder drei Tannenbäumchen steigen vorwitzig aus der stillen Ebene. Am Rande der Waldwiese aber erblickt das Auge bei der Wegquerung: Sommerau - Roßbach, Eichelsbach - Hobbach ein Steinkreuz, von schlanken Fichten überragt. Mehrere Bänke, in denen der Holzwurm nagt, befinden sich am Fuße des Kreuzes. Von den umliegenden Dörfern kommt an den Sommersonntagen mancher zum Hochkreuz, und Gebete und heilige Lieder schallen den Wald hinan.

Das im Jahre 1881 erreichtete Hochkreuz wurde vom Sommerauer Kaplan Nikolaus Faulstich am Sonntag, 27. April 1884 im Kreise zahlreicher Gläubigen feierlich eingeweiht. Warum das Christuszeichen hier in der Einsamkeit erstand, und wer der Stifter war (Ein Mann Namens Elbert ?), konnte die Volksneugierde nie ganz sicher ermitteln. Dafür gestaltete die Phantasie mehrere absonderliche Begebnisse, welche die Errichtung des Hochkreuzes begründen könnten. Einige davon sollen hier Erwähnung finden.

(Spessart-Sagen von Valentin Pfeifer, Aschaffenburg, von mir ergänzt im Juli 2009) 

1. Postbote Hartung

Ein Postbote - er hieß Hartung - hatte abends noch einen Gang von Eichelsbach nach Hobbach zu machen. Als er an die Wegkreuzung kam, hörte er im Walde ein Rascheln, als ob jemand durchs Laub schlurfe. Hartung war kein Angsthase und rief: "Was raschelt da drin?" Im selben Augenblicke erhielt er eine schallende Ohrfeige, und von Stamm zu Stamm hüpfte widerliches Kichern und Gelächter. Den armen Mann grauste entsetzlich; abgehetzt und zitternd kam er in Hobbach an. An der Stelle, wo er das schreckhafte Erlebnis hatte, soll nach seinem Willen das Kreuz aufgestellt worden sein.

2. Der Kaplan

Der Sommerauer Kaplan musste an einem Samstag länger als gewöhnlich zu Eichelsbach verweilen und ging erst um Mitternacht durch den Forst nach Hobbach, um dort am Sonntag die "Frühkirch" zu halten. Da, wo die Wege überkreuz laufen, trat ein Unbekannter auf ihn zu und fragte: "Wer bist du?" Geistesgegenwärtig erwiderte der Kaplan: "Ich bin ein Kind des Lichtes!" Worauf die fremde Stimme entgegnete: "Das war dein Glück, sonst hätt' ich dir das Genick zerbrochen."

Aller Spuk war sodann verschwunden.

3. Der Hobbacher Mann

Ein Hobbacher ging nachts von Eichelsbach heim, wo er Verwandte besucht hatte. Am Kinzbach tauchte vor ihm plötzlich eine schwarze Gestalt auf, die ihn keinen Schritt mehr weiter ließ. In seiner Angst versprach der Bauer, an der betreffenden Stelle eine Kapelle zu errichten, wenn er glücklich nach Hause käme. Da gab ihm die schwarze Gestalt den Weg frei. Als er dann sein Versprechen einlösen wollte, ließen die Grundstücksbesitzer den Bau einer Kapelle an jenem Platz nicht zu. Der Bauer aber wollte sein Versprechen unbedingt halten, und nach langem Verhandeln wurde ihm gewährt, an der Eichelsbacher Gemarkung wenigstens ein hohes Kreuz zu errichten. Und da steht es noch heute.

(Quelle: Spessart-Sagen von Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 126f)


Das Hochkreuz im Kinzbachgrund

Ursache und Entstehung des Steinkreuzes in der Kinzbachabteilung "Dicker Schlag". Um das Hochkreuz im Kinzbachgrund und seine Errichtung ranken sich einige Erzählungen.

Ein junger Bursche von Eichelsbach Namens (Johann Matthäus) Elbert (?) erlernte in Hobbach das Bäckerhandwerk. Als er an einem sehr arbeitsreichem Samstagabend heim zu seinen Eltern wollte, und erst um die Mitternachtsstunde an die Kinzbach kam, versperrten ihm geisterhafte Gestalten nach allen Seiten den Weg. Es war kein Entrinnen möglich. In seiner großen Not rief er die heiligen vierzehn Nothelfer an und machte das Gelübde, hier ein Kreuz errichten zu lassen, sobald es seine Mittel erlauben, wenn er lebend aus dieser Situation komme.

Nach seiner Lehrzeit in Hobbach ging Elbert auf Wanderschaft und erlernte die Konditorei hinzu. Nach weiteren Jahren kam Elbert nach Deidesheim in der Rheinpfalz. Hier fand er Arbeit im Hotel "Zur Kanne". Diese Hotel war mit einer Konditorei verbunden. Als aufrichtiger, strebsamer junger Mann genoss er bald die Gunst des Meisters und auch dessen einzigen Töchterleins. So kam es, dass er bald Besitzer des Hotels war.

Jetzt war er in der Lage, sein Versprechen von der Kinzbach einzulösen. Da er nicht genannt sein wollte als der Stifter des Kreuzes, schrieb er an den Herrn Pfarrer Eduard Wolz in Sommerau einen Brief, schilderte ihm die Angelegenheit, um die es ging, und schickte ihm Geld dazu. Pfarrer Eduard Wolz ging ans Werk, holte sich beim damaligen Bezirksamt Obernburg am Main die Genehmigung und bestellte bei einem Bildhauer das Kreuz. Es wurde 1871 gesetzt.

Jetzt begann das Drama. Herr Pfarrer Wolz wusste nicht, dass er auch die Genehmigung vom Forstamt gebraucht hätte. Dem damaligen Forstmeister Schuster, Kleinwallstadt, einem großen Kirchen- und Gotteshasser, war es gerade Wasser auf die Mühle. Er ließ über den hiesigen Forstaufseher Bachmann ein paar junge, unvernünftige Männer bestellen, welche um das Kreuz herum die jungen Fichten abschnitten und abbrachen, was somit ein Forstfrevel war. Einer davon verriet es auf seinem Sterbebett. Es kam dann zwischen Forstmeister Schuster und Pfarrer Wolz zu einem Prozess, der sich lange hinzog, wobei Pfarrer Wolz verlor. Dabei kam der Name Elbert heraus. Das Kreuz sollte wieder entfernt werden. Da sich Pfarrer Wolz keinen Ausweg mehr wusste, sagte er zu Forstmeister Schuster: \\\\\\\ "Da hinten steht er, zertrümmert ihn." \\\\\\\ Das Kreuz steht seit 1881 und wird weiter stehen.

Pfarrer Wolz unterbreitete die ganze Angelegenheit dem damaligen Landtagsabgeordneten Liborius Gerstenberger, Würzburg, der für die Zwangsversetzung von Forstmeister Schuster nach Rechtenbach bei Lohr sorgte. Dort hatten ihn die Wilderer bald kuriert. Sie lauerten ihm auf, als er vom Hochsitz stieg, nahmen ihn gefangen und banden ihn im tiefen Wald an eine Eiche. Drei Nächte brachten sie ihm Brot und Wasser. Dabei ließen sie ihn schwören, dass er nie mehr nach einem Wilderer schießen wolle. Am vierten Tag schickte man seinen Dackel heim, worauf seine Frau mit einigen Männern und dem Dackel eine Suchaktion startete, welche zum Erfolg führte und ihn aus seiner unglücklichen Lage befreite. Dieser Unhold Schuster soll sich dann bekehrt haben und ein anderer Mensch geworden sein.

(Diese Geschichte erzählte Josef Amrhein (5.7.1905 – 1.8.1978) aus Eichelsbach; sie wurde vor seinem Tode auf Tonband aufgenommen. Die Ergänzungen im Text, in Klammer gesetzt, sind von Otto Pfeifer, Sommerau)

Aus dem Sommerauer Pfarrarchiv nachweisbare und ergänzende Daten:

Der damalige Sommerauer Kaplan Nikolaus Faulstich.schrieb: "Am Sonntag, 27. April 1884 habe ich das 1881 aufgerichtete Kreuz eingeweiht."

Es muss ein großes Ereignis für die Pfarrei Sommerau, insbesondere für die Filialgemeinden Eichelsbach und Hobbach gewesen sein. Kaplan Faulstich dazu im Archiv: "Von Hobbach führte ich die Prozession zum Kreuze, von Eichelsbach kam selbe in Begleitung des Lehrers. Nach Eichelsbach zurück führte ich die Prozession, nach Hobbach zurück führte der Lehrer die Prozession." Genau vermerkte der Kaplan nach welchen Ritus und mit welchen Weihetexten er die Weihe vollzogen hat. Ein historischer Beleg findet sich auch für die von älteren Eichelsbacher Bürgern weiter gegebener Erzählung, es habe große Schwierigkeiten bei der Errichtung des Kreuzes gegeben. Kaplan Faulstich schrieb: "Bezüglich der Aufstellung gab es viel Streitigkeit mit dem boshaften und...... (Ich enthalte mich der näheren Beschreibung) Oberförster Schuster von Kleinwallstadt (der auch gelegentlich der bei der Einweihung abgehaltenen Prozession Klage beim Forstamt stellte, die aber, Gott sei Dank, keine Folgen hatte".


So vorgetragen von Hermann Wolf aus Eichelsbach, anlässlich einer Andacht, am Sonntag, 26. Juli 2009, zur Feier der Einweihung des Hochkreuzes vor 125 Jahren am 27. April 1874.

Anmerkung: In Eichelsbach gab es eine Apollonia Rüth, geb. Elbert (*9. Feb 1808, +4. Mär 1874). Ihre Eltern waren Johann Wendelin Elbert (*4. Mär 1776, +14. Okt 1826) und Helena Anna Maria geb. Zimlich (*7. Apr 1781, + 2. Apr 1837). Über weiter Kinder ist mir nichts bekannt. Es könnte evtl. ein Bruder von Apollonia gewesen sein???

(Auf- bzw. abgeschrieben von Otto Pfeifer, Sommerau im August 2009)



Der Hannes-Jakob von Hobbach

Der Mainzer Kurfürst und die Grafen von Rieneck hatten sich Fehde angesagt, und eines Tages kam ein Mainzer Heer das Elsavatal heraufgezogen und belagerte die Rienecksche Burg Wildenstein, die links des Baches, unweit von Sommerau, auf einem Berge stand.

Im Sturm wagte man die starke Feste nicht zu nehmen, und so wollte man ihre Besatzung aushungern. Diese litt nach mehrwöchentlicher Belagerung auch große Not, es mangelte sehr an Mehl und Fleisch, und zuletzt waren an Schlachttieren nur noch ein Schwein und eine Kuh übrig. Zu allem Unglück schienen das die Feinde zu wissen; denn wie einmal der Schlossherr mit seinem Knecht, dem Hannes-Jakob, über die Mauer ins Tal schaute, hörte er zwei Mainzer sagen: "Sie haben nichts mehr als ein Schwein und eine Kuh, jetzt wird das Nest bald unser sein."

Der Hannes-Jakob, der von Hobbach gebürtig war, hatte einen guten Einfall. Er holte das letzte Schwein aus dem Stalle, warf es nieder und kniete sich darauf, so dass es schrie, als ob es geschlachtet werden sollte. Da spitzten die Mainzer die Ohren, weil sie dachten, jetzt müssten die Mundvorräte bald zu Ende gehen. Wie's der Hannes-Jakob aber nach drei Tagen wieder tat und nach weiteren drei Tagen abermals und immer so fort, da sagten sie: "Sie müssen noch vollauf zu leben haben im Schloss. Hört nur, sie schlachten schon wieder ein Schwein."

Als er's so eine Weile getrieben hatte und die Leute den Gurt um den Leib immer enger schnallen mussten, waren sie gezwungen, ihr letztes Schwein zu schlachten.

Alsdann aber ging der Hannes-Jakob in den Stall, blökte wie ein Kalb und plärrte ein andermal wie eine Kuh, und die Feinde sagten: "Jetzt geht's ans Rindvieh", und sie bekamen es allmählich satt, vor dem Schloss zu liegen.

Die Rienecker aber waren am Verhungern, und wie nun eines Tages noch ein einziger Schinken übrig war und sich kaum noch jemand auf den Beinen halten konnte, dankte der Burgherr seinen Mannen für ihr treues Aushalten und gab einem jeden zum Abschied die Hand, weil nun ja doch alle Hungers sterben müssten. Aber einer von ihnen verzagte immer noch nicht, und das war der Hannes-Jakob. Er wollte noch etwas versuchen und führte die Kuh, von deren Milch sie bisher gelebt hatten, aus dem Stalle, band ihr mit Flachs den letzten Schinken zwischen die Hörner und dazu einen beschriebenen Zettel. Dann trieb er die Kuh zum Tore hinaus. Einige Mainzer fingen die Kuh ein, hingen den Schinken ab und lasen, was auf dem Zettel stand; nämlich: "Sowenig die Kuh den Schinken frisst, sowenig die Festung euer ist." Die Mainzer guckten sich groß an und brachten die Kuh samt dem Zettel zu ihrem Anführer. Dem war die Zeit ohnedies schon zu lang geworden, und als er die Zeilen gelesen hatte, sagte er: "Blast zum Abmarsch; denn da verhungern wir eher, als dass denen da droben die Kost ausginge."

Morgens zogen sie ab mit Sack und Pack das Tal hinunter; die Rienecker trauten zuerst ihren Augen nicht und wagten sich kaum zu mucksen. Dann aber ging ein Jubel los an allen Ecken und Enden. Die Kranken und fast zu Tode Erschöpften lebten wieder auf, alles umringte froh den Schlossherrn, der schmunzelnd seinen Schnauzbart strich und sagte: "Das hat uns Gott geraten. Aber sooft ich ein Schwein schreien und eine Kuh brüllen höre, will ich an den Hannes-Jakob von Hobbach denken und an seinen guten Einfall."

(Quelle: Spessart-Sagen von Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 111ff)

Der Schafdieb

Zwischen dem Dorfe Hobbach und dem Weiler Unteraulenbach stand früher ein einzelnes großes Gehöft: der Dillhof. Sein Pächter hatte von jeher eine eigene Schäferei. Die Talwiesen und der Grashang an der rechten Hofseite bildeten treffliche Weideplätze. Ober Nacht ruhten die Schafe im Lattenpferch beim Wohnhause.

Vor vielen Jahren geschah nun, dass dem Hofbauer die schönsten Schafe gestohlen wurden. Aber von Dieben entdeckte man nichts. Wenn der Bauer einmal nicht schlief, blieben auch die Tiere unbehelligt. Als er eines Tages wieder nachdachte, was zu tun wäre, fuhr ihm ein Gedanke durch den Sinn. Mit der Drohung: "Wart nur,Gesindel!" beschloss er seinen Plan auszuführen. Gegen Abend nahm er die zweiläufige Flinte aus der Kammer und bestieg einen Baum, von dem er den Hürdenstall überschauen konnte. Die Zeit ward ihm freilich lang, und er wollte um Mitternacht missmutig den hohen Sitz verlassen. Da erblickte er einige Gestalten, die um den Hof schlichen und zu den Fenstern der Schlafstube hineinlugten. Alles schien ruhig. Wie ein unförmlicher, schwarzer Klumpen ragte das einsame Gehöft in die mondhelle Nacht. Die Diebe kletterten vorsichtig über den Zaun. Der bleiche Mond blinzelte verächtlich auf einen Diebesgesellen, der soeben ein Schaf erfasste und sich mit ihm davonmachen wollte. Ja, wenn der Bauer im luftigen Verstecke nicht gewesen wäre! Der drückte in mächtiger Wut das Gewehr an die Wange, ein Schuss, ein Schrei - und der Dieb lag am Boden. Seine Genossen hoben ihn geschwind auf und schleppten ihn heimlich ins nahe Dorf. Im Viehstalle des Wiesenhofbauern starb der schwer verletzte Dieb. Um jede Spur des Geschehenen zu verwischen, rissen seine Kumpanen den Stallboden auf und begruben den Toten darunter. Seit dieser Nacht aber wurde das Vieh unruhig. Es zerrte an der Kette, hüpfte geängstigt auf und brüllte. Eines Morgens fand man gar die schönste Kuh im Stalle, die "Blaß", erwürgt vor. Sie hatte sich in die eigene Kette verschlungen. In dieser Not riet der Nachbar, den Stallboden aufzuhacken; vielleicht wäre etwas zu entdecken, was mit der Peinigung des Viehes im Zusammenhang stünde. Da sah man einen Leichnam, dem nun der Bauer sein Unglück zuschrieb. Und er lud den Toten auf den Wagen und fuhr ihn auf einen Acker, der zur Abteilung "Donneräcker" gehörte. Hier wurde die Leiche des Diebes verscharrt. Kein Kreuz, kein Stein bezeichnete den Ort des Begräbnisses. Allein wie erstaunte der Bauer, als er im nächsten Jahre auf seinem Felde widriges, hohes Dornengestrüpp erblickte! "Premedörner", sagen die Leute dort. Der ärgerliche Mann suchte sie aus zu rotten, doch vergeblich. Immer wieder schössen neue hervor wie Zeichen eines unglückseligen Todes. Und wenn einer nachts den Feldweg hinunterging, dann wandte er ängstlich den Blick nach dem verrufenen Acker und war froh, wenn er ihn hinter sich hatte. Seit einigen Jahren blieb das Dornengestrüpp aus, so dass die Leute meinen, die Seele des so elend umgekommenen Diebes habe ihre Ruhe gefunden. 

(Quelle: Spessart-Sagen von Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 123f)


In Valentin Pfeifers Spessartsagen wird von einem Mord berichtet, der an einem auf frischer Tat ertappten Schafdieb begangen worden sein soll. Das Stadtarchiv Wertheim bewahrt eine Akte vom März 1557 auf, wegen Ermordung des Hans Bolender, + 1557, aus Aulenbach. Danach musste die Witwe die Kinder an Familien in verschiedenen Orten abgeben.

Die zahlreiche Sippe der Bohlender unter der Federführung von Toni Bohlender aus Seckmauern errichtete 2007 ein neues Steinkreuz (das alte Kreuz ist verschollen), gegenüber der Hesselsmühle und dem Fischweiher am Eingang zum Wildensteiner Tal. Eine Ruhebank, gestiftet von der Bohlender-Sippe lädt zum Verweilen ein.

Das um die Mitte des 20. Jahrhundert verschwundene Bolenderkreuz zwischen Eschau und Unteraulenbach soll das älteste Rugkreuz im Spessart gewesen sein.  

23. und 26. 3. 2007 - Main-Echo, Obernburg.

Die ungleichen Brüder


Zu einem Amtmanne auf dem Wildensteiner Schloss, der einen bösen Ruf hatte, kamen einmal vorzeiten zwei Brüder, weither aus dem Schwabenlande gebürtig, die daheim weggegangen waren, um sich ein Unterkommen zu suchen. Der älteste hieß Rasmus und war ein Schreiber, der jüngste trug eine Geige mit sich und war ein Musikant. Doch nannte man ihn auch den Haubenschneider, vielleicht weil er das Handwerk gelernt hatte und darauf sich zu nähren pflegte.

Als der Amtmann nun lange genug sich mit ihnen besprochen hatte, nahm er Rasmus zu seinem Schreiber an und ward von Tag zu Tag mehr Freund mit ihm: denn der Rasmus war ein feiner Kopf, und der Amtmann merkte bald, dass er ihm zu seinen bösen Stücken wohl helfen könne. Den Musikanten konnte er zwar nicht brauchen, aber er hieß ihn auch dableiben: denn er hatte ihn gern um sich und ließ ihn manchmal ein Lied singen, um sich die bösen Gedanken zu vertreiben. Da wollte dieser auch einmal ein Kirchenlied singen, welches anfängt:

O wüster Sünder, denkst du nicht,
was dein verruchtes Leben
an jenem großen Weltgericht
für Lohn dir werde geben?

Darüber wurde der Amtmann so bös, dass er aufsprang und ihm die Geige zerschlagen wollte und ihn anfuhr, er solle nur gleich weitergehen und ihm niemals mehr vor die Augen kommen. Der Haubenschneider nahm seine Geige und seinen Stecken und ging auch alsbald, und sein Bruder Rasmus gab ihm das Geleite. Wie sie nun durch Wildenstein gekommen und aus dem Wald getreten waren, wo man unten im Tal die Hesselsmühle liegen sieht und links im Grund Eschau, nahmen sie voneinander Abschied, und der Haubenschneider sagte: "Rasmus, wir werden in dieser Welt einander nicht mehr sehen, aber einst, zu deinem Begräbnisse, werde ich kommen. Laß midi dann Gutes von dir hören. Du bist in ein gutes Haus gekommen und gerätst wieder auf deinen alten bösen Weg, was Gott verhüte!" Das ging dem Rasmus durchs Herz, und er gab seinem Bruder die Hand und weinte und versprach ihm alles Liebe und Gute - dann schieden sie.

Als der Rasmus aber von seinem Bruder getrennt war, war sein guter Engel von ihm gewichen, und bald hatte er sein Versprechen wieder vergessen. Durch den Amtmann kam er herunter nach Eschau und wurde zum Kornmesser gemacht. Nun tat er, was ihm wohl gefiel, hielt den Amtmann, die Herrschaft und die Untertanen ganz gleich - er betrog sie nämlich alle drei mit falschem Maß und wurde je länger je ärger. Es kamen teure Jahre, und in der ganzen Gegend wurden die Leute ihm schuldig. Aber da mochten die Schuldleute kommen, denen er in teuren Zeiten einen Vorschuss geleistet, und auf die Knie vor ihm fallen und um noch ein wenig Geduld betteln, er kannte kein Erbarmen: Er ließ ihnen die einzige Kuh aus dem Stall und das Hemd vom Leibe verkaufen und trieb sie fort ins Elend, und wenn sie meinten, es würden ihre und ihrer Kinder Tränen ihm noch auf der Seele brennen, so meinte er, die würden ablaufen wie das Regenwasser von einem Ziegeldach. Freunde hatte er keine, vielmehr die Leute seufzten und schrien wider ihn zu Gott, bis der sie endlich von ihm erlöste. In einer Nacht hörte man ihn fürchterlich schreien, bald im oberen, bald im unteren Stock, bald in der vorderen, bald in der hinteren Stube - am Morgen lag er tot im Bett, das ganze Gesicht blau unterlaufen. Beweint hat ihn niemand, bei seinem Begräbnis aber ist's seltsam zugegangen.

Wie nämlich der Pfarrer ihn eingesegnet hat und die Gemeinde anstimmt: "Nun lasst uns den Leib begraben", und man den Sarg ins Grab lässt, da kommt ein fremder Mann gegangen, drängt sich durch die Leute und wirft drei Handvoll Erde auf den Sarg und ist der einzige, der nasse Augen hat. Er war der Haubenschneider, der zu seines Bruders Begräbnis gekommen. Er war auch alt und grau geworden, aber er hatte noch seine Geige anhängen, gerade wie ehedem. Als das Grab fertig war, steckte er das Kreuz darauf und ging mit den Leuten zum Gottesacker hinaus. Er fragte nach, wie sich sein Bruder gehalten, aber da hörte er ein böses Gerücht. Das ging ihm durchs Herz, und wie er genug und übergenug gehört hatte, sagte er bloß: "Es ist also doch wahr!" ging rechts ab von den Leuten, hinüber zu dem Platz, wo er seinen Bruder noch einmal weichmütig gesehen hatte und mit einem guten Vorsatz, baute sich dort ein Häuschen und wohnte daselbst viele Jahre. Er war freundlich und dienstfertig zu jedermann, aber er sprach nicht viel mit den Leuten, sondern war immer allein; nur singen und spielen hörte man ihn jeden Morgen und Abend. Einmal war er krank, und als er sich mehrere Tage gar nicht mehr hatte sehen lassen, hörte ihn eines Abends ein Mann, der mit Holz aus dem Walde kam und an seinem Häuschen ausruhte, gar beweglich singen:

Valet will ich dir geben, du arge, falsche Welt,
Dein sündlich böses Leben durchaus mir nicht gefällt.
Im Himmel ist gut wohnen, hinauf steht mein Begier.
Da wird Gott ewig lohnen dem, der ihm dient allhier.

(Valet = Lebewohl; veralteter Abschiedsgruß)

Dem Holzbauer trat, während er ihn singen hörte, das Wasser in die Augen. Es war wohl sein letztes Lied gewesen. Tags darauf hat man ihn tot in seinem Bett gefunden. Das Gesangbuch war noch aufgeschlagen, aus dem er gebetet, das Öllämpchen war ausgebrannt, das Wasserkrüglein leer, und die Saiten auf der Geige zersprungen - er aber lag da wie schlafend.

Der Rasmus, sagt man, kann im Grabe keine Ruhe finden. Auf dem Speicher misst er oft ganze Nächte hindurch das Korn, kehrt zusammen und hebt die Säcke; am Morgen aber liegt alles wieder an seinem Ort. Einmal waren Leute auf dem Speicher und redeten von ihm, und einer rief: Rasmus, komm! Da stand er plötzlich da, und als sie eilends die Treppe hinunter sprangen, fiel der, welcher gerufen hatte, und brach das Bein. Auch in einem anderen Hause, wo er einen Fruchtboden hatte, musste er sein Wesen treiben. Der Mann im Hause hörte, wie er einfasste und abstrich und dabei in einem fort fragte: "Wo soll ich's denn hintragen, wo soll ich's hintragen?" Da fasste sich der Mann ein Herz und rief: "Trag's wieder hin, wo du's genommen hast!" Wie er das gesagt hatte, war alles still, und seitdem hat er sich nicht mehr im Hause hören lassen.

Seines Bruders Name wird hie und da auch noch manchmal genannt, wiewohl sein Häuschen verfallen und unter dem Heidekraut und Gebüsch, das jetzt dort wächst, wenig mehr davon zu sehen ist. Manche Leute nämlich, wenn sie spät in der Nacht den Wald herabgekommen sind über die Münzplatte, haben mit einem Male, als wenn's aus der Luft käme, eine Musik gehört von lauter Geigen, so hehr und lieblich, als wenn die Engel im Himmel selber die Spielleute wären. Rechtschaffenen Leuten kommt's Beten drüber an - wenn aber einer flucht, so lautet's, wie wenn eine Saite zerreißt auf einer Geige, und die Musik hört auf.

Wo die Musik wohl herkommen mag? Die droben sind, mögen nicht mehr auf diese Welt, und die drunten - dürfen nicht; es ist aber so eine Rede geworden, wenn einer die Musik hört und fragt, wer denn die Geige spiele? dass man sagt: das tut der Haubenschneider.

(Quelle: Spessart-Sagen von Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 115ff)

Die verwünschte Frau vom Schloß Wildenstein

Als die Grafen von Rieneck ausgestorben waren und der Amtmann ins Dorf Eschau herabzog, war das Schloss nur noch vom Schäfer bewohnt. Der hatte ein Stück Ackerfeld für sich und einen Weideplatz für seine Schafherde.

Einmal nun stand der Schafpferch auf dem so genannten kleinen Höhacker, an den oben und unten das Gebüsch des Waldes anstieß. Es war Nacht, und der Schafknecht lag in seiner Pferchhütte und schlief. Da wurde plötzlich seine Hütte erschüttert, so dass er erwachte und hinaussah. Zu seinem Schrecken erblickte er eine weiße Frau. Die hatte einen schwarzen Schleier um den Kopf und winkte ihm. Der Schäfer aber hatte eine solche Angst, dass er die Augen zudrückte und tiefer in seine Hütte kroch. Morgens erzählte er die nächtliche Erscheinung seinem Herrn. Der sprach ihm Mut zu. "Wenn die Frau wieder kommt", sagte er, "dann rufst du sie an mit den Worten: Alle guten Geister loben den Herrn. Was ist dein Begehr?"

Die andere Nacht kam die Erscheinung wieder, und der Knecht tat, wie ihm sein Herr angeraten hatte. Da sprach die Gestalt: "Ich bin die verwünschte Frau vom Schloss Wildenstein, und du kannst mich erlösen. Sei morgen in der Nacht zwischen elf und zwölf Uhr an der Schlossbrücke, da komme ich, aber nicht so wie jetzt, sondern als eine Schlange, und ich werde mich an dir hinauf winden und dir die Schlüssel geben. Du darfst dich aber nicht fürchten, ich tu' dir nichts und kann dir nichts tun." Der Schafknecht willigte ein und sagte: "Ja, ich werde kommen!"

Was soll ich mich fürchten? dachte er. Moses fürchtete sich ja auch nicht vor der Schlange, die aus dem Hirtenstab wurde. Er fasste guten Mut und war im Innern stolz darüber, dass gerade er berufen sei, die verwünschte Frau zu erlösen. Und er fand sich zur bestimmten Zeit an der Schlossbrücke ein. Auf einmal erhob sich ein fürchterliches Krachen im Schloss, dass man glauben konnte, der ganze Bau stürze in sich zusammen, und es rauschte und rollte um ihn her wie Gewitterdonner. Siehe nun! Da kommt im Scheine des Mondes eine große eisgraue Schlange gekrochen, die hatte ein Gebund Schlüssel im Maul, und sie fuhr auf den Schäfer los, um sich an ihm empor zu winden. Den aber befiel ein solcher Schrecken, dass er laut aufschrie und davonlief.

Im selben Augenblick aber wurde die Schlange wieder zu einer Frau, jammerte herzzerreißend und rief: "Wehe! Jetzt dauert's wieder hundert Jahre, bis ich erlöst werden kann. Denn es wird ein Kirschbaum wachsen drüben im Wald, und von ihm werden Bretter geschnitten, und aus den Brettern wird eine Wiege gemacht werden. Erst jenes Kind, das zuerst in dieser Wiege liegt, kann mich erlösen!"

Am folgenden Tag nahm der Schafknecht seine Schäferschippe und seinen Hund und wanderte weiter. Er hätte das Weinen und Jammern der Frau nicht noch einmal hören können.

Quelle: Spessart-Sagen von Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 114f


Der Schwedenkopf

Im Dreißigjährigen Kriege hatte auch Eschau, ehemalig ein bekannter Marktflecken des Vorspessarts, zahlreiche Drangsale zu erdulden. Brandschatzungen und Plünderung ließen die Einwohner verarmen, und nach dem Hunger stellte sich die Pest ein. Die schreckliche Seuche raffte ganze Familien dahin, und die Toten wurden ohne Sarg und ohne Sang und Klang eingescharrt. Man schrieb die Krankheit einer Vergiftung der Brunnen zu, und so suchte man sich durch Ausgrabung frischer Brunnen zu helfen. Zuerst wurde ein neuer Brunnen an der Kirchentreppe gegraben, hernach einer in der so genannten Vorstadt und außerdem noch ein solcher beim Hause des Wagners, der im Volksmunde der Millionenwagner heißt. Aber das Wasser, das aus allen diesen Brunnen floss, hatte die bläuliche Farbe und war Pestwasser. Endlich wollte man noch einen letzten Versuch wagen und grub den fünften Brunnen in der Mitte des Dorfes. Aber es fehlte an Händen, die wacker mit Zugriffen; denn die Pest hatte schon so aufgeräumt, dass die wenigen Leute, die gesund und kräftig waren, für das begonnene Werk nicht ausreichten.


Da kamen gerade, als man schon daran dachte das Unternehmen aufzugeben, die Schweden ins Dorf, eine ganze Kompanie. Und weil sie für längere Zeit in Eschau Quartier beziehen wollten, erboten sie sich, den Brunnen zu graben. Sie hatten ihn auch bald fertig gestellt. Man untersuchte das Wasser voller Spannung und Erwartung, ob es genießbar wäre, und siehe, es war hell und klar und konnte ohne Bedenken getrunken werden. Doch die Leute waren ängstlich geworden und fürchteten, der neue Brunnen werde nach kurzer Zeit doch wieder trübes Wasser haben. "Ei", sagte der schwedische Hauptmann, "ich rate euch, lasst einen Schwedenkopf aushauen und am Brunnen anbringen; da bleibt das Wasser unversehrt; denn vor einem Schweden fliehen selbst Pest und Teufel." Und die Leute folgten dem Rat, ließen neben dem Brunnen eine Säule errichten und darauf einen aus Stein gemeißelten Kopf befestigen, der den Kopf eines Schweden vorstellen sollte.

Die Säule, an der die Schweden ihre Pferde beim Tränken anhängten, nannte man die "Schwedensäule", und der Kopf darauf wurde "Schwedenkopf" genannt. Die Säule blieb als Wahrzeichen des Dorfes bis ins 19. Jahrhundert bestehen. Der Brunnen aber gab sein Wasser stets hell und unverdorben und wurde erst nach dem Bau einer Wasserleitung zugeschüttet.

Quelle: Spessart-Sagen, Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 110f


Das Niesen

Unterhalb Eschau, von der Aubachbrücke bis zur Wegscheide, hörten einst die Leute zur Nachtzeit immer jemand kräftig niesen. Hatzi, hatzi! Aber sehen konnte man nichts, sosehr man auch nach allen Seiten ausspähte. Bei Tage, oder wenn irgendein Mensch zu erblicken gewesen wäre, hätte einem das viele Niesen lachend gemacht. So aber klang es unheimlich durch die Mitternachtsstille, und die Wanderer gingen jenes Wegstück eiligen Schrittes und atmeten auf, wenn sie die Wegscheide und die Aubachbrücke hinter sich hatten. Einmal nun kehrte der Eschauer Hannese Fritz vom benachbarten Rück nach Hause, und als er an den Kreuzweg kam, wo der Bergpfad zum Neuhof und nach Streit abzweigt, hörte er niesen: "Hatzi, hatzi!" Dreimal, viermal und mehr. Der Mann sann vor sich hin, dachte gar nicht daran, dass er am verrufenen Platz vorüber schritt und sagte nach seiner Gewohnheit: "Helf Gott!" Darauf antwortete eine Stimme: "Dank Gott!" und sie fügte noch bei: "Ein Glück, dass du mich angesprochen hast, jetzt bin ich erlöst." Bis der Hannese Fritz recht zu sich kam und ihm der Schreck in die Haare steigen wollte, hatte die Stimme ausgeredet, und es war alles wieder still. Von der Stunde an blieb das unheimliche Niesen fort und ließ sich nicht wieder hören.

So kann der Wanderer um Mitternacht getrost jenen Weg gehen; man hört nur das trauliche Murmeln des Aubaches und das freundliche Rauschen der Erlenbüsche im Nachtwind.

Quelle: Spessart-Sagen, Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 110


Die Nachtmahlskannen

Ehe das Schloss Wildenstein an die Grafen von Rieneck kam, gehörte es den Münzenbergern. Vielleicht haben diese Herren ihren Namen davon bekommen, dass sie, wie man sagt, eine eigene Münze hatten auf dem Berg, oberhalb Eschaus, den man heutzutage die "Münzplatte" heißt; denn sie waren sehr reich. Wenn sie aber einer gefragt hätte, wie sie zu dem vielen Gold und Silber gekommen wären, das da oben gemünzt wurde, würde die Antwort nicht schön gelautet haben. Mancher Kaufmann wusste davon zu sagen, den sein Weg durch den Spessart oder den Main herunterführte, manches Dorf und manches Städtlein, das ihren Zorn einmal unversehens gereizt, und die armen Untertanen auch, mit denen sie kein Einsehen und Erbarmen hatten. Es ist vielleicht auch mancher unter diesen Herren gewesen, der gerade nicht so schlimm war, der letzte aber, der auf dem Schlosse hauste, ehe es an die Rienecker kam, war noch einmal ein echter Münzenberger, trotzig, waghalsig, raubsüchtig und geizig. Weil aber nun das Geschlecht sein Maß erfüllt hatte, hob nun auch das Gericht über ihn an, und wie das erfüllt wurde, weiß man heutzutage noch zu erzählen.

In seinen jungen Jahren nämlich hatte dieser letzte Schlossherr von Wildenstein einmal ein Dorf angezündet und ausgeplündert, und hernach wollte er das geraubte Gut teilen lassen. Wie nun seine Knechte vor ihm auf einen Haufen legen mussten, was ein jeder gefunden, brachten sie auch die Nachtmahlskannen herbei, die sie aus der Kirche geraubt hatten. Diese wollte er für sich behalten, denn sie waren von purem Gold und gar sauber gearbeitet. Da trat der Pfarrer herzu und riet ihm ab: er möchte sich nicht daran vergreifen, denn es könnte ihm nimmermehr Glück bringen - weder ihm noch seinen Kindern. Er ließ sich aber nichts einreden, sondern frevelte noch dazu, indem er sagte: er wolle erst abwarten. Wenn ihm die Kannen Unglück ins Haus brächten, dann könne er sie immer wieder zurückschicken, wenn aber nicht, so sollten sie bei ihm auch gut aufgehoben sein, und er wolle denken, sie seien ihm beschert und bestimmt gewesen. Wie er heimkam aus dem Krieg, wollt er's doch nicht Rede haben, sondern verbarg die Kannen im Keller unter einem Steinhaufen, und wenn er zuweilen hinunterging, um sie sich anzusehen, durfte niemand mit als sein großer, schwarzer Fanghund, der niemals von seiner Seite kam, so dass niemand erfahren hat, wo sie denn eigentlich lagen. Da geschah es nun, dass der Schlossherr durch Unrecht, Raub, Gewalt und Bedrückung von Jahr zu Jahr reicher wurde, und wie seine drei Söhne heranwuchsen, von denen die zwei ältesten waren wie der Vater - der jüngste aber war der Mutter nachgefahren und hatte ein gut Gemüt -, konnte er jedem von ihnen ein Schloss bauen.

Dem ältesten baute er eines an den Künigenberg im Wildenseer Grund und füllte ihm das ganze Haus mit Gold und Silber, denn er hatte ihn am liebsten; auch ließ er ihm einen großen Hirsch von lauterem Golde machen und stellte ihn über das Schlosstor, den sah man glänzen und blinken schon von weither. Dem zweiten baute er eines in den Heßgrund neben das Dorf Heckbach, und dem dritten baute er eines auf die Wiese oberhalb Unteraulenbachs. Es sah nicht aus, wie wenn ein Unglück kommen wollte über den Schlossherrn und seine Kinder, und er war so sicher und wohlgemut wie nur einer.

Wie er nun einmal des Abends in seiner Stube sitzt und durchs Fenster schaut, fliegt ein Rabe heran und schlägt mit dem Schnabel ans Fenster. Der schwarze Hund steht auf und fängt kläglich an zu heulen, und wie er ihm wehren will, tut's einen solchen Schlag, dass das ganze Schloss zittert und der Schlossherr sich am Stuhle halten muss. Folgenden Tages kommt die Nachricht, dass das Schloss am Künigenberg gestern Abend um die und die Stunde mit allen Leuten untergegangen sei; nur der Schlot gucke noch heraus, und au: dem komme der Schlossbrunnen geflossen wie aus einer Röhre.

Eine Weile ging's dem Münzenberger hart nach, denn er dachte an die Nachtmahlskannen und an den Pfarrer; er war still und in sich gekehrt und war nicht mehr so hart und grausam gegen die Leute. Nach etlichen Monaten aber starb sein Weib, die ihn von manchem Bösen zurückgehalten, und er nahm eine Haushälterin, Else geheißen, die ebenso hartherzig und geizig war wie er selbst. Bald war sein Gewissen wieder still geworden, und er trieb's wieder wie zuvor.

Jetzt kam ein großer Krieg ins Land. Der Feind kam und hauste mit Sengen und Brennen so übel, dass es zum Erbarmen war. Just um die Zeit, als der Feind heranzog, hatte der Schlossherr auf Wildenstein einen bösen Traum. Es kam ihm nämlich vor, als ob das Schloss, das er im Hessgrund gebaut hatte, auch nicht stehen bleiben wolle, sondern sich senke, und wie es schon stockwerkstief eingesunken, erscheine sein Sohn am Fenster und rufe: "Da seid Ihr dran schuld, Vater, weil Ihr das Haus auf Sand gebaut und weil Ihr kein Kreuz darauf gesteckt habt, und weil die Kannen noch unter dem Steinhaufen liegen." Wie er erwachte, schickte er gleich einen Boten nach Heckbach, er solle sehen, was sein Sohn mache, und wie er dem Boten nachschaut, steigt hinter dem Berg, wo Heckbach liegt, ein großer Rauch auf. Da ward's ihm noch bänger. Endlich
aber kam der Bote zurück und meldete, der Feind habe das Dorf abgebrannt und sei weiter gezogen; das Schloss stehe aber noch, und sein Sohn sei wohl und lasse ihn grüßen. Da ward's ihm wieder leichter, und er meinte, das werde ihm im Traum vorgegangen sein.

Wie er aber des Abends in seinem Zimmer sitzt, heult der Hund wieder, gerade wie damals, und wie er zum Fenster hinaussieht, kommt der Rabe wieder geflogen - langsam wie ein Vogelgeier, aber geradeaus wie ein Pfeil - und schlägt mit dem Schnabel ans Fenster, und es kracht wieder, wie wenn die Erde auseinander fahren wollte. Da war das Schloss im Heßgrund auch untergegangen, und wie er sich folgenden Tages den Ort besieht, ist keine Spur mehr davon zu sehen - nur noch ein großer leerer Platz, wo es gestanden, und dabei die Mauern von dem verbrannten Dorf, gerade wie man's heutzutage noch zwischen Heidekraut und dem Gebüsch sehen kann.

Diesmal war's dem Schlossherrn doch zu arg geworden! Er konnte sich des Pfarrers Worte nicht mehr aus dem Sinn bringen und vertraute die Sache von den Nachtmahlskannen der Else an - wo er sie aber versteckt hatte, das sagte er nicht. Diese aber wollte ihm nach dem Munde reden und sagte: "Hin ist hin! Eure Söhne kommen doch nicht wieder, der dritte aber ist ein Betbruder, dem wird's nicht schaden, wenn Ihr auch die Kannen behaltet." Das gefiel dem Münzenberger wohl, denn der Geiz hatte sein Herz in einen Stein verwandelt, und er tat wie zuvor, doch sprach er schier mit niemand mehr ein Wort als mit der Else und seinem Hund, lachte auch nicht mehr, sondern war stumm und finster.

Wiederum ist der Schlossherr eines Abends in seinem Zimmer. Sein schwarzer Hund war krank geworden und eben am Verenden -, der Schlossherr hält ihm ein Schüsselchen mit Milch unter die Schnauze, das er fressen soll, aber der Hund rührt sich nicht. Mit einem Male aber steht er auf und stößt wieder sein erbärmliches Geheul aus, dann fällt er um und streckt alle viere von sich. Der Schlossherr fährt zusammen und läuft ans Fenster. Da kommt der Rabe wieder geflogen, geradeaus wie ein Pfeil, diesmal aber nicht langsam, sondern schnell, dass die Luft pfeift, und schlägt mit seinem Schnabel an das Fenster, dass die Scheibe klirrt. Da tut der Münzenberger einen Schrei, dass es einem durch Mark und Bein geht, und ruft: "Zwei sind hin, und jetzt kommt's an den dritten: Lauft und holt mir den Pfarrer, denn ich muss beichten!" Die Else läuft in einer Hast nach Eschau und holt ihn. Wie er ankommt, war's dunkel geworden, und wie ihn die Else ins Herrenzimmer führt, waren die Lichter angesteckt, und der Münzenberger schreit in einem fort: "Zwei sind hin, jetzt kommt's an den dritten!" Der Pfarrer vermahnt ihn, dass er sich das Herz erleichtern solle, und der Schlossherr nickt mit dem Kopf und sagt: "Die Kannen liegen im - im" - weiter kommt er nicht. Seine Kinnbacken ringen an zu arbeiten, als wenn er noch etwas sagen wollte, konnte es aber nicht herausbringen. Der kalte Schweiß trat ihm auf die Stirne, dann schnappte er noch einmal nach Luft, und - aus war es mit ihm. Wie er nun daliegt mit offenem, aufgesperrtem Munde, wie wenn er noch etwas zu sagen hätte - hui! da klirrt das Fenster, die Scheiben fahren auf den Boden, und der Rabe schießt herein, fliegt schreiend durchs Zimmer und schlägt mit seinen Flügeln die Lichter aus, dass es stockfinster wird.

An jenem Abend ist die Else närrisch geworden. Da der jüngste Sohn nicht herauf ins Schloss ziehen wollte, blieb sie allein drin wohnen. Bei Tag ging sie niemals heraus, in den mondhellen Nächten aber kam sie herunter ins Dorf an den Brunnen und wusch ihre Wäsche. Sie grüßte nicht und dankte nicht, wenn ihr jemand begegnete; wenn man aber fragte: "Wie geht's, Else?" blieb sie stehen, sah einen mit starren Augen an und murmelte: "Es wirft, es wirft im Keller mit Steinen - man kann kaum bleiben vor dem Werfen."

Nun war noch der jüngste Sohn des Schlossherrn übrig; der war ein rechtschaffener, leutseliger Mann und hatte sich verheiratet - Kinder aber hatte er nicht. Sonst ging's ihm gut, alle Menschen gönnten's ihm, und er lebte noch lange mit seinem Weib, nachdem sein Vater gestorben war. Da zog der Krieg wieder heran, und alle Leute, die einzeln wohnten, flüchteten; so wollten denn auch die beiden Herrenleute, weil sie das Wildensteiner Schloß nicht bewohnen wollten, hinabziehen nach Eschau.

Ihre Habe hatten sie zusammengepackt, die Pferde waren angeschirrt und standen im Hof - vom Tale aber zog ein Gewitter auf. Wie sie nun über die Schlossbrücke fahren, bricht das Wetter los, es donnert und blitzt, und die Pferde werden scheu und springen mit dem Wagen in den See; darin sind die Herrenleute ertrunken. Den Grund, der ihnen gehörte, heißt man heute noch den Herrengrund, und die Wiese, wo ihr Schloss stand, die Herrenwiese und den Brunnen, der dort quillt, den Herrenbrunnen. Das Schloss aber verfiel ganz und gar, und aus den Steinen ist das erste Haus in Unteraulenbach gebaut, links am Weg, wenn man von Eschau aus ins Dorf kommt. Hiermit war das Geschlecht der Münzenberger ausgestorben, und das Wildensteiner Schloß und Amt kam an die Grafen von Rieneck, die ein edles Geschlecht waren und viele Jahre regierten.

Der Künigenbrunnen im Wildenseer Grund, dort, wo das Schloss mit dem vielen Gold und Silber versunken, fließt heute noch und spült von dem vielen Golde hie und da aus. Vor nicht langer Zeit sind fremde Leute von weither gekommen und haben Sand aus dem Brunnen geholt, und nach einem Jahr holten sie wieder, und niemand wusste, woher sie waren und was sie damit wollten. Wie sie aber zum dritten Male gekommen und den Sand geholt hatten, sagten sie: "Jetzt kommen wir nicht mehr, wir haben nun Goldes genug; wenn die Leute wüssten, was in dem Sand ist, könnten sie alle reich werden." Man vermutet, es seien Bergleute gewesen.

Quelle: Spessart-Sagen, Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 130ff

Dies ist nur ein kleiner Auszug aus dem Sagenschatz des Spessarts. In dem Buch "Spessart-Sagen" von meinem Großonkel Valentin Pfeifer, erschienen im Pattloch-Verlag, können Sie die Sagenwelt des Spessarts erkunden und sich verzaubern lassen.

Die Rechte der Spessartsagen liegen bei der Versandbuchhandlung Marianne Pattloch. Für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe, möchte ich mich herzlich bedanken.


Und nun eine Geschichte aus dem 3. Bändchen der "Spessart-Märchen" von Valentin Pfeifer, Aschaffenburg.

Bevor ich Ihnen dieses Märchen "erzähle", möchte ich Ihnen das Vorwort aus dem 1. und 2. Bändchen nahe bringen.

"Es war einmal - als mir noch die Sonne der Kinheit leuchtete. Da saß ich auf meinem Schemel am warmen Ofen daheim bei Vater und Mutter. Draußen vor den Fenstern lag die kalte, schwarze Winternacht. Und im hellen Schein der Stehlampe versammelten sich Eltern und Nachbarn. Der Vater drehte den Haspel, die Mutter spann und erzählte dabei allerlei Geschichten und Märchen. Einige davon stehn in diesem Büchlein. Möchten sich Kinder daran freuen und auch Erwachsene, die gerne zurückdenken ins Blütenland der Jugend!"

Aschaffenburg, Weihnachten 1920

"Im dunklen Spessartgebirg weiß ich ein stilles Tal, durch das zieht ein langes Dörfchen hin und oben, wo´s aufhört, wo das schmale Wässerlein in den Wiesengrund hineinkullert, da steht ein grünes Haus, darinnen wohnte eine Mutter, meine Mutter. Die hat in langen Winternächten allerlei Geschichten erzählt, auch viele Märchen. Sie sprach so ergreifend und schlicht, denn sie nahm ihre Worte aus dem Herzen...."

--Dieses oben erwähnte grüne Haus war - und ist - 28 Jahre später auch mein Elternhaus und Valentins Mutter, meine Urgroßmutter Eva.-- 

Und nun das Märchen:

Der Bauer und der Teufel

In Mönchberg (einer Nachbargemeinde von Sommerau) war ein Bauer, der wollte gerne reich werden und verschrieb sich dem Teufel für einen Sack voll Gold. Hänge nur deinen Sack in den Schlot, sprach der Teufel, dann werfe ich von oben soviel Geld hinein, bis der Sack voll ist. Der Bauer war aber ein schlauer Kunde, nahm einen Sack, schnitt ihn unten auf und hängte ihn hernach in den Schlot. Der Teufel kommt und schüttet einen Haufen Geld hinab. Das fällt durch den Schlot und den aufgeschnittenen Sack herunter in die Küche und der Bauer schafft es geschwind beiseite. Fragt der Teufel: Ist der Sack bald voll? Antwortet der Bauer: Was denkst du, man sieht noch gar nichts! Ärgerlich fährt der Teufel davon, holt wieder eine Menge Geld und leert´s in den Schlot. Jetzt ist doch der Sack bald voll! ruft der Teufel von oben herab. Ach wo, entgegnet der Bauer, der Boden ist noch nicht einmal bedeckt. Das muß ein Sack sein so groß wie ein Wagentuch! schreit zornig der Satan. Sieh doch selbst nach! erwidert der Bauer. Und der Teufel guckt in den Schlot und sieht auch den Sack; aber drinnen ist´s noch ganz schwarz und glänzt kein Gold. Nochmal fliegt der Teufel fort und bringt schnaufend und ächzend soviel Geld, als er nur schleppen kann. Und die blanken Geldstücke klingen und klirren in die Küche herab, das ist ein Heidenspaß! Allein der Sack wird nicht voll, so oft auch der Satan Geld herbeiträgt. Ja, sagt der Bauer, dann ist der ganze Handel nichts; denn es war ausbedungen: Der Sack muß voll sein. So hast du auch keinen Teil an mir. Bei solchen Worten gerät der Teufel in Wut und brüllt: Da ist Betrug im Spiele, Aber was ist zu machen? Der Satan hat sein Wort nicht eingelöst und kann dem Bauern nichts anhaben. Und pfauchend fährt er in die Nacht hinaus und in die Hölle.

Noch nicht genug? Ich will mal nicht so sein und "lese" ihnen noch ein Märchen vor. Es kam mir im Januar/Februar 2009 in den Sinn.

Der Totengräber 

Einmal zog eine ansteckende Krankheit durchs Land und streckte die Menschen scharenweise auf die Totenbahre. Und bald lagen die Leichname überall umher, doch niemand begrub sie. Nun war in einem Dorfe ein Mann, der schätzte noch den alten Glauben, daß die Seele nimmermehr heimfindet zur ewigen Ruhe, hat der Leib kein ehrlich Grab. Und er fing an, die Toten zu begraben, Tag für Tag und trug keine Sorge, daß auch ihn die Krankheit ergreifen und dahinraffen könnte. Und es mögen Tausende gewesen sein, die er in die kühle Scholle senkte. Die Seuche verschwand wieder und die Menschen vergaßen wie immer das Leid und lebten vergnügt. Und wie jener Mann starb, wollte fast niemand seinen toten Leib geleiten dort den Hügel hinauf in den Garten des Friedens. Der Mann war arm und was er einst getan hatte, war vergessen. Aber siehe! Als die Totenlade abgeholt wurde, gingen dahinter eine Menge Leute, schwarz und still und es mögen Tausende gewesen sein, die in stummer Teilnahme dem armen Manne Ehre erwiesen. Und die Einwohner starrten aus den Häusern auf den langen Trauerzug und konnten sich den nicht erklären. Wie aber der Arme begraben war, verschwanden auf einmal die vielen Trauerleute. Also waren all die Toten gekommen, denen der Mann eine Ruhestatt gegraben hatte, und sie gaben den Dank, dessen die Lebenden vergaßen.

Die drei Bändchen wurden zusammengefasst und 1998 als Reprint vom Geschichts- und Kunstverein Aschaffenburg e. V. herausgebracht.

Und jetzt "erzähle" ich ihnen noch eine Geschichte aus aus dem Büchlein "Das Wirtshaus zu Rohrbrunn" von Valentin Pfeifer, (Paul Pattloch Verlag, Aschaffenburg) das es meines Wissens nicht mehr zu kaufen gibt. Die Geschichte hat folgende Überschrift:

Ein Bauer heilt einen Doktor

Ein Bäuerlein aus der Ortschaft Mespelbrunn, dem früheren Neudorf, wollte sich nicht seiner Lebtag auf steinigen Bergäckern herumplagen, sondern dachte sein Brot leichter zu verdienen. Er ging zu einem Arzt und fragte ihn, ob er nicht auch ein Doktor werden könne: Die Stirne wollte er schon gewaltig hochziehen, ein ernstes Gesicht machen und auch eine große Hornbrille aufsetzten, wie es sich für einen richtigen Doktor gehöre; davor wär`s ihm nicht leid. Der Doktor ging im Scherz auf den Wunsch des Bauern ein und riet ihm, er solle ein Töpfchen Wasser kochen und dieses einmal mit Heidelbeeren blau, das andermal mit Himbeeren rot färben und das drittemal mit Waldmeister grün. Und damit solle er zu Kranken gehen und ihnen zu trinken geben. "Schaden kann solche Arznei nicht!" sprach der Doktor und lächelte dazu. Und der Bauer ging heim und tat, wie ihm gesagt wurde. Nach einiger Zeit kam er in den Ruf eines Wunderdoktors, und weil er immer mit dem Töpfchen zu den Patienten ging, hieß er nur der "Töpfchesdoktor". Bei allen Krankheiten schickte man zu ihm und erst im Notfalle zum richtigen Arzt oder überhaupt nicht. Denn, wenn der Töpfchesdoktor nicht Rat wußte, wer sollte dann helfen können? Da wurde nun der Arzt, welcher dem Bauern Lehrmeister gewesen war, einmal selber krank. Er litt an einer gefählichen Stauung im Körper und es half kein Mittel und kein Doktor, soweit dieser auch herkam. Der Arzt sah schon den Tod vor Augen, und nun schickte seine Frau ohne Wissen des Kranken zum Töpfchesdoktor. Der kam dann auch und, als er hereintrat mit dem Töpfchen und dem roten Himbeerwasser darin, da fiel den Arzt das Lachen an, und er lachte und lachte, und sein ganzer Körper schüttelte und bog sich bei dem mächtigen Ausbruch von Heiterkeit; denn es dünkte dem Arzt zu spaßig, daß der Bauer auch an ihm Heilversuche unternehmen wollte. Und siehe - durch die große, lustige Erschütterung begannen Blut und Säfte wieder im Körper zu kreisen, es trat eine Wandlung zum Besseren ein - und der Arzt war gerettet. So heilte der Bauer auch den Doktor, und sein Ruf verbreitete sich jetzt noch mehr.


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T h e m a  2 - Fahrrad-Pilgerreise nach Santiago de Compostela in Spanien  

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Mein Jakobsweg-Tagebuch - Die Vorbereitungen und die ersten 5 Reisetage (ein Auszug).


Stadt-Wappen von SdCImpuls und Idee für meine Pilgerreise

Ende Dezember 2006 war ich wie fast jedes Jahr zum großen Grillfeuer der Wanderfreunde nach Volkersbrunn gewandert. Dabei konnte ich zwei Jakobspilgern lauschen. Der eine hatte den Weg zu Fuß, der andere mit dem Fahrrad bewältigt. Mit dem Fahrradpilger Josef Schmitt aus Volkersbrunn hatte ich mich anschließend noch unterhalten und erste Informationen gesammelt. Mit diesem Impuls habe ich zu Hause Anfang 2007 die Internet-Seiten der Jakobus-gesellschaften besucht und studiert. Dabei bin ich auf die Anzeige eines Franz Josef C. ¹) aus Düsseldorf gestoßen, der sich am 8. Juni 2007 mit dem Fahrrad auf die Pilgerreise nach Santiago de Compostela machen wollte und Mitpilger suchte. Als besondere Herausforderung, so schrieb er noch, wolle er auch die Rückfahrt mit dem Fahrrad bestreiten. Per E-Mail bekundete ich am 9. Januar mein Interesse und bekam noch am selben Tag auf dem gleichen Weg eine Antwort. Die Vorstellung von Franz war, am 8. Juni, zwei Tage nach seinem 60. Geburtstag, von Düsseldorf über Aachen, Maastricht, Brüssel, Paris, Bordeaux usw. nach SdC zu radeln. Die Rückfahrt sollte über die Schweiz und das Rheintal erfolgen. Als Zeitspanne waren ca. 8 Wochen vorgesehen.

Als Gründe für seine Pilgerreise nannte er: „Lossagung von den Zwängen der Arbeitswelt und anderen Zwängen. Regeneration, Fitness, Kraft sammeln, Abenteuer. Möglicherweise auch Neuausrichtung in einer neuen Lebensphase. Augenblicklich steht das Christliche noch etwas im Hintergrund.“ Weiter schrieb er: „Da ich auch einen Plan für die Zeit nach meiner Pilgerreise habe, bin ich bis auf den Zeitplan für vieles offen und auch für anderes begeisterungsfähig.“ 

Anmerkungen zu ¹)
Kurz nach unserer Pilgerreise rief mich Franz an und erzählte ganz begeistert, dass er mit 2 Zeitungen in Kontakt stehe. Er wollte wissen, ob er meinen Namen dort nennen dürfe. Ich hatte nichts dagegen, bat aber um eine Kopie der Veröffentlichungen. Des weiteren teilte er mir mit, dass er eine Einladung zum ZDF-Fernsehgarten habe. Das war dar letzte Kontakt mit Franz, er antwortete nicht auf meine E-Mails. Auch nach einem Telefonat mit seiner Frau, er war gerade nicht zu Hause, kam kein Rückruf. Ich akzeptiere, wenn er keine Verbindung mit mir haben will. Seinen Nachnamen habe ich aus diesem Grund nicht ausgeschrieben, denn ich konnte nicht erfahren, ob er mit der Nennung einverstanden ist.

Eine grosse Enttäuschung für mich war, dass er mir vor unserer Reise seine kompletten digitalen Fotos versprochen hatte und kein einziges bei mir eingetroffen ist. Blauäugig wie ich war - und heute noch bin ;-) - habe ich meine herkömmliche Kamera zu Hause gelassen. Aber es nahm, wie immer in schwierigen Situationen auf meiner Reise, einen positiven Ausgang. Mein französischer Pilgerkollege Paul, ein Maschinenbaustudent aus Rennes in der Bretagne, den ich in Spanien kennen lernte und den ich mit Wasser und Obst versorgte, schickte mir sein komplettes Bildmaterial und ich war gerettet. Auch Hubert Schledt, ein Jakobspilger aus  Eppertshausen, war an meinem Reise-Tagebuch interessiert, er besuchte mich und ich erzählte ihm von meinen Problemen, er schickte mir Fotos von seinen Pilgerreisen. Weitere Fotos, insbesondere aus Frankreich, konnte ich im Internet-Lexikon Wikipedia finden. 


In der Folgezeit meldeten sich noch einige Interessenten bei Franz, aber es blieb keiner mehr an der ausgelegten Angel hängen.

„Warum zögerst du, Freund des heiligen Jakobus, nach diesem Ort aufzubrechen, wo sich nicht nur alle Völker und Sprachen treffen, sondern auch die Engelchöre zusammenkommen und die Sünden der Menschen vergeben werden?...
...Im Namen unseres Herrn Jesus Christus. Nimm diese Tasche als Zeichen deiner Pilgerschaft, damit du geläutert und befreit zum Grab des heiligen Jakobus gelangen mögest, zu dem du aufbrechen willst ...
...und nach Vollendung deiner Fahrt zu uns mit Freude zurückkehrest...“

(aus einem mittelalterlichen Pilgerführer)


Die Informations-, Planungs- und Vorbereitungsphase.

In der Folgezeit besorgte ich mir Lesestoff zum Thema „Pilgerreisen nach Santiago de Compostela“ und machte mich so schon mal auf die Reise. In verschiedenen Reiseberichten war dann schon mal etwas über die Streckenlänge zu erfahren. Einfache Route ca. 2700 km, das sind 5400 km Gesamtstrecke. Franz hatte ca. 8
Wochen vorgesehen, das entspräche 56 Tagen, was bedeutet, einen Tagesschnitt von knapp 100 km leisten zu müssen. Ruhetage würden den Tagesschnitt noch erhöhen, das wären bei einem Ruhetag pro Woche ein Schnitt von mehr als 110 km Fahrleistung am Tag. Eine Woche mehr Zeit würde das ganze erheblich entspannen. Franz sah seine Vorgabe dann auch nicht so eng. Eine gute körperliche Vorbereitung ist bei diesen geforderten Tagesleistungen Voraussetzung, sonst sind Probleme vorhersehbar. Von der Fränkischen Jakobusgesellschaft, bei der ich einen Pilgerausweis, das sog. „Credencial del Peregrino“, anforderte, bekam ich zu meinem Ausweis noch hilfreiches Informationsmaterial geschickt. Auch aus dem Internet konnte ich mir viele nützliche Informationen holen. Alles lief auf den gleichen Punkt hinaus, möglichst wenig Ballast mitzunehmen und genau zu überlegen, was wirklich nötig ist.

Nachdem der Monat März schon sehr schönes Radlerwetter zu bieten hatte, konnte ich gleich mit den notwendigen Trainingseinheiten beginnen. Dabei mußte ich auch herausfinden, welchem meiner beiden Fahrräder ich den Vorzug geben sollte, dem Trekkingrad, Baujahr 1994, ohne Federgabel aber mit Sattelstützenfederung, oder dem Mountenbike Baujahr 1998, mit umgekehrtem Komfort. Das notwendige Reisegepäck mit einem Gewicht von ca. 30 kg brachte die Entscheidung für das Trekkingrad. Beim Studium mehrerer Fahrradreiseführer konnte ich die Empfehlung entnehmen, die Sraßenroute zu benutzen, da ein Befahren der Fußpilgerwege mit schwer bepacktem Fahrrad nur sehr eingeschränkt, oft sogar unmöglich ist.

Nun galt es, das 13 Jahre alte Fahrrad mit geschätzten 15 tausend km auf dem Buckel technisch auf Stand zu bringen, denn fast alles war noch original. Es gab zwar keine Mängel, aber der Verschleiß war sicher gegeben. Also eine komplett neue Antriebsgarnitur, die sowohl für die Berge, als auch für die Flachstrecken optimiert sein sollte, war fällig. Ein neues Lenkkopflager war nach der Überprüfung in der Werkstatt (eine Empfehlung) ebenfalls notwendig. Bremsen und neue sog. „unplattbare“ Bereifung wurde aufgezogen. Bei einer Trainingsrunde am 1. Mai, traf ich beim Echterspfahl im Spessart einen Sommerauer, Dieter Kempf. Ab hier radelten wir gemeinsam nach Rohrbrunn und von dort, über den teilweise sehr holprigen Eselsweg, nach Wildensee. Bei dieser Belastung, jedoch ohne Gepäck, hatte ich mir einen Speichenbruch am Hinterrad zugezogen. Es war nun schon der dritte im Laufe der Zeit. Zur Risiko-minimierung ließ ich mir nun noch ein neues Hinterrad mit stabilerer Doppelkammerfelge einbauen. Es gibt zwar keine absolute Sicherheit, aber man kann das Risiko klein halten. Von Dieter bekam ich dann noch ein Relikt, das es heute in keinem Geschäft mehr zu kaufen gibt, nämlich einen gefederten Lenkervorbau, der handgelenkschonender als mein starrer Vorbau und damit komfortabler ist. Auch einige Ersatzspeichen wurden am Sattelrohr mit Isolierband befestigt, denn Trekkingbikes mit 28“-Felgen sind in Frankreich und Spanien nicht üblich und deshalb sind nach entsprechenden Berichten, solche Ersatzteile nicht vorrätig.

Meine größten Bedenken waren jetzt, wie ich mit dem Sitzen, sprich mit dem Sattel, zurecht komme. Bei den Vorgaben müssen 8 Radelstunden am Tag kalkuliert werden und das läßt sich im Vorfeld nur schwer simulieren. So habe ich einige Sattel-Modelle probiert und bin zu guter Letzt bei meinem alten, erprobten Sattel geblieben. Bis zum Start hatte ich dann immerhin ca. 2500 Trainings-kilometer absolviert, mein Gewicht von 75 kg auf 71 kg reduziert und damit ein gutes Gefühl für die anstehenden Belastungen. Meinen Partner Franz ließ ich im März schon wissen, daß ich eifrig tätig bin, um ihn zu animieren, ebenfalls aktiv zu werden bzw. von ihm zu erfahren, wie es bei ihm mit den Vorbereitungen aussieht. Es kam aber zu diesem Thema von ihm kein Echo.

Auch die Frage, wie ich mich in die Planungen mit einbringen kann, blieb zunächst ohne Antwort. Er hatte mir schon vor Wochen mitgeteilt, daß er Kartenmaterial vom ADAC, zu dem er gute Beziehungen habe, besorgen wolle. Nachdem meine E-Mails unbeantwortet blieben, rief ich ihn an und mußte erfahren, daß noch keinerlei Vorbereitungen getroffen waren. Franz klagte, daß er 6 Wochen vor seiner Pensionierung sehr viel um die Ohren habe und auch die Vorbereitung seiner Abschiedsfeier (Mitte Mai), keine Zeit lasse für die Reiseplanung. Also nahm ich das Heft in die Hand und hielt Ausschau nach Reiseführern, die für Radfahrer geeignet sind. Ein Reiseführer von „Bikeline“ hätte mir gut gefallen, denn dieser ist mit realem Kartenmaterial ausgestattet, war aber nicht vorrätig. Eine neue Auflage war gerade im Druck und Anfang Mai hatte ich ihn -wohl einer der ersten Kunden- in Händen, und mußte beim ersten Studium feststellen, daß es eine Fehlheftung war. Der Teil von Santiago de Compostela (SdC) bis Finisterre war doppelt, dafür fehlte ein anderer Bereich. Da noch nicht bekannt war, ob nur ein Teil der Reiseführer falsch geheftet war, oder der ganze Druck wieder eingestampft werden mußte, war nicht sicher, ob ich rechtzeitig Ersatz bekommen würde. Deshalb schaute ich nach einer Alternative und fand beim Stöppelverlag einen Führer von Saint-Jean-Pied-de-Port bis SdC. Die Strecke bis Finisterre war hier allerdings nicht beschrieben und beide Reiseführer hatten keine Wegführung für Frankreich. So fand ich dann doch noch beim Tyroliaverlag einen kompakten Führer – Vom Rhein bis an das westliche Ende Europas – allerdings nur mit schematischem Kartenwerk. Zu guter Letzt kaufte ich noch den neu aufgelegten Michelin-Straßenatlas von Frankreich, mit vorteilhafter Spiralheftung, der aber fast 1500 g wog. Um Gewicht zu sparen, trennte ich alle Seiten, die nicht gebraucht wurden, heraus, und so war das Werk doch erheblich leichter. Einige Tage vor der Abreise war dann doch auch noch der „Bikeline“ mit korrekter Heftung in meinen Händen. Mein Tyrolia-Reiseführer bietet drei Einstiegsorte: Saarbrücken, Straßburg und Freiburg, südwestlich von Straßburg, in Obernai, würden wir dann auf die Route des Reiseführers einschwenken.

Meine Planungen sahen vor, daß Franz und ich uns in Ludwigshafen im „Heinrich-Pesch-Haus“, einem großen Bildungshaus der Diözese Speyer, treffen werden. In diesem Haus, das von den Jesuiten geleitet wird, ist mein Verwandter, (ein Cousin meines Vaters) Onkel Bruno Pfeifer SJ, Priester.

Die Vorgabe von Franz war, am Freitag 8. Juni zu starten. Nach meiner Einschätzung braucht er 4 Tage bis Ludwigshafen. Ich habe für meine Route über den Odenwald zum Einradeln 2 Tage vorgesehen. So werde ich am Sonntag, 10. Juni auf die Reise gehen und werde mich am 11. Juni gegen Abend mit Franz bei Onkel Bruno treffen.

Die erste gemeinsame Etappe soll dann am Dienstag, 12. Juni über Speyer nach Karlsruhe führen, mit Übernachtung bei meiner lieben Bekannten Margret Jutz (+ 2012).

Am Mittwoch, 13. Juni, zweite Etappe von Karlsruhe über Rastatt, Kehl, nach Friesenheim bei Lahr (zwischen Offenburg und Freiburg) zu Familie Maria und Werner Kohler, wir kennen uns von gemeinsamen Kolping-Familienferien in Olpe.

Dankenswerter Weise konnte ich alle diese Übernachtungsquartiere „buchen“.

Am Donnerstag, 14. Juni werden wir in westlicher Richtung bei Nonnenweier den Rhein und die deutsch-französische Grenze erreichen. Die erste Stadt im Elsaß wird Erstein (150 m) sein, von dort über Obernai (181 m) auf den Odilienberg (764 m) zum Kloster Sainte-Odile, eine erste Prüfung. Nun heißt es jeden Abend spekulieren wo wir Quartier nehmen können. Da wir jeweils ein Zelt und Schlafsack mitnehmen werden, sind wir für alle Fälle gerüstet.

Am Freitag, 01. Juni, eine Woche vor Franz's Abreise, kam Franz mit seiner Frau Edelgard von der Heimfahrt aus Dillingen nach Düsseldorf auf einen Abstecher bei uns vorbei. So konnten wir uns noch vor der Reise persönlich kennenlernen, was mir wichtig war. Franz hatte keine nennenswerten Trainingseinheiten absolviert, er war lediglich am letzten Wochenende mit seiner Frau nach Köln und zurück nach Düsseldorf (gute 80 km) geradelt. Wie er erzählte, war alles gut gelaufen. Wie es konkret mit seiner Fitness aussieht, wird sich bald herausstellen, spätestens in den Bergen im Elsaß.

Den ersten Stempel, ein historisches Siegel, ließ ich mir am Mittwoch, 06. Juni in unserem Pfarramt St. Laurentius bei unserem Pfarrer Otto Halk in mein Credencial geben und auf die Frage nach einem spirituellen Begleiter bekam ich ein Pilgerbuch geschenkt. Den Pilgersegen, so sagte ich ihm, wolle ich mir am Samstag, 09. Juni, bei der Vorabendmesse „abholen“. Warum mir dieses Geleit versagt blieb, ist mir nicht erklärlich und ich war sehr enttäuscht.

Die Nervosität stieg, am Sonntag, 10. Juni in der Früh um 08.45 Uhr, sollte es losgehen. Meine Brüder Heinrich und Karl sowie mein Sohn Stephan wollten mich ein Stück begleiten. Die erste Übernachtung hatte ich in Zwingenberg an der Bergstraße in der Jugendherberge geplant.


Wenn du wirklich geh'n willst, geh! Träum' nicht nur davon, wie der Weg dich lockt. Sprich nicht nur davon, daß du eines Tages gehst. Plane nicht nur, wie du dir dann den Rucksack packst.

Schließ' auch das Buch mit den Pilgerberichten der Anderen. Füll deine Wasserflasche bis an den Rand. Pack deinen Rucksack nur mit dem Nötigsten.

Schnür' deine Wanderschuh', sie sollen dich tragen. Greif nach dem Pilgerstab für alle Höhen und Tiefen. Nimm den Pilgersegen mit, er bahnt dir den Weg.

Und dann beginne endlich, beginne mit dem ersten Schritt. Heute ist der Tag. Morgen ist es vielleicht zu spät. Wenn du wirklich geh'n willst, geh!

(Elisabeth Alferink)

Aufbruch!
„Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen“. (Aristoteles)

1. Tag, Sonntag, 10. Juni, Sommerau - Zwingenberg

Otto auf der Reise nach Spanien
Schwer beladen geht es auf die lange Reise nach Spanien.


Gemeinsam mit Heiner und Karl bin ich pünktlich um 8.45 Uhr bei herrlichem Wetter gestartet. Stephan, der erst spät in der Nacht nach Hause kam, war leider nicht am Start. Karl begleitete mich bis zum Feuerwehrhaus in Elsenfeld, Heiner bis kurz vor Fischbachtal/Niedernhausen im Odenwald. Nach gut 3 Stunden verabschiedete er sich von mir und fuhr wieder Richtung Heimat. Bevor er den Rückweg anpeilte, hatten wir eine sehr schwere Strecke zu bewältigen, ein Waldweg, steil und grob geschottert und sowas ist als Fahrradweg ausgewiesen. Zwischen Kleinbieberau und Ernsthofen habe ich eine ausgiebige Mittagsrast gehalten in sehr schöner Umgebung bei einem einsamen Bauernhof. Eine Ziege mit ihren drei Jungen leistete mir sehr interessiert Gesellschaft. Ein Stück von meinem Brötchen und das Kernhaus von einem Apfel schmeckten offensichtlich sehr. Um 15.45 Uhr, sieben Stunden nach meinem Aufbruch, rollte ich in Zwingenberg, meinem geplanten Etappenziel, ein. Um 16 Uhr hatte ich auch den steilen Anfahrtsweg zur Jugendherberge geschafft. Bis zum Einchecken um 17 Uhr konnte ich mich bei bestem Wetter auf der Bank vor der JHB erholen und meinen ersten Eintrag in mein Tagebuch schreiben und die Ankunft über das Handy nach Hause mitteilen.

Ich bekam ein 6 Bettzimmer (3 Stockbetten) für mich alleine und den Herbergsstempel in den Pilgerausweis. Mein verschwitztes Trikot habe ich, nachdem ich mich geduscht hatte, noch gewaschen und zum Trocknen hinter der JHB aufgehängt. Im Zimmer neben mir war ein Ehepaar aus Niedersachsen (bei Bremen) eingezogen, ich habe sie in einem Lokal in der Stadt getroffen. Wir hatten eine sehr angeregte Unterhaltung. Auf ihre Rechnung haben sie, ohne meine vorherige Zustimmung einzuholen, meine 3 Bitburger Pils übernommen, ein erstes schönes Erlebnis, ich werde ihrer am Jakobsgrab gedenken.

Tagesstrecke 75 km, reine Fahrzeit 4:36 Std., Schnitt 16,2 Km/h


2. Tag, Montag, 11. Juni, Zwingenberg - Ludwigshafen

Nach reichlichem Frühstück bin ich um 09.25 Uhr in Zwingenberg gestartet. Es hatte in der Nacht bis kurz vor dem Start geregnet. Nach größeren  Schwierigkeiten bei der Wegfindung bin ich über Hofheim geradelt, wo ich die Pfarrkirche St. Michael, erbaut im Barockstil von Balthasar Neumann, besuchte. Um 11.45 Uhr erreichte ich den Rhein und über die Nibelungenbrücke Worms. Ich besuchte den sehr schönen Dom und bekam von der Domaufsicht das Siegel in meinen Ausweis. Am Domplatz hielt ich Vesperpause und unterhielt mich mit einer Radlergruppe, sie waren erstaunt über mein Vorhaben und wünschten gutes Gelingen.

Nach 13 Uhr nahm ich wieder Fahrt auf Richtung Frankenthal-Ludwigshafen. Um 14.45 Uhr kam ich dann bei Onkel Bruno in Ludwigshafen an. Als erstes informierte ich Erwin Pfeifer (ein entfernter Verwandter) in Mannheim, er wollte nämlich mit dem Fahrrad einen Besuch in Ludwigshafen abstatten. Bis zu seinem Eintreffen hielt ich mit Onkel Bruno Coffee-Time mit Kuchen. Wir hatten eine gemütliche Unterhaltung zu dritt, bis zum Anruf von Franz, der Probleme mit der Zielfindung hatte. Wir konnten ihn per Handy zum Heinrich-Pesch-Haus lotsen, wo er ziemlich abgekämpft etwa um 18 Uhr eintraf. Nachdem Franz einquartiert war und sich frisch gemacht hatte, fanden wir noch zu einer unterhaltsamen Runde zusammen. Erwin fuhr wieder mit dem Fahrrad über den Rhein nach Mannheim-Neckarau zurück. Onkel Bruno, Franz und ich vesperten deftig bei Sonnenschein auf der Aussichtsplattform.

Da Onkel Bruno noch Vorbereitungen für seine 60 jährige Abiturfeier morgen in Aschaffenburg zu treffen hatte, verabschiedeten wir uns. Franz und ich machten noch einen Bummel durch den Hauspark und ein Stück in Richtung Innenstadt, kehrten dann aber wieder um. Morgen früh heißt es zeitig aufstehen, denn um 7.30 Uhr feiern wir mit Onkel Bruno eine heilige Messe in der Hauskapelle. Auch Erwin will dabei sein und wird wieder mit dem Fahrrad aus Mannheim anreisen und gemeinsam mit uns frühstücken. Zwei Einzelzimmer hatte Onkel Bruno für uns reservieren lassen und das kostenfrei. Herzlichen Dank und Vergelt's Gott auch an dieser Stelle.

Morgen fahren wir über Speyer zu unserem Etappenziel nach Karlsruhe zu Margret Jutz, ich freue mich schon sie wieder zu treffen.

Tagesstrecke 57 km, reine Fahrzeit 3:32 Std., Schnitt, 16,0 km/h, Gesamtstrecke 132 km


3. Tag, Dienstag, 12. Juni, Ludwigshafen - Karlsruhe

Onkel Bruno SJ in Ludwigshafen
Nach einem für mich sehr ergreifenden Gottesdienst, zelebriert von Onkel Bruno, in kleiner Runde -10 Besucher einschließlich Bruno - wurden wir mit dem Pilgersegen, der mir in meiner Heimatpfarrei Sommerau versagt blieb, verabschiedet.


Onkel Bruno öffnete uns noch die Tiefgarage in der wir unsere Fahrräder abgestellt hatten. Wir holten unsere Räder vor das Haus und verabschiedeten uns von Bruno, der anschließend zu seiner Jubiläums-Abiturfeier (50 Jahre) in seine Heimatstadt Aschaffenburg fuhr.

Am 26. Dezember 2013 ist (Onkel) Pater Bruno Pfeifer SJ in Ludwigshafen im Alter von 85 Jahren verstorben.

Otto und Franz in Ludwigshafen


Otto und Franz auf gemeinsamer Reise nach SdC
Wir bepackten unsere Fahrräder, Erwin schoß noch einige Fotos und wir verabschiedeten uns auch von ihm. Bis wir nun den richtigen Weg Richtung Süden gefunden hatten dauerte es etwas, aber dann ging es zügig voran.


Mit schwerem Gepäck starteten wir zum ersten gemeinsamenen Etappenziel nach Karlsruhe.

Heute gab es nur wenige Fragezeichen bei der Wegweisung. Wir waren auf dem Rheindeich in Richtung Speyer unterwegs, als Franz über wenig Luft im Hinterrad klagte. Als wiederholtes Aufpumpen nur kurzfristig Besserung brachte, war klar, die erste Panne hatte sich eingestellt. Wegen Deichbauarbeiten wurden wir umgeleitet und kamen zu einer Camper-Siedlung in Waldsee, hier wollten wir den Schaden beheben. Auf einem der Grundstücke arbeiteten zwei Männer fleißig und wir fragten nach einer größeren Fahrradpumpe, denn mit der kleinen Pumpe war das Aufpumpen ein mühsames Geschäft. Wir wurden freundlich unterstützt und auf das Grundstück gebeten. Als Erfrischung bekamen wir sofort eine große Flasche Mineralwasser.

Als erstes mußte alles Gepäck vom Fahrrad genommen, das Hinterrad demontiert und der Schlauch geflickt werden. Nachdem das Fahrrad auf dem Kopf stand, stellte ich fest, daß die Bremsscheibe des Vorderrades (Franz hat moderne Scheibenbremsen an seinem Fahrrad) einen Schlag hatte und nicht mehr sauber durch die Bremsbacken lief. Dadurch mußte Franz ständig gegen ein bremsendes Vorderrad arbeiten. Er hatte sich diesen Schaden möglicherweise am Morgen beim Beladen im Fahrradständer zugezogen. Mit einer Zange konnte ich die Bremsscheibe einigermaßen richten und nachdem noch etwas Bremsfüssigkeit abgelassen war, lief das Rad wieder frei. Auch die Klimpergeräusche, die ich beim Schieben des Fahrrades heute morgen hörte, waren jetzt erklärbar. Etliche Speichenösen an der hinteren Felge waren abgerissen und bei Schiebe-Tempo an der Speiche auf und abgerutscht. Die Speichen hatten keine Spannung. Franz wußte zwar seit letztem Jahr, daß er diese Reise machen wollte, aber an einen Servicetermin dachte er erst zwei Wochen vor Reisebeginn. Kurzfristig war kein Termin bei seiner Werkstatt zu erhalten, aber das schien ihm alles ziemlich gleichgültig zu sein.

In diesem Punkt hatte er eine grundlegend andere Einstellung als ich. Ich bezweifelte sehr, dass er damit ohne ernste Probleme durchkommen würde.

Es konnte weitergehen in Richtung Speyer. Dort angekommen, besuchten wir den Dom, ein riesiges Gotteshaus. Der Wormser Dom ist, was die Größe angeht, dagegen eine Dorfkirche. Wir wollten einen Stempel für unseren Pilgerausweis bzw. Wegenachweis, jedoch im Dombüro am Rande des Domplatzes war gerade Mittagspause. Franz hatte seinen Pilgerausweis, ausgestellt von der Jakobusgesellschaft in Aachen, bereits auf dem Weg nach Ludwigshafen verloren. Er hatte sich die Tagesstempel doppelt auch in eine Schweinsleder-Mappe geben lassen und so nahm er den Verlust gelassen hin. Noch ein weiteres Problem: Seine Digitalkamera hatte bereits einen kapitalen Schaden, der Monitor war ausgefallen. Franz hatte die Kamera wohl irgendwo angeschlagen und es war unklar ob sie noch richtig funktionierte. Es wäre sehr schade wenn die Kamera unbrauchbar wäre, denn ich hatte mich auf Franz verlassen und keinen Fotoapparat mitgenommen. Franz hatte mir versprochen, das komplette Bildmaterial zu Verfügung zu stellen. Jetzt war fraglich ob es überhaupt Fotos geben würde.

Bis das Dombüro wieder öffnete hielten wir unsere Mittagspause und fuhren noch zum Jakobus-Pilgerdenkmal um zu fotografieren. Nun konnten wir auch noch unseren Stempel abholen und die Reise über Germersheim in Richtung Wörth am Rhein (gegenüber von Karlsruhe) fortsetzen. Auf einmal entdeckten wir einen Wegweiser nach Karlsruhe. Spontan nahmen wir diesen Weg, doch er führte uns an eine Rheinfähre auf die gegenüberliegende Rheinseite. Von der Entfernung kein großer Unterschied, aber die Anfahrt nach Karlsruhe war jetzt eine andere, und folglich mußten wir uns durchfragen. Den Anfahrtsweg hatte ich mir ausgedruckt, aber für diese Situation war er jetzt nicht mehr brauchbar. So kamen wir erst gegen 19 Uhr bei Margret Jutz an. Margret hatte für uns schon ein Abendessen vorbereitet, das sehr gut schmeckte. Anschließend duschten wir und hielten Plauderstunde. Margret bot uns noch den Wäscheservice an, den wir dankbar annahmen. Kurz vor Mitternacht noch den Eintrag in das Tagebuch und dann ab in die „Heia“.


Bei Margret am 12.6.2007 in Karlsruhe.



Ein Erinnerungsfoto (13.6.2007) von und mit Margret. Leider ist Margret am 03.06.2012 (5 Jahre später) verstorben. Sie bleibt mir in guter Erinnerung.


Herzlichen Dank, liebe Margret, für ALLES.

Tagesstrecke 91 km, reine Fahrzeit 5:27 Std., Schnitt 16,7 km/h, Gesamtstrecke 223 km


4. Tag, Mittwoch, 13. Juni, Karlsruhe - Friesenheim

Nach dem Frühstück bei Margret wurden die Räder wieder aufgerüstet, noch einige Fotos geschossen und los ging es Richtung Süden zu unserem heutigen Tagesziel nach Friesenheim bei Lahr. Margret hatte uns den Weg aus Karlsruhe auf einem Zettel notiert und so ging es zügig voran bis Rastatt. Hier machten wir Mittagspause (Brötchen mit warmem Fleischkäse). Auf unseren Tagesstempel mußten wir allerdings verzichten, aber Franz wollte unbedingt in ein Internet-Café um zu checken ob die Kamera funktionierte. Gleich am Zentrum wurden wir fündig und schon war Franz verschwunden. Ich bewachte derweil unsere „Lastesel“, aber Franz kam und kam nicht mehr. Endlich tauchte er auf und rief mich hinein. Ich ließ unsere Räder unbewacht und Franz zeigte mir unnötigerweise die vielen Fotos von seiner Verabschiedung vor einem Monat und die Bilder aus Ludwigshafen und Speyer. Jedenfalls war die Kamera soweit noch intakt und über den optischen Sucher konnte fotografiert werden, das war die gute Nachricht. Mittlerweile war eine ganze Stunde verstrichen, die uns wie ich befürchtete, heute noch fehlen würde.

Es war mittlerweile 12.30 Uhr und sommerlich warm, als wir uns wieder Richtung Rheindamm und weiter südwärts nach Kehl in Bewegung setzten. Hier trafen wir auf dem Rheindeich einen Wanderer, der nur mit Schuhen, einem Lendenschurz und mit einer Mütze mit Nackenschutz bekleidet war. Er ermahnte uns, die Ohren wegen der Hautkrebsgefahr besser vor der Sonne zu schützen. Ein Bekannter von ihm hätte an den Ohren Hautkrebs gehabt. Wir amüsierten uns anschließend köstlich, weil er seine Ohren zwar gut bedeckt hatte, aber sonst fast nackt war.

Nach 50 km zeigte Franz erhebliche Ermüdungserscheinungen, wir legten eine größere Ruhe- und Vesperpause ein. Franz versuchte auch noch sein Schaltungsproblem zu lösen, aber es war nichts zu machen. Das große Kettenblatt vorne ließ sich nicht zuverlässig schalten, womit sich zum Teil auch sein Erschöpfungszustand erklären ließ. Wir fuhren weiter nach Kehl um dort Getränke zu besorgen. Ein Radfahrer begleitete uns freundlicherweise an die LIDL-„Tankstelle“. Franz konnte und wollte nicht mehr weiterfahren und so beschlossen wir, daß Franz mit der Bahn nach Lahr-Friesenheim fährt. Die Zieladresse gab ich ihm mit und so fuhr ich alleine in zügiger Fahrt am Rhein entlang über Meißenheim, Kürzell, Schuttern nach Friesenheim, zu Maria und Werner Kohler, wo ich um Punkt 20 Uhr eintraf. Franz kam eine viertel Stunde später an.

Nach herzlicher Begrüßung wurden wir opulent mit feinen Grillspezialitäten und herrlichen Salaten bewirtet. Auch das Bier und die Kostproben heimischer Brände waren hervorragend. Franz wollte auf der Pilgerreise auf das von ihm geliebte (Weizen-) Bier verzichten, aber Onkel Bruno erteilte ihm Dispens, denn er war der Meinung, wer schwer arbeiten muß kann nicht gleichzeitig fasten, nach dem Motto: „Alles zu seiner Zeit“. Nachdem wir bestens versorgt waren, beichtete Franz seine Wut, die er noch in Kehl unterdrückte. Er empfand die Fahrt nach Friesenheim als Umweg, und so dachte er, und jetzt bei bester Zufriedenheit ließ er es raus: „Was muß dieser Arsch (und damit meinte er mich) noch nach Friesenheim, wo wir doch schon hier über Straßburg auf die Route unseres Reiseführers einsteigen können“. Jedenfalls war er glücklich und zufrieden und empfand es als Glanzpunkt am Anfang unserer Reise. Maria sorgte auch noch für unsere Wäsche, und so war alles in „bester Butter“. Auch ein befreundetes Ehepaar von Kohlers, Maria und Albrecht Ziegler waren gekommen, sie dachten, daß wir uns möglicherweise von Kolping-Familienferien vor Jahren kannten. Nach Foto-Recherchen war dies jedoch nicht der Fall. Wir hatten trotzdem eine herrliche Unterhaltung. Es war schon nach Mitternacht als wir das Bett ansteuerten. Der neue Tag wird uns nach Frankreich führen, aber vorher müssen wir nach Lahr um das Fahrrad von Franz richten zu lassen, denn es ist schon jetzt in einem desolaten Zustand. Ich bin gespannt wie sich das noch entwickelt. Aus meiner Sicht, eine katastrophale Vorbereitung, die jetzt schon ihre Ergebnisse zeigt.

An Maria und Werner ein herzliches Dankeschön und Vergelt's Gott.

Tagesstrecke 125 km, reine Fahrzeit 6:48 Std., Schnitt 18,2 km/h, Gesamtstrecke 348 km


5. Tag, Donnerstag, 14. Juni, Friesenheim - Mont Sainte-Odile

Die heutige Etappe bietet einen ersten Härtetest, denn es gilt den Mont Sainte Odile zu deutsch Odilienberg (764 m) zu erklimmen, wohl einer der   interessantesten Plätze der Vogesen, mit prächtiger Aussicht auf das Rheintal bis hin zu den Schwarzwaldhöhen. Das Frauenkloster der heiligen Odilia, die zur Patronin und Schutzheilgen des Elsaß wurde, werden wir dort besuchen. In einer um das Jahr 1500 erstellten Straßenkarte wird „Ste. Odilia“ als Station für Jakobuspilger genannt.

Nach einem fürstlichen Abendmahl folgte heute ein ebenso phantastisches Frühstück bei Maria und Werner. Auch der Reiseproviant für den heutigen Tag war üppig, und so konnten wir nach dem Bepacken unserer Reisemaschinen guten Mutes auf die Reise gehen. Wir verabschiedeten uns von Werner, der übrigens als hauptamtlicher Diakon in Nachbargemeinden von Friesenheim als Seelsorger tätig ist. Nun fuhren wir zunächst zum Pfarramt St. Laurentius, wo Maria Bürodienst leistet. Hier wollten wir unseren Pilgerstempel abholen. Im Pfarrbüro angekommen, konnte Franz seine schöne Schweinsleder-Mappe nicht finden, er hatte sie vermutlich gestern bei der Bahnfahrt verloren. Nach dem verlorenen Pilgerausweis auch noch dieses Malheur. Mein Ausweis wurde gestempelt, Franz bekam seinen Stempel auf ein Blanko-Papier. Nach der Verabschiedung von Maria hieß es Aufsitzen und Abfahrt nach Lahr zur Fahrradwerkstatt um die Probleme beheben zu lassen. Dort angekommen, signalisierte der Seniorchef, daß er keine Zeit habe. Franz erzählte der Enkelin des Seniors von unserer großen Reise. Der Senior hörte mit und war dann sehr hilfsbereit. Franz konnte sich jedoch nicht durchringen ein neues Hinterrad aufziehen zu lassen. Es wurden im Rahmen des möglichen die Speichen nachgezogen. Wenigstens einen Ersatzschlauch kaufte Franz, wozu ich ihm sehr riet. Mit dem Umweg über Lahr war eine Stunde verloren und nun konnten wir Richtung Vater Rhein starten. Die erste Stadt im Elsaß war Erstein, hier machten wir Pause und holten uns einen Stempel in Saint Martin, einer sehr schönen Kirche. Nun weiter nach Obernai ein phantastisches Städtchen. Nach Erholung und Auftanken von Trinkwasser am Brunnen, ging es in die erste Bergprüfung.

Obernai liegt auf einer Höhe von 181 m, der Odilienberg hat eine Höhe von 764 m, die Differenz von 583 m müssen auf einer Strecke von ca. 10 km bewältigt werden, kein Pappenstiel. Es zeigte sich, daß ich gut vorbereitet war, denn ich konnte die gesamte Strecke fahren, mit einigen Pausen, um Franz, der seinen Lastesel immer wieder schob, aufschließen zu lassen und auch ihm Erholungspausen zu bieten. Endlich am Ziel angekommen, wurde ich von einer Frauengruppe am Busparkplatz mit Applaus begrüßt und damit meine Leistung gewürdigt. Die Damen, so erzählten sie mir, waren zu einem Tagesausflug aus Herbolzheim im Breisgau mit dem Bus angereist und bei der Auffahrt zum Odilienberg hatten sie mich überholt, es war eine lustige Damenrunde. Kaum hatte ich die Fahrt wieder aufgenommen, ging eine weitere Frau in Richtung dieses Busses. Ich sprach zu ihr, „Sie sind aus Herbolzheim“, sie schaute mich entgeistert an und fragte, ob man ihr das von der Stirne ablesen könne. Ich erklärte ihr, dass ich aufgrund des vorher geführten Gespräches im Bilde war, und nun mußte sie herzhaft lachen.


Die heilige Odilia (auch Odilie, Odile oder Ottilie genannt) (* 660 in Obernai im Elsass; † 720 im Kloster Niedermünster beim Odilienberg) war eine Äbtissin und wird als Schutzpatronin des Elsass und des Augenlichtes verehrt. Ihr Gedenktag ist der 13. Dezember.
      

Mittlerweile war auch Franz total erschöpft eingetroffen. Nach kurzer Erholungspause am Kloster bemühten wir uns um eine Herberge und bekamen auch noch einen weiteren Stempel für unseren Wegenachweis. Wir bezogen unsere einfachen Pilgerzimmer. Auf dem gesamten Stock gab es offensichtlich nur eine Duschmöglichkeit und zwei Toiletten. Bei besserer Belegung bilden sich wohl Warteschlangen. Beim Abendessen in der Kloster-Gaststätte hatten wir eine nette Unterhaltung mit unseren Tischnachbarn, zwei Diakone (Polizeiseelsorger) aus Hamburg auf Exerzitien. Da ein Gewitterregen einsetzte, konnten wir unsere Erkundungsrunde nicht machen und so belohnten wir uns für die Tagesleistung mit einigen Flaschen Elsaß-Bier. Um 22 Uhr waren wir auf unseren Zimmern in der Herberge. Nach dem Eintrag in das Tagebuch begab ich mich zur wohlverdienten Nachtruhe.

Tagesstrecke 61 km, reine Fahrzeit 4:19 Std., Schnitt 14,0 km/h, Gesamtstrecke 409 km

6. Tag, Freitag, 15. Juni, Mont Sainte-Odile - Hachimette

Heute wurde ich von starkem Regen und Wind wach. Wenn das Wetter so bleibt, könnte es heute problematisch werden; insbesondere der starke böige Wind könnte uns zu schaffen machen. Mit über 30 kg Gepäck am Fahrrad wird man schnell zum Spielball.

Zum Frühstück gab es den ersten französischen Kaffee, eine komische Brühe, jedenfalls sehr ungewohnt. Anschließend gingen wir auf eine Besichtigungsrunde, dann bezahlten wir und rüsteten das Fahrrad auf. Das Wetter hatte sich zum Glück gebessert und so starteten wir um 10.20 Uhr ins Tal nach Barr, ein kleines Städtchen am Fuße des Odilienberges und an der Route du Vin gelegen. Ich war Franz ein Stück voraus und wartete auf ihn, derweil beschäftigte ich mich mit meiner Straßenkarte. Franz war auf seinem Fahrrad so vertieft und starrte nur auf sein Vorderrad und übersah mich dabei. Er fuhr auf mein Fahrrad auf, zum Glück ohne Folgen. Auf der Route du Vin fuhren wir weiter nach Dambach-la-Ville. Hier besuchten wir die Kirche und bekamen im Pfarramt unseren Stempel. Jetzt mußte Franz unbedingt noch einige Ansichtkarten schreiben und so hatten wir unnötigen Aufenthalt. Weiter auf der Route du Vin Richtung Ribeauville (Rappoltsweiler) und Riquewihr (Reichenweier). Uns überholte ein Auto mit Aschaffenburger Kennzeichen. Ich winkte spontan und wenige Meter weiter hielt das Auto an .... usw. usw.

Mein Reisetagebuch ist so umfangreich, dass ich es hier nicht einstellen kann; aber sie können es bei mir erwerben. Anhand meiner Beschreibung lässt sich meine Reiseroute problemlos nachvollziehen.

Einige wichtige Stationen der Pilgerreise will ich ihnen dennoch verraten:

In Taizé - Die Kirche der Versöhnung. Es war eine beeindruckende Stimmung.


17. Tag, Dienstag, 26. Juni - Ankunft in Le Puy-en-Velay, dem Ausgangspunkt der Via Podiensis, einem der vier Haupt-Pilgerwege in Frankreich.


24. Tag, Mittwoch, 4. Juli - Ankunft in Lourdes, Gesamtstrecke 1970 km

Den Marienwallfahrtsort Lourdes am Fuße der Pyrenäen in Frankreich haben wir nicht ausgelassen, auch wenn es uns eine Zusatzleistung abverlangte.
Dieser Besuch war für mich eine sehr emotionale Angelegenheit. Die vielen Kranken, die hier Linderung, Stärkung oder sogar Heilung suchen, haben mich tief berührt.


35. Tag, Samstag, 14. Juli 2007 - Ankunft in Santiago de Compostela, Gesamtstrecke 3044 km

Der Höhepunkt der Pilgerreise war das Sonntags-Amt in der Kathedrale von Santiago de Compostela. Vor dem Hochamt besuchten wir das Grab des Hl. Jakobus unter dem Hochaltar und erwiesen dem Heiligen die Ehre, der als vergoldete Sitzfigur in den Hochaltar integriert wurde. Danach erhielten wir nach der Prüfung unseres Pilgerpasses unsere Compostela/Pilgerurkunde im Pilgerbüro.


Foto: Hubert Schledt


38. Tag, Dienstag, 17. Juli 2007 - Weiterreise von Santiago de Compostela zum Kap Finisterre.



Foto: von und mit Paul Saillard

Mein französischer Pilgerkollege Paul am Kilometerstein "0,00 km". Im Hintergrund der Leuchtturm am Kap Finisterre, am Ende der (Alten) Welt. Dies ist ein mystischer, vorchristlicher "Wallfahrtsort", der aber auch mit dem Jakobsweg verbunden wird. In der Pilgerherberge wird den Pilgern, die den Weg über Santiago de Compostela nach Finisterre gehen, eine weitere Urkunde zuteil.

38. Tag, Dienstag, 17. Juli 2007 - Ankunft in Muxía, Gesamtstrecke 3210 km


Foto: Paul Saillard

In der Jakobus-Legende spielt die Kirche des "Sanctuariums Virxe da Barca de Muxía" eine Rolle. Maria, so heißt es in der Legende, kam in einem Schiff aus Stein und ermutigte Jakobus, das Evangelium zu verkünden. Nach Muxía führt die grösste Marienwallfahrt in Galicien. Der Besuch dieses Wallfahrtsortes wurde uns, wie in Santiago de Compostela, mit einer Urkunde bestätigt. Nun konnten wir mit drei Urkunden ausgestattet, den Heimweg unter die Räder nehmen.


54. Tag, Donnerstag, 2. August 2007 - Besuch der hl. Bernadette in Nevers, in Zentralfrankreich.

In der Stadt Nevers, in Zentralfrankreich, hat die Nonne Bernadette Soubirous, die Seherin von Lourdes, ihre letzte Ruhestätte.

55. Tag, Freitag, 3. August 2007 - Das Tagesziel war Vézelay der Ausgangspunkt der Via Lemovicensis, einer der vier Haupt-Jakobswege in Frankreich.

Pilgerweg zur romanischen Basilika Sainte-Marie-Magdeleine in Vézelay.

60. Tag, Mittwoch, 8. August 2007 - Das Tagesziel war die Domstadt Mainz. Aber - "Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt". Unfreiwilliger Abgang vom Fahrrad in Offstein bei Grünstadt in der Pfalz, nach einer Tagesleistung von 96 km. Ein Bahngleis wurde mir rund 140 km vor meiner Haustüre zum Verhängniss. Meine letzte Station war nicht in Mainz, wie geplant, sondern das Kreiskrankenhaus in Grünstadt. Zum grossen Glück hatte ich keine ernsten Verletzungen und konnte dann doch noch, allerdings mit dem Auto, pünktlich am 61. Tag (9. August 2007) meiner Pilgerreise wieder in meiner Heimat sein und am 10. August das Kirchenpatrozienium St. Laurentius mitfeiern. Insgesamt waren es 5648 km die ich auf meiner Pilgerreise auf dem Fahrradsattel zurückgelegt habe.


Zwei Pilgersprichworte:

"Santiago ist nicht das Ziel des Jakobsweges, es ist der Anfang."

"Keiner kommt von einer Reise so zurück, wie er weggefahren ist."



 Noch etwas heiteres zum Abschluß

Der heilige Jakobus war mit einem Schüler unterwegs in den Bergen. Als es dämmerte, errichteten sie ihr Zelt und fielen müde in den Schlaf. Vor dem Morgengrauen wachte Jakobus auf und weckte seinen Schüler. "Öffne deine Augen", sagte er, "und schau hinauf zum Himmel. Was siehst du?" "Ich sehe Sterne, Vater", antwortete er schlaftrunken. "Unendlich viele Sterne." "Und was sagt dir das?", fragte Jakobus. Der Schüler dachte einen Augenblick nach. "Daß Gott, der Herr, das große Weltall mit all seinen Sternen geschaffen hat. Ich schaue hinauf in den Himmel und fühle mich dankbar und demütig angesichts dieser unendlichen Weiten. Wie klein ist doch der Mensch und wie wunderbar sind die Werke Gottes." "Ach Junge", stöhnte Jakobus. "Mir sagt es, daß jemand unser Zelt gestohlen hat!"


Wenn ich Sie jetzt Neugierig gemacht habe und Sie wissen wollen wie es weiter geht, ist das kein Problem. Das Reise-Tagebuch, mit vielen zusätzlichen Informationen (Format DIN A4 mit 115 Seiten), können Sie bei mir erwerben.


Nachfolgend noch einige Fotos von meiner Pilgerreise.


Dieses Foto verdanke ich dem Pilgerkollegen Horst Neumann (auf dem Foto links). Wir übernachteten gemeinsam in Darney/France. Leider habe ich durch einen PC-Defekt seine Adresse und weitere Fotos verloren. Aber ich habe auf dem Jakobsweg so viele Überraschungen erlebt, dass ich zuversichtlich bin ihn wieder zu finden. Auch das Ehepaar aus Hückelhoven, das uns auf dem Campingplatz komplett aus ihrer Wohnwagen-Bordküche versorgte, und deren Fotos mit Adresse verloren gingen, hoffe ich wieder zu finden.



Foto von (und mit) Christian am Weinbrunnen.



Fotos von (und mit) Hubert Schledt.





Im Mai 2014 habe ich einen St. Jakobus-Bildstock errichtet. Eine schöne Erinnerung an meine Pilgerreise nach Santiago de Compostela im Jahr 2007.


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T h e m a  3 - Elsavatal-Radweg

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Der Elsavatal-Radweg von (Obernburg)-Elsenfeld nach Mespelbrunn

Mittlerweile sehr bekannt und beliebt ist der Main-Radweg ("Qualitätsradroute mit 5 Sternen", des ADFC). Bei der Münchner Touristikmesse "free" wurde der Main-Radweg mit dem bayerischen Tourismuspreis 2009 ausgezeichnet. Es ist einer der beliebtesten Radwege in Deutschland. Mit Station in der Römerstadt Obernburg lässt sich auch der westliche Spessart, das Elsavatal erschliessen. Die Fahrstrecke von Obernburg bis zur Elsava-Quelle beträgt ca. 27 km.

Das bekannteste Gewässer unserer Region ist natürlich der Main, darüber sollte man aber die kleineren Nebenflüsse und Bäche nicht übersehen. Der Bach Elsava gab einem der schönsten und abwechslungsreichsten Täler im Spessart seinen Namen. Schon die Quelle des Baches liegt romantisch mitten im Wald zwischen Hessenthal und Weibersbrunn am Fuße eines kleinen Berges.

Der Spessart ist ein Mittelgebirge, umschlossen von Main, Kinzig und Sinn. Seine höchste Erhebung ist der Geiersberg mit 586 m. Der Spessart ist das grösste zusammenhängende Mischwaldgebiet Deutschlands und zugleich eines der grössten in ganz Europa. Schon allein das ist einen Besuch wert, aber zusammen mit dem Elsavatal bietet der Spessart Erholung pur. Wie kann man das ganze Tal besser geniessen als mit dem Fahrrad? Lassen Sie den Alltag hinter sich und verbringen Sie einen unvergesslichen Tag mit Ihrer Familie.

Aber auch für den anspruchsvollen Moutainbiker bietet der Spessart ausgezeichnete Bedingungen die Natur zu geniessen und die Belastungen des Alltags abzuschütteln und zu regenerieren. Beinahe in jeder Gemeinde des Tales bieten sich ein Einstieg, die Wunder der Natur zu erleben und in sich aufzunehmen. Hier soll aber in erster Linie der familienfreundliche Talweg beschrieben werden.

Natürlich besteht unser schönes Tal nicht nur aus Natur, es kann auch mit einer weit zurückreichenden Geschichte aufwarten.

Im unteren Elsavatal sind vorgeschichtliche Besiedelungsspuren nachgewiesen. Wahrscheinlich in der Zeit Karls des Großen (um 800), entstanden Siedlungen im Elsavatal z. B. durch die Freiherren von Fechenbach und Kottwitz von Aulenbach in Sommerau und die Grafen von Rieneck in Wildenstein-Eschau. Die Grafen von Rieneck gründeten auch das Kloster Himmelthal. Das obere Elsavatal wurde durch die Echter von Mespelbrunn erschlossen (Das Dorf Mespelbrunn hieß früher Neudorf). Alle Adelsgeschlechter im Elsavatal galten als treue Anhänger der Stauferkaiser.

Zusammen mit der herrlichen Natur bildet die Geschichte des Elsavatales eine Einheit, die es versteht jeden Besucher in seinen Bann zu ziehen und einen Besuch unvergesslich zu machen.

Landesherr des Gebietes war der Erzbischof und Kurfürst von Mainz. Die ansässigen Grundherren wurden somit zu Lehensträgern von Mainz.

Wer die Natur liebt, der findet im Spessart seine Traumlandschaft. Prächtige Eichen- und Buchenwälder, stille Täler, murmelnde Bäche, wunderschöne Radwege ...

Besonders im 18. und 19. Jahrhundert wurde die Elsava als Energiequelle genutzt und trieb Mühlen- und Eisenhammerwerke an. Doch trotz allem herrschte in der damaligen Zeit eine große "Noth im Spessart".

Der Bau der Elsavatalbahn im Jahr 1910, von den Einheimischen liebevoll "Bimmel" genannt und die Gründung der Glanzstoffwerke 1923 in Erlenbach und Elsenfeld war für die Entwicklung des Tales von immenser Bedeutung. Leider wurde der unrentable Bahnbetrieb 1968 wieder eingestellt.

Der schöne Fahrradweg der den Windungen der Elsava durch das Tal folgt, nutzt über weite Strecken die alte Bahntrasse.

Neben dem was die Natur zu bieten hat, findet man ungewöhnlich viele kulturelle Sehenswürdigkeiten, die der interessierte Besucher auf keinen Fall "links" liegen lassen sollte.

Wir beginnen gegenüber dem unteren Elsavatal-Eingang - gegenüber der Elsavamündung - bei der ehemaligen Römer- und Kreisstadt Obernburg:

Obernburg am Main

Hier bauten die Römer ihr Obernburger Kastell "NEMANINGA" am Limes, um das gegenüberliegende Eingangstor in den Spessart überwachen zu können. Obernburgs historische, sehr sehenswerte Altstadt, mit ihren vielen Türmen, bietet viele Sehenswürdigkeiten u.a. die Annakapelle das Römermuseum und das schmucke Rathaus.

Obernburg - Rathaus
Das Rathaus in der Römerstadt Obernburg.


Obernburg - St. Anna-Kapelle
Die Annakapelle in Obernburg.



Der Almosenturm in Obernburg.

Von Obernburg (www.obernburg.de) aus fahren wir ostwärts über die Fussgänger- und Radfahrerbrücke, nehmen am Bahnhof die Unterführung und fahren links nach Elsenfeld. Hier sehen sie gleich die alte Dampfmaschine des ehem. Sägewerkes Zirkel mit dem Hinweis auf das Heimatmuseum Elsenfeld.

Elsenfeld am Main

Hier beginnt der Elsavatal-Radweg, doch Sie sollten es nicht versäumen die prächtige alte Kirche St. Gertraud /St. Ubald zu besichtigen und einen Besuch des sehenswerten Heimatmuseums (Foto unten) zu vereinbaren.

Elsenfeld - St. Gertraud-St. Ubald
Das Elsenfelder Heimatmuseum.



Elsenfeld - St. Gertraud/St. Ubald.
Aufnahme 2009



Der Mühlbach und die Elsava finden wieder zusammen.



Der Hl. Nepomuk auf der Elsavabrücke.

Beim Rathaus in Elsenfeld  (www.elsenfeld.de) fahren sie in den Mühlweg bis zur Schule und biegen rechts ab. Fahren sie dann gerade aus durch das Wohngebiet über die Fussgänger- und Radfahrerbrücke, dann scharf links Richtung Schulzentrum, dort wieder links und wenige Meter weiter biegen sie rechts ab. Sie fahren nun an den Sportplätzen vorbei zur nächsten Station, den Elsenfelder Ortsteilen Rück und Schippach. Auf der ehem. Bahntrasse sehen sie zur Linken den Wiesengrund und die Elsava. Sie fahren an der Kreuzmühle einer grossen Sägemühle an der Elsava vorbei und sehen kurz vor Schippach zur Linken die Rücker Weinlagen "Schalk" und "Johannisberg". Bei der Elsavabrücke erreichen sie die Elsenfelder OT Rück (links)und Schippach. Hier in Schippach lohnt einen Besuch die kleine Dorfkirche St. Antonius (1760) und unweit die grosse, moderne Wallfahrtskirche St. Pius mit ihrem mächtigen Treppenaufgang, oberhalb des Friedhofes. 

Frankenlied (von Viktor von Scheffel)

1.  Wohlauf, die Luft geht frisch und rein, wer lange sitzt, muss rosten; den allerschönsten Sonnenschein lässt uns der Himmel kosten. Jetzt reicht mir Stab und Ordenskleid, der fahrenden Scholaren, ich will zur schönen Sommerzeit ins Land der Franken fahren. Valeri, valera, valeri, valera, ins Land der Franken fahren!

2.  Der Wald steht grün, die Jagd geht gut, schwer ist das Korn geraten; sie können auf des Maines Flut Die Schiffe kaum verladen. Bald hebt sich auch das Herbsten an, die Kelter harrt des Weines, der Winzer Schutzherr Kilian beschert uns etwas Feines. Valeri, valera, valeri, valera, beschert uns etwas Feines.


Elsenfeld - OT Schippach, St. Antonius
Elsenfeld OT Schippach - Ortsbild mit Kirche "St. Antonius von Padua".
Aufnahme 2009


Elsenfeld - OT Rück, St. Johannes
Kirche "St. Johannes" in Rück. (2009)

Auf der anderen Seite der Elsava liegt der Weinort Rück mit seiner Kirche St. Johannes (um 1750-1760) und dahinter das renovierte alte Feuerwehrhaus. Wenn sie einen günstigen Zeitpunkt erwischen und eine der Häckerwirtschaften geöffnet haben, können sie bei einer deftigen Brotzeit auch einen Schoppen Wein aus den Lagen "Schalk", "Johannisberg" oder "Jesuitenberg" geniessen. Wenn sie gestärkt die Fahrt wieder aufnehmen, fahren sie zurück auf den Radweg, der hier auf dem alten Bahndamm verläuft und fahren links in Richtung Kloster Himmelthal, das nur wenige 100 Meter zur linken im Talgrund zwischen der Elsava und dem Mühlbach eingerahmt liegt. Hier schieben sie ihr Fahrrad über den kurzen Fusspfad und die Strasse durch die einladende Toreinfahrt zum Innenhof mit der Klosterkirche und den umfangreichen Wirtschaftsgebäuden, in der Jugendliche zur Berufsreife geführt werden.


Stauwehr an der Elsava


Elsenfeld - OT Rück, Kapelle im Weinberg
Kapelle in den Rücker Weinbergen


Kloster Himmelthal
Das Kloster Himmelthal bei Rück. (2009)

Das Kloster gehörte zum Orden der Zisterzienserinnen und wurde 1232 von Graf Ludwig II. von Rieneck und seine Gemahlin Adelheid von Henneberg gegründet.

1568 hob das Erzbistum Mainz das ausgestorbene Kloster auf und machte es zum erzstiftischen Kameralhof. Dieser wurde 1595 den Jesuiten überlassen. 1773 wurde die Anlage der Studienanstalt Aschaffenburg zugewiesen. Später kam das Kloster in Privatbesitz.

Im Kloster Himmelthal werden aufgrund der hervorragenden Raumakustik in der Klosterkirche die Himmelthaler Sommerkonzerte durchgeführt. Außerdem befindet sich im Kloster die Weinprobierstube des Marktes Elsenfeld und des Weinbauvereins Rück e. V, die an jedem zweiten Sonntag im Monat geöffnet ist. Das ehem. Kloster liegt am "Fränkischen Rotweinwanderweg" und am 2015 neu geschaffenen "Rück-Besinnungsweg" (Rundweg ca. 6 km - www.rueck-besinnungsweg.de).

Kloster Himmelthal



Die Elsava beim Kloster Himmelthal (2009)



"Dem glücklichen schlägt keine Stunde."



Blick durch einen Torbogen, über den Aussenhof, auf das Torhaus des ehem. Klosters.
Aufnahme 2009

Wenn sie sich von den vielen schönen Torbogen des Klosters verabschiedet haben, schieben sie am besten ihr Rad wieder auf dem gleichen Weg zurück auf den Radweg. Taleinwärts geht die Fahrt nun nach Eschau, das aus ihrer Sicht rechts der Elsava liegt und zum Eschauer OT Sommerau auf der linken Seite des Baches. Kurz vor Eschau müssen sie die Strasse überqueren und erreichen die Aubachbrücke. Der Aubach, der seinen Ursprung beim 10 km entfernt liegenden Eschauer OT Wildensee hat, ist neben dem Dammbach der zweite grössere Zufluss zur Elsava. Weiter an den Kleingärten vorbei werden sie (Nähe REWE-Markt) zur Einkehr oder auch zur Übernachtung in den Landgasthof "Geißheckenmühle" (www.geisheckenmuehle.de)  mit gutbürgerlicher Küche eingeladen. Wenn sie Glück haben sehen sie das alte Sägegatter im Betrieb. Fotos sehen sie weiter oben, unter Thema 1.

Markt Eschau

Zum kulturellen und wirtschaftlichen Zentrum des mittleren Elsavatals wurde das Dorf "Esche", als ihm im Jahr 1285 durch Rudolf von Habsburg diverse Rechte verliehen wurden. Die Grafen von Erbach übernahmen um 1560 nach den Herren von Rieneck die Herrschaft über Eschau. In Sommerau residierten die Freiherren von Fechenbach und die Herren Kottwitz von Aulenbach. Ein teilweise gut erhaltenes Wasserschloss befindet sich im Ortsteil Sommerau. Das Schloss wurde Anfang Mai 1525 Ziel eines Angriffs der aufständischen Bauern und wurde verwüstet und nur teilweise wieder aufgebaut. Direkt in der Nähe, beim Ortsteil Wildenstein, liegt die gleichnamige Burgruine aus dem 13. Jh. Die im neugotischen Stil erbaute kath. Kirche St. Laurentius in Sommerau, mit prächtiger Fassade und Rosette, ist eine genauere Betrachtung wert. An der Aussenwand finden sie auch die Grabplatten derer von Fechenbach. Im Bereich des Eschauer Rathauses und der ev. Kirche Epiphanias am Marktbrunnen, lässt es sich gut Pause machen. Das historische Rathaus von Eschau sollten sie nicht auslassen. Das Gasthaus "Zum Löwen" (www.zum-loewen-eschau.de) mit gutbürgerlicher Küche bietet auch Übernachtungsmöglichkeiten.


Frankenlied (von Viktor von Scheffel)

4.  Zum heil'gen Veit von Staffelstein, komm ich empor gestiegen; und seh' die Lande um den Main, zu meinen Füßen liegen. Von Bamberg bis zum Grabfeldgau, umrahmen Berg und Hügel, die breite stromdurchglänzte Au; ich wollt', mir wüchsen Flügel. Valeri, valera, valeri, valera, ich wollt', mir wüchsen Flügel.

5.  Einsiedelmann ist nicht zu Haus', dieweil es Zeit zu mähen; ich seh' ihn an der Halde drauß', bei einer Schnitt'rin stehen. Verfahr'ner Schüler Stoßgebet Heißt: Herr, gib uns zu trinken! Doch wer bei schöner Schnitt'rin steht, dem mag man lange winken. Valeri, valera, valeri, valera, Dem mag man lange winken.

6.  Einsiedel, das war missgetan, dass du dich hubst von hinnen! Es liegt, ich seh's dem Keller an ein guter Jahrgang drinnen. Hoiho, die Pforten brech' ich ein und trinke, was ich finde. Du heil'ger Veit von Staffelstein, verzeih mir Durst und Sünde! Valeri, valera, valeri, valera, verzeih mir Durst und Sünde!



Die evangelische Kirche und der Marktbrunnen in Eschau (2009)



Die Elsavahalle und das Rathaus (2009)



Das historische alte Rathaus in Eschau
(Hist. Aufnahme um 1962)


Das Halseisen am Rathaus zu Eschau
 

Am Rathaus zu Eschau, dem uralten Bau, / Hängt heute noch ein drollig Gerät zur Schau;
Ein Halseisen ist’s, mit Schrauben zu schließen; / Es diente um kleinere Sünden zu büßen.
Wer Wucherzinsen verlangt’ für sein Geld, / Ward kaltlächelnd drin an den Pranger gestellt;
Verleumdungs- und Klatschsucht, Falschspielen, Betrügen, / Die Ortsväter ließen’s das Halseisen rügen;
Auch wer sein Liebchen betrogen hatt’, / Verwirkte die Strafe der Eisenkrawatt’!  

  – Wie gut, dass sich Menschen ändern und Zeiten! –  

Müßt heut’ man die gleiche Straf’ erleiden für alle die eben erwähnten Sünden,
Wo wären die Halseisen alle zu finden? – Man müsst’ eine Aktiengesellschaft gründen!
 
von Adolf Völkers, alias „Grimbart“, Sommerau. Zeitschrift „Spessart“ Heft 5 / 1906


Fachwerkhaus an der Abzweigung nach Wildenstein (2009)



Ruine Wildenstein (Hist. Aufnahme)



In Märchenruh im Grün versteckt, träumts Schloss von Sommerau... -
Aufnahme 2008.



Eschau OT Sommerau - Pfarrkirche "St. Laurentius" im Volksmund "Dom im Spessart" genannt.
Aufnahme 2009



Das Taufbecken von 1669



Der "Spessartdom" Pfarrkirche St. Laurentius" in Sommerau.
(Aufnahme 2009)


Weitere Fotos vom Elsavatal, vom Spessart und insbesondere von Sommerau finden sie in meinen Schuhkarton-Sammlungen auf den Seiten 1 und 3.

Nachdem sie sich ausgiebig umgesehen, und sich gestärkt haben fahren sie beim Gasthaus "Zum Löwen" in Eschau über die Mühlgasse Richtung OT Unteraulenbach. Zur Linken im Wiesengrund begleitet sie die Elsava. An der Lohmühle vorbei erreichen sie wenig später den Eingang zum Wildensteiner Tal auf der rechten Seite und zur Linken sehen sie die sagenumwobene Hesselsmühle und das Rug-/Sühnekreuz für den 1557 ermordeten Hans Bolender.


Bolender-Kreuz (2009)



Fahrrradtour "Bachtour" des ADFC, von Elsenfeld bis zur Elsavaquelle am 19. Juli 2009. Hier am Bolender-Kreuz ein Zwischenstopp.
(Aufnahme 2009)


Die sagenumwobene Hesselmühle im Talgrund.
(2009)

Nun nehmen wir die Fahrt wieder auf und nehmen den kurzen Anstieg bis zum Eschauer OT Unteraulenbach.


Ein zweites Schloss aus dem 16. Jahrhundert der Herren Kottwitz von Aulenbach ging später in den Besitz derer von Mairhofen über, es ist in Privatbesitz und liegt beim Ortsteil Unteraulenbach etwas abseits rechts oben im Seitental. Der spätgotische Mittelteil des Schlosses wurde vermutlich im frühen 15. Jahrhundert gebaut. Eine Besichtigung ist nicht möglich.


Das Mairhöfische Schloss Oberaulenbach (2009)



Schloss Oberaulenbach (2009)



Das Mairhöfische Schloss Oberaulenbach (2009)

Wir fahren weiter zum Eschauer OT Hobbach und sehen auf der linken Seite einen idylischen Dorfplatz mit Kapelle, Bildstock. Rechts oben im Friedhof haben die Barone von Mairhofen (Schloss Oberaulenbach) ihre Grabstätten.


Wendelinuskapelle in Hobbach (2009)

Einige Meter weiter auf der Dorfstrasse erreichen sie die beiden Gotteshäuser von Hobbach. (Bereits im Jahre 823 wird Hobbach urkundlich erwähnt??? - sehr fraglich) Die Geschichte von Hobbach war Jahrhunderte eng mit dem Schloss Aulenbach verbunden. Eine Geschichte, die vom frühen Mittelalter bis 1814 fast ausschließlich durch die Landeshoheit der Kurfürsten von Mainz geprägt wurde.


Die Kirchen in Hobbach "Mariae Heimsuchung" und "St. Johannes der Täufer"



Die Elsava bei Hobbach

Auf dem weiteren Weg in den Spessart, nach Heimbuchenthal begleitet uns die Elsava mal rechts mal links. Zunächst kommen wir zur Hobbacher Kapelle "Maria am Weg". Wenig später erreichen wir den ehemaligen Hobbacher Eisenhammer, der Rexroth-Dynastie, heute ein Schullandheim. Die Villa Rexroth ist ein beachtenswertes Gebäude.


Das Rexroth-Herrenhaus auf dem Areal des ehemaligen Hobbacher Hammers von 1830.
Aufnahme 2009

Weiter auf dem ehemaligen Bahndamm überqueren sie die Haupstrasse und wechsel auf die andere Seite der Elsava. Auf der rechten Seite sehen sie das Sägewerk-Schreinerei Elter, in früheren Zeiten ein Hammerwerk, der sog. "Neuhammer" der Familie Rexroth (1813-1869), der nach der Aufgabe als Brauerei und danach als Schnitzschule diente.


Das ist der ehemalige "Neuhammer" mit seinem imposanten Herrenhaus.
Aufnahme 2009

Unweit erreichen wir den dritten Rexroth-Hammer den "Höllhammer" oder auch "Höllenhammer" wie er auf den Grabdenkmälern bezeichnet ist. Oben rechts auf dem Berg, am Waldrand ist der sehr sehenswerte alte Privat-Friedhof der Familie Rexroth zu sehen. Der Friedhof wurde von 22, in gleichen Abständen gepflanzten Eichen eingefasst. Noch heute hinterlässt der Friedhof mit einem schönen, reich verzierten Grabmahl aus Schmiedeeisen, des ersten Hammer-Besitzers Georg Ludwig Rexroth, einen nachhaltigen Eindruck. Ihm folgten im Laufe der Jahre weitere 22 Angehörige der Familien Rexroth. Von oben hat man einen guten Einblick in das Hammer-Areal. Leider ist keine Besichtigung möglich.

Wegbeschreibung zum Rexroth-Friedhof:

Wenn sie über den Radweg, der hier auf der früheren Bahnstrecke verläuft, beim Höllhammer-Komplex angekommen sind, fahren Sie in einer spitzen Kehre nach rechts den abschüssigen Weg etwa 400 m bis zu der alten ehemaligen Wilhelms-Schmiede (heute Stall und Strohlager). Hier biegt nach links gegen den Berg ein Weg ab. Es geht nun ca. 400 m stetig bergauf, auf der linken Seite haben sie nun einen schönen Blick in das Areal des Höllhammers. Oben angekommen halten sie sich rechts, aber nicht den Wirtschaftsweg, sondern den darunterliegenden unscheinbaren Weg, der sie nach wenigen Metern zum Friedhofstor führt. Den gleichen Weg fahren sie wieder zurück zum Radweg.


Sehr beeindruckend liegt der "Rexroth-Friedhof" auf dem Berg über dem Höllhammer.
Aufnahme 2009



 


Der Höllhammer (2009)

Der ehemalige Eisenhammer wurde vor mehr als 720 Jahren erstmals urkundlich erwähnt und wurde als letzter der drei Eisenhämmer bis 1891 betriebenen. Vor 1700 gehörte er zum Echter- Ingelheimischen Ökonomiegut "Höllenhof". Vor 1665 gab es etwas oberhalb ein burgstallähnliches Schloss "Mulen" aus dem 12. Jahrhundert.


Die Elsava unterhalb von Heimbuchenthal
(2009)

Talaufwärts fahren wir nun auf dem ehemaligen Bahndamm weiter nach Heimbuchenthal und erreichen den "Endbahnhof" der ehemaligen Elsavatalbahn. Eine alte Diesellok erinnert an diese Zeit. Im Jahr 1968 wurde der Bahnbetrieb eingestellt. Der Ort Heimbuchenthal (www.heimbuchenthal.de), erstmals erwähnt 1282, hat sich zum Urlaubsort für Naturliebhaber und Wanderer entwickelt und bietet eine gute Gastronomie und Übernachtungsmöglichkeiten. Der Rad- und Fussgängerweg schlängelt sich über viele kleine Brücken entlang der Elsava, die sich ungezwungen durch den Wiesengrund schlängelt. Sie kommen an der neuen Kirche St. Johannes vorbei und fahren ein kurzes Wegstück auf der Ortsstrasse und erreichen nach dem Kinderspielplatz wieder den schönen Wiesengrundweg. Einige 100 m weiter lädt sie ein künstlich angelegter See zum verweilen ein. Im Oberdorf müssen wir ein kurzes Sück die Strasse benutzen und kommen an die alte renovierte Heimbuchenthaler Pfarrkirche "St. Martin" die einen Besuch lohnt.


Die alte renovierte Pfarrkirche St. Martin in Heimbuchenthal. Aufnahmen 2009




Heimbuchenthal mit dem Gasthof "Lamm" neben der alten Pfarrkirche "St. Martin".

Wir fahren jetzt auf der Strasse weiter bis zum Ortsende und können schon hier auf den Gehsteig links der Strasse wechseln. Unten im Talgrund gibt es eine Wassertretanlage und einen Minigolfplatz die zur Erfrischung und Entspannung einladen. Bis nach Mespelbrunn (www.mespelbrunn.de) ist es nur noch ein kurzes Stück auf dem Radweg.


Elsavabrücke in Mespelbrunn (2009)

Etwa 250 m nach dem Ortschild fahren wir nach rechts in ein Seitental zum "Märchenschloss" Mespelbrunn  (www.schloss-mespelbrunn.de) , das es hier wirklich gibt. In idyllischer Lage bietet es eine sagenhafte Kulisse. Im Jahr 1665 starb das Geschlecht der Echter von Mespelbrunn aus und somit fielen sämtliche Besitzungen in die Linie der Familie von Ingelheim. Das Schloss ist in privatem Besitz und kann besichtigt werden. Auch die Gastronomie in Mespelbrunn kann man empfehlen.


Gruftkapelle derer von Ingelheim (2009)

Auf der Hin-/Rückfahrt zum Dorf sehen sie auf der rechten/linken Hang-Seite die Gruftkirche der Ingelheimer, die aber nicht besichtigt werden kann, aber es ist ein toller Anblick. Der Ort Mespelbrunn hiess bis in die 1930er Jahre Neudorf und zieht sich genau wie Heimbuchenthal langestreckt im engen Elsavatal hin. Direkt an der Elsava führt uns der Radweg weiter zum Mespelbrunner OT Hessenthal, der sich übergangslos anschliesst.


Schloss Mepelbrunn (2009)



Der Wächter am Schloss Mespelbrunn (2009)

Hessenthal hat eine lange Wallfahrtstradition aufzuweisen und bietet etwas, was sie im Spessart nicht oft finden, nämlich drei Kirchen auf einem Platz.

Der Ortsname Hessenthal leitet sich vom Haselnussbusch ab. Die Geschichte von Hessenthal ist zunächst einmal hauptsächlich Kirchengeschichte. Aus dem Jahr 1293 ist uns die bislang älteste Urkunde erhalten, mit der „die Kirche der glorreichen Jungfrau Maria in Hesilndal“ mit bischöflichen Ablassgnaden ausgestattet worden ist. Die Begründung der Hessenthaler  Muttergottes-Wallfahrt ist sicher auch mit politischer Absicht verbunden gewesen. Sie darf angesehen werden als die Antwort des Mainzer Kurfürstentums auf die Gründung des Klosters Himmelthal durch die Rienecker. Der religiöse Ursprung der Wallfahrt war eine Andachtsstätte an einer Kreuzung von überregionalem Verkehrsverbindungen oberhalb Hessenthals gewesen. Die Verlegung in die Siedlung Hessenthal wertete den Ort erheblich auf. Im Jahr 1439 ließen die Echter von Mespelbrunn in Hessenthal eine Kirche als ihre Begräbnisstätte errichten. Es ist die heutige alte Wallfahrtskirche. Parallel dazu wurde 1545 fast wie ein verkleinertes Abbild die sogenannte Gnadenkapelle an Stelle eines abgegangenen Vorgängerbaus erbaut und die Anlage mit einer Wehrmauer umgeben, so dass der Eindruck einer Kirchenburg entstand.


Franken-Lied (von Viktor von Scheffel)

3.  Wallfahrer ziehen durch das Tal, mit fliegenden Standarten; hell grüßt ihr doppelter Choral, den weiten Gottesgarten. Wie gerne wär' ich mitgewallt, ihr Pfarr' wollt mich nicht haben! So muss ich seitwärts durch den Wald, als räudig Schäflein traben. Valeri, valera, valeri, valera, als räudig Schäflein traben.


Die neue Kirche (1954) beherbergt zwei künstlerisch sehr bedeutende Werke: die Kreuzigungsgruppe von Hans Backoffen (1519) und eine Beweinungsgruppe (um 1485), eine frühe Arbeit die Tilmann Riemenschneider zugesprochen wird. Der Chor der alten Wallfahrtskirche wurde 1439 erbaut und diente dem Geschlecht der Echter von Mespelbrunn als Grablege. Die Gnadenkapelle mit dem Gnadenbild der Muttergottes lädt uns ein, in besinnlichen Gedanken, kurz zu verweilen.


Marien-Wallfahrtskirche Hessenthal, mit der Kreuzigungsgruppe von Hans Backoffen. Aufnahmen 2009




Die Gnadenkapelle Hessenthal (2009)

Ab der Wallfahrtskirche Hessenthal bis zur Elsavaquelle (etwa 3 km) gibt es leider keinen Fahrradweg. Wir werden daher ab dem Ortsende einen meist gut befahrbaren schönen Waldweg benutzen.

Am oberen Ortsende von Hessenthal erreicht man die ehemalige Bundesstrasse, hier biegt man rechts in Richtung Marktheidenfeld ab, nach etwa 100 m gleich wieder links abbiegen in Richtung Weibersbrunn. In der Kurve, gleich nach dem Ortsschild, biegen wir rechts in den Waldweg ein (den Weg auf der Strasse möchte ich ihnen nicht zumuten). Im Wiesengrund auf der linken Seite kommt ihnen die noch kleine Elsava entgegen. Mit üblichen Fahrrädern müssen sie nur ein kurzes Steilstück schieben und lernen hier den waldreichen Spessart kennen. Wir erreichen einen Querweg, in den wir links einbiegen. Nach wenigen 100 Metern sehen sie rechts eine Schutzhütte und kurz danach haben wir auf der linken Seite die Elsavaquelle, mit einer kräftigen Schüttung, erreicht. Die Rotmainquelle ist im Vergleich, zumindest im Sommer, ein bescheidenes Rinnsal.

Jetzt darf ich ihnen, insbesondere wenn sie Kinder dabei haben, viel Spass und gute Erholung bei der Rast an frischer Quelle wünschen, so wie es im Spessart-Lied - unten - heisst. Halt! etwas ganz wichtiges hätte ich beinahe vergessen, achten sie auf die Spessarträuber. Nehmen sie am besten ihren Hut ab, dann kann man ihnen kein Loch in den Hut schiessen, wie es unten in der Spessarträuber-Ballade heisst.

In der Hoffnung, dass es ihnen gefallen hat, grüsst sie ihr Spessarter Wegbegleiter mit einer Textzeile aus dem Spessart-Lied:

..."Da wohnt stiller Friede, da blüht heimlich Glück, komm einmal zum Spessart, kehrst bald dahin zurück."...

Viele Grüße

Otto Pfeifer



Die junge Elsava ist schon recht munter.
(2009)



Das Ziel und gleichzeitig Wendepunkt der Fahrradtour zur Elsavaquelle -... an frischer Quelle halten gute Rast ... - oberhalb von Mespelbrunn-Hessenthal. Wer die Elsavaquelle nicht kennt, kennt den Spessart nur halb.
Aufnahmen 2009



ADFC-Radltour im Juli 2009

Spessart-Lied

1.  Weißt Du wo die Eichen trotzig ragen, wo das Bächlein munter talwärts fließt, wo die Buchen grüne Schirme tragen, wo vom Berghang Heidekraut und Ginster grüßt.

Da wohnt stiller Friede, da blüht heimlich Glück, komm einmal zum Spessart, kehrst bald dahin zurück.

So laßt uns froh durch Spessartwälder ziehen, an frischer Quelle halten gute Rast. Wenn selge Wanderfreuden uns erblühen, dann schwindet Alltagsmühe, Last und Hast!

2.  Weißt Du, wo die Rehlein friedlich grasen, wo der Hirsch die stolze Krone trägt, und die Wildsau hörst du zornig blasen, und der bunte Specht die Waldestrommel schlägt.

Da spielen die Märchen, da webt Geistergesang, da lockt aus den Büschen uralter Waldhornklang.

So laßt uns froh durch Spessartwälder ziehen, ...

3.  Weißt Du, wo im schönsten Wiesengrunde, winkt das Dörflein traut im Abendschein, laßt zusammenhalten uns im Bunde, Spessartvolk und Wand´rer, treu und einig sein.

Du, Mann aus dem Spessart, hier nimm meine Hand. Gott schütze die Heimat, die Leute und das Land.

So laßt uns froh durch Spessartwälder ziehen, ...


Spessarträuber - Ballade

1.  Nur mit Gruseln und Grauen geht der Wanderer durch den Wald, wo die bösen Räuber hausen, wo des Teufels Büchse knallt. Jedes Leben ist bedroht! Mancher liegt schon mausetot!
Drum, ihr Leut´, nehmt euch in Acht, weil in der Nacht der Räuber wacht.

2.  Jeder fürchtet sich im Lande, heute ich und morgen Du denn der Hauptmann von der Bande scheint ein großer Erzfilou. Auf dreihundert Schritte noch schießt in den Hut er Dir ein Loch.
Drum, ihr Leut´, nehmt euch in acht, weil in der Nacht der Räuber wacht.


Ein Mädchen ging mal in den Wald, ja in den grünen Wald.
Und als sie kam ins tiefe Tal rief plötzlich eine Stimme: Halt!
Denn im Wald da sind die Räuber, halli hallo die Räuber,
die war'n in sie verknallt.


Im Moment bereite ich die Inhalte für diesen Bereich vor. Um Sie auf gutem Niveau informieren zu können, werde  ich noch ein wenig Zeit benötigen. Bitte schauen Sie daher bei einem späteren Besuch noch einmal auf dieser Seite vorbei. Vielen Dank für Ihr Interesse!